Leitsatz
Die Beteiligung einer gemeinnützigen Stiftung an einer gewerblich geprägten vermögensverwaltenden Personengesellschaft ist kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb.
Normenkette
§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, § 14 AO
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine gemeinnützige Stiftung. Sie erzielte als Kommanditistin Einkünfte aus Beteiligungen an drei gewerblich geprägten, tatsächlich aber vermögensverwaltend tätigen Personengesellschaften i.H.v. insgesamt rd. 3 Mio. EUR, die gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG 2002 gesondert und einheitlich als gewerbliche Einkünfte festgestellt wurden.
In ihrer KSt-Erklärung erklärte die Klägerin die Beteiligungserträge hingegen als Einkünfte aus steuerfreier Vermögensverwaltung. Das FA folgte dem nicht, weil es davon ausging, die Klägerin unterhalte insoweit wirtschaftliche Geschäftsbetriebe i.S.d. § 14 AO.
Der dagegen erhobenen Klage gab das FG statt (Hessisches FG, Urteil vom 23.06.2010, 4 K 2258/09, Haufe-Index 2379494, EFG 2011, 23).
Entscheidung
Das hat der BFH bestätigt: Zwar bestehe an der Gewerblichkeit der Persongesellschaften und der daraus "generierten" Einkünfte kein Zweifel. Das gebiete § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Doch geschehe dies mittels einer gesetzlichen Fiktion; und diese Fiktion schlage mangels Querverweises nicht auf das – für die Frage der partiellen KSt-Pflicht gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 KStG maßgebliche – Institut des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs in § 14 AO durch. Folglich bleibe die Fiktion in diesem Bereich denn auch ohne Rechtswirkung.
Hinweis
1. Gemeinnützige Körperschaften unterliegen gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG lediglich einer partiellen KSt-Pflicht, soweit sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten. Abweichendes gilt nur, wenn ein Zweckbetrieb vorliegt (§ 64 Abs. 1 AO).
2. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist nach der Legaldefinition in § 14 AO eine selbstständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen und andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich (§ 14 S. 2 AO). Ebenso wenig muss eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr vorliegen. Aus der gesetzlichen Definition ergibt sich, dass ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb – insoweit als Oberbegriff – i.d.R. durch die Erzielung von Einkünften aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 EStG begründet wird. Denn dabei ist begrifflich auch der Rahmen einer Vermögensverwaltung i.S.d. § 14 S. 3 AO überschritten.
Für die Beteiligung an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft, bei der der Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist, gilt nichts anderes. Denn auch die daraus bezogenen Gewinnanteile stellen Einkünfte des Gesellschafters aus Gewerbebetrieb dar (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG). Dies folgt aus dem System der Besteuerung von Mitunternehmerschaften, das die einzelnen Mitunternehmer – unabhängig von ihrer Rechtsform – als Gewerbetreibende und Steuersubjekte behandelt, und gilt gleichermaßen für Kommanditbeteiligungen und Beteiligungen an Publikumspersonengesellschaften. Ist eine Körperschaft an mehreren Personengesellschaften beteiligt, werden diese Beteiligungen gem. § 64 Abs. 2 AO als ein (einheitlicher) wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb behandelt.
3. Das alles ist de lege lata jedoch bedeutungslos für die Kommanditbeteiligung an einer vermögensverwaltenden, aber gewerblich geprägten Personengesellschaft.
Denn nach § 14 AO liegt ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb nur vor, wenn die Betätigung über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Die Gesellschafter – und damit auch eine als Mitunternehmerin beteiligte steuerbefreite Körperschaft – erzielen zwar bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit gewerbliche Einkünfte.
In materiell-rechtlicher Hinsicht erzielen gewerblich geprägte Personengesellschaften aber konstitutiv nur aufgrund der Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Der Sache nach gehen die Gesellschafter hingegen einer vermögensverwaltenden und nicht einer gewerblichen Tätigkeit nach. Diese Fiktion gewerblicher Einkünfte des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG wird in § 14 AO für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb indes nicht aufgegriffen. § 14 AO knüpft das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs auch nicht an die Erzielung gewerblicher Einkünfte. Da es sich bei dem Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nicht um einen ertragsteuerlichen, sondern um einen eigenständigen abgabenrechtlichen Begriff handelt, wäre – um den rechtsstaatlichen Anforderungen des Gesetzesvorbehalts zu genügen – für einen Gleichlauf mit § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG eine diesbezügliche Fiktion oder ein Verweis auf die Einkünfte i.S.d. § 15 EStG erforderlich.
Im Ergebnis liegen die Dinge hier also ähnlich wie bei der Beurteilung von Unternehmensgewinnen i.S.v. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA. Auch hier schlägt die Gewerblichkeitsfiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nicht durch und es ist al...