Leitsatz
Die steuerfreie Entnahme einer Wohnung aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gemäß § 13 Abs. 4 Satz 6 Nr. 2 EStG (nach dem 31.12.1998) ist nur möglich, wenn es sich hierbei um ein Baudenkmal handelt.
Normenkette
§ 13 Abs. 4 Satz 6 Nr. 2 EStG
Sachverhalt
Die Klägerin erzielte in den Streitjahren (2007 und 2008) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Den Betrieb hat sie seit dem 1.7.2002 von ihrem Vater gepachtet. Das hofzugehörige Betriebsleiterhaus, bei dem es sich nach landesrechtlichen Vorschriften nicht um ein Baudenkmal handelt, befand sich am 1.7.1987 im Betriebsvermögen und war bis Anfang 2006 durchgehend fremdvermietet. Danach zog die Klägerin als Pächterin in das Haus ein. Zum 1.5.2008 überließ der Vater der Klägerin den landwirtschaftlichen Betrieb unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Die damit einhergehende Entnahme des nunmehr zu eigenen Wohnzwecken genutzten Betriebsleiterhauses behandelte die Klägerin gemäß § 13 Abs. 4 Satz 6 Nr. 2 EStG als steuerfrei.
Demgegenüber sah das FA den Entnahmegewinn als steuerpflichtig an. Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage wies das FG ab. Nach dem 31.12.1998 sei die steuerfreie Entnahme einer Wohnung gemäß § 13 Abs. 4 Satz 6 Nr. 2 EStG nur noch möglich, wenn es sich hierbei um ein Baudenkmal handele (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 5.4.2017, 2 K 26/17, Haufe-Index 10715917).
Entscheidung
Die Revision der Klägerin hat der BFH aus den in den Praxis-Hinweisen ausgeführten Gründen als unbegründet zurückgewiesen.
Hinweis
1. Nach § 13 Abs. 4 Satz 6 Nr. 2 EStG bleibt der Entnahme- oder Veräußerungsgewinn außer Ansatz, wenn eine vor dem 1.1.1987 einem Dritten entgeltlich zur Nutzung überlassene Wohnung und der dazugehörende Grund und Boden für eigene Wohnzwecke entnommen werden. Wie die Vorinstanz ist auch der BFH der Auffassung, dass die steuerfreie Entnahme von Wohnungen aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen nach dieser Vorschrift neben anderem (hier Unstreitigem) voraussetzt, dass es sich bei dem entnommenen Gebäude oder Gebäudeteil nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften um ein Baudenkmal handelt.
2. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Regelung in § 13 Abs. 4 Satz 6 Nr. 2 EStG. Dem steht nicht entgegen, dass das Tatbestandsmerkmal "Baudenkmal" im Tatbestand der Nr. 2 nicht ausdrücklich aufgeführt wird. Einer ausdrücklichen Aufnahme dieses Tatbestandsmerkmals bedurfte es nämlich nicht, da sich die tatbestandliche Anknüpfung an ein Baudenkmal bereits aus dem systematischen Zusammenhang des § 13 Abs. 4 Satz 6 Nr. 2 EStG mit § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG und § 13 Abs. 4 Sätze 1 bis 6 Nr. 1 EStG ergibt. Durch die Bezugnahme in § 13 Abs. 4 Sätze 1 und 2 EStG auf § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG wird hinreichend deutlich, dass sich der Anwendungsbereich des § 13 Abs. 4 EStG (nur) auf Wohnungen bezieht, die in einem Gebäude oder Gebäudeteil belegen sind, das nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften ein Baudenkmal ist. Auch Satz 6 knüpft an das Tatbestandsmerkmal "Baudenkmal" an, was die Klägerin für die in Satz 6 Nr. 1 geregelte Entnahme einer selbstgenutzten Wohnung zu Recht auch einräumt. Es ist aber nicht ersichtlich, dass das Tatbestandsmerkmal "Baudenkmal" für die im selben Regelungskontext stehende Entnahme einer fremdgenutzten Wohnung gemäß Satz 6 Nr. 2 nicht einschlägig sein soll. Vielmehr verdeutlichen die inhaltliche Übereinstimmung des sowohl in Nr. 1 als auch in Nr. 2 verwendeten Tatbestandsmerkmals "Entnahme einer Wohnung und des dazugehörenden Grund und Bodens" sowie die daran geknüpfte nämliche Rechtsfolge, dass beide Entnahmetatbestände an das – quasi vor die Klammer gezogene – Tatbestandsmerkmal "Baudenkmal" anknüpfen (s. auch FG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.5.2012, 8 K 1936/09, Haufe-Index 2992653, EFG 2012, 1545).
3. Bestätigt wird dieses Auslegungsergebnis durch die Entstehungsgeschichte der vorgenannten Normen.
4. Da das Betriebsleiterhaus kein Baudenkmal ist, war dessen steuerfreie Entnahme (zu eigenen Wohnzwecken) nur bis zum 31.12.1998 gemäß § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 2 EStG a.F. möglich. Eine steuerfreie Entnahme kam mithin nicht (mehr) in Betracht.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 16.1.2020 – VI R 22/17