2.1 Allgemeines
Ergibt sich ein Steueranspruch (insbesondere Nachzahlung) oder ein Steuererstattungsanspruch (z. B. aufgrund zu viel gezahlter Lohnsteuer), ist die Steuer gem. § 155 Abs. 1 Satz 1 AO grundsätzlich durch Steuerbescheid festzusetzen. Bei periodischen Steuern wird die Steuerfestsetzung auch "Veranlagung" genannt.
Außer durch Steuerbescheid kann das Veranlagungsverfahren auch durch Freistellungs- oder Ablehnungsbescheid oder durch eine sog. Nichtveranlagungsverfügung abgeschlossen werden. Während ein Freistellungs- oder Ablehnungsbescheid einem Steuerbescheid gleichgestellt ist, handelt es sich bei der Nichtveranlagungsverfügung um einen rein internen Vorgang, der nicht nach außen bekannt gegeben wird und folglich keinerlei Bindungswirkung entfaltet.
Davon abzugrenzen sind die "Nichtveranlagungsbescheinigung" und der "Freistellungsauftrag", denen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen eine große Bedeutung zukommt.
Auch Steuervergütungen (insbesondere Kindergeld) werden durch Steuerbescheid festgesetzt, und zwar durch Steuervergütungsbescheide nach § 155 Abs. 5 AO.
Die Gleichstellung von Freistellungs- und Ablehnungsbescheiden sowie Vergütungsbescheiden mit den Steuerbescheiden bedeutet, dass die Vorschriften der Steuerfestsetzung Anwendung finden. Dazu gehören insbesondere die Regelungen
- zu Form und Inhalt
- zur Bekanntgabe
- zum Vorbehalt der Nachprüfung und zur Vorläufigkeit
- zur Festsetzungsverjährung
- zur Korrektur, soweit nicht in den Einzelgesetzen besondere Vorschriften gelten
- zum Rechtsbehelfsverfahren.
2.2 Form und Inhalt
Zu unterscheiden ist zwischen Muss- und Sollerfordernissen. Die fehlende Einhaltung von Mussvorschriften führt nach § 125 AO regelmäßig zur Nichtigkeit des Bescheids. Die Nichteinhaltung von Sollvorschriften hingegen beeinflusst seine Wirksamkeit nicht. Sie hat allenfalls die Rechtswidrigkeit zur Folge, die der Steuerpflichtige mit dem Einspruch angreifen muss. In bestimmten Fällen sind Verstöße gegen Sollvorschriften nach § 126 AO heilbar bzw. nach § 127 AO unbeachtlich.
Ein Steuerbescheid muss
- schriftlich oder elektronisch ergehen,
- die Steuer nach Art und Betrag,
- ggf. nach Zeitraum,
- gegenüber einer bestimmten Person als Steuerschuldner festsetzen und
- die erlassende Behörde erkennen lassen.
Sollerfordernisse, die nicht den Regelungsinhalt und damit die Wirksamkeit des Bescheids betreffen, sind die
- Rechtsbehelfsbelehrung. Fehlt sie oder ist sie fehlerhaft, hat dies nur Auswirkungen auf den Lauf der Einspruchsfrist. Sie beträgt 1 Jahr ab Bekanntgabe des Bescheids.
- Begründung. Fehlt sie (z. B. bei nicht erläuterter Abweichung von der Steuererklärung), kann sie nachgeholt werden, und zwar bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens. Selbst wenn sie auch bis dahin unterbleiben sollte, wäre dies bei inhaltlich richtigem Bescheid unbeachtlich, sodass eine allein auf die fehlende Begründung gestützte Klage keine Aussicht auf Erfolg hätte. Die fehlende Begründung kann sich nur insoweit auswirken, als eine dadurch versäumte Rechtsbehelfsfrist nicht als verschuldet gilt und ggf. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden kann.
Nicht erforderlich ist, dass Steuerbescheide unterschrieben sind, da sie regelmäßig formularmäßig oder mithilfe der Automation ergehen. Im Übrigen wäre die fehlende Unterschrift ein nach § 127 AO unbeachtlicher Formfehler.
Von der eigentlichen Steuerfestsetzung abzugrenzen sind die folgenden Regelungen, auch soweit sie äußerlich mit dem Steuerbescheid verbunden werden:
- An- und Abrechnungen von Steuerabzugsbeträgen (z. B. Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer) und Steuervorauszahlungen; sie sind Teil des Steuererhebungsverfahrens
- Leistungsgebot bzw. Erstattungsverfügung
- Festsetzung von Vorauszahlungen
- Festsetzung von Verspätungszuschlägen
- Festsetzung von Nachzahlungs- oder Erstattungszinsen.
Getrennte Anfechtung
All diese von der Steuerfestsetzung abzugrenzenden Regelungen erfüllen die Voraussetzungen eines Verwaltungsakts. Sie sind daher ggf. getrennt mit dem Einspruch anzufechten.