Leitsatz
Beteiligt sich eine gemeinnützige Stiftung an einer gewerblich geprägten vermögensverwaltenden Personengesellschaft, unterhält sie auch dann keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, wenn die Personengesellschaft zuvor originär gewerblich tätig war (Fortsetzung des BFH-Urteils vom 25.5.2011, I R 60/10, BFHE 234, 59, BStBl II 2011, 858).
Normenkette
§ 14 AO, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine als gemeinnützig anerkannte rechtsfähige Stiftung, erbte den Kommanditanteil von 100 % an der B-GmbH & Co. KG (KG) sowie alle Anteile an der Komplementär-GmbH. Die KG betrieb ursprünglich einen Schuhwareneinzelhandel mit Schuhgeschäften in A, B und C. Seit 1986 nutzte die KG ihr Betriebsgrundstück in A nicht mehr für Schuhwareneinzelhandel, sondern vermietete dieses Wohn- und Geschäftshaus an einen Dritten. Zum 30.6.2006 beendete die KG ihre Tätigkeit als Schuhwareneinzelhändler und veräußerte alle ihre Filialen. Im Betriebsvermögen verblieb lediglich das Wohn- und Geschäftshaus in A. Dieses Gebäude wurde umgebaut und danach eine (ehemalige) Wohnung als Büroraum für die KG und die Klägerin genutzt. Die übrigen Räumlichkeiten vermietet die KG an gewerbliche Mieter oder Wohnungsmieter. Weitere wirtschaftliche Betätigungen übt die KG seitdem nicht aus.
Gegenüber dem Finanzamt ging die KG bei der Veräußerung der Schuhgeschäfte im Jahre 2006 von einer Teilbetriebsveräußerung nach §§ 16, 34 EStG aus. Dem folgte das Finanzamt, da es sich nach übereinstimmender Ansicht der Beteiligten bei dem Grundstück in A im Jahr 2006 nicht (mehr) um eine wesentliche Betriebsgrundlage des Schuhwareneinzelhandels gehandelt habe. Ebenso gewährte das Finanzamt der KG für die Folgejahre die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3 Gewerbesteuergesetz.
Die Klägerin behandelte ihre Beteiligung an der KG seit 2006 zunächst als steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Dieser Betrachtung schloss sich das Finanzamt an und erfasste im Streitjahr (2011) als Beteiligungsergebnis einen Gewinn von 101.082 EUR. Dagegen wandte sich die Klägerin infolge des BFH-Urteils vom 25.5.2011, I R 60/10, BFH/NV 2011, 1615, BFH/PR 2011, 385, BStBl II 2011, 858) mit ihrem Einspruch und machte die Steuerfreiheit der Beteiligungseinkünfte geltend. Die Klage war erfolgreich (Niedersächsisches FG, Urteil vom 10.10.2013, 10 K 158/13, Haufe-Index 6205780, EFG 2014, 111).
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz.
Hinweis
1. Beteiligt sich eine gemeinnützige Stiftung an einer gewerblich geprägten vermögensverwaltenden Personengesellschaft (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG), liegt kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb i.S.v. § 14 AO vor (BFH, Urteil vom 25.5.2011, I R 60/10, BFH/NV 2011, 1615, BFH/PR 2011, 385, BStBl II 2011, 858).
2. Ein Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) kann durch die Verpachtung eines früheren Betriebsgrundstücks fortgeführt werden.
a) Die sog. Betriebsverpachtungsgrundsätze sind nicht nur anzuwenden, wenn der Betrieb im Ganzen als geschlossener Organismus verpachtet wird. Sie gelten auch, wenn zumindest alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs verpachtet werden. Dabei führt aber die Veräußerung wesentlicher Teile des Betriebsvermögens auch ohne ausdrückliche Erklärung zur Betriebsaufgabe. Es liegt dann eine Verpachtung von Privatvermögen vor (BFH, Urteil vom 19.3.2009, IV R 45/06, BFH/NV 2009, 1493, BFH/PR 2009, 368, BStBl II 2009, 902).
b) Werden z.B. die wesentlichen Betriebsgrundlagen eines Schuheinzelhandels (Filialen) veräußert und wird dann nur noch ein Grundstück durch Vermietung oder Verpachtung genutzt, dient dieses nicht mehr dem Einzelhandel. Das Grundstück ist dann seit Verkauf der Filialen und der damit verbundenen Einstellung des Schuheinzelhandels keine wesentliche Betriebsgrundlage mehr. Bei einer KG liegt dann keine originär gewerbliche, sondern eine originär vermögensverwaltende Tätigkeit vor, die nur gewerblich geprägt sein kann (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 18.2.2016 – V R 60/13