Leitsatz

Ein Steuererlass (§227 AO) bzw. eine niedrigere Steuerfestsetzung (§163 AO) ist aus sachlichen Gründen nur dann zulässig und geboten, wenn der Gesetzgeber die Frage im Sinne der vom Steuerpflichtigen gewollten Billigkeitsentscheiung geregelt haben würde. Dies ist nicht der Fall, wenn der Steuerpflichtige nach Bekanntwerden einer gesetzlichen Änderung aus persönlicher Unkenntnis eine Gestaltung trifft, die von der steuerverschärfenden Gesetzesänderung betroffen ist.

 

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige hatte mit Vertrag vom 31.12.1993 seine Rechtsanwaltskanzlei in eine mit Wirkung zum 1.1.1994 gegründete Sozietät eingebracht. Dabei hatte er in Unkenntnis der am 21.12.1993 verabschiedeten Gesetzesänderung (§24 Abs.3 Satz3 UmwStG) gehandelt, nach der der auf ihn entfallende Gewinn nicht mehr begünstigt besteuert, sondern als laufender Gewinn behandelt wird.

 

Entscheidung

Das FG entschied, dass die steuerverschärfende Wirkung der Neuregelung der gesetzgeberischen Intention entsprach und das Gesetz auch nicht zu einem dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung zuwiderlaufenden Ergebnis führe. Eine sachliche Unbilligkeit könne sich auch nicht aus der persönlichen Unkenntnis des Steuerpflichtigen ob der verschärften steuerlichen Rechtslage ergeben, da ihm zuzumuten war, sich ab dem Tag der endgültigen Verabschiedung des Gesetzes auf die neue Rechtslage einzustellen. Ob dies aus persönlichen Gründen nicht erfolgen konnte, sei unerheblich.

 

Hinweis

Obwohl gegen die Entscheidung Revision engelegt wurde und der BFH Gelegenheit hat, zu der Problematik erneut Stellung zu nehmen (Az: IV R 55/02), macht sie einmal mehr deutlich, wie wichtig eine qualifizierte steuerliche Beratung insbesondere bei derart gravierenden Veränderungen der Unternehmensstruktur bereits im Vorfeld der Entscheidungen ist. Dem Steuerpflichtigen selbst mag man angesichts der Kompliziertheit und Schnelllebigkeit des Steuerrechts kaum den Vorwurf machen können, nicht informiert gewesen zu sein, zuschreiben lassen muss er sich jedoch, dass er derart gravierende vertragliche Gestaltungen ohne vorherige kompetente Beratung hinsichtlich der möglichen steuerlichen Auswirkungen vorgenommen hat.

 

Link zur Entscheidung

FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.08.2002, 2 K 1000/02

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