Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Leitsatz
Das FG Köln hat festgestellt, das eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung nach § 4 Nr. 1b und § 6a UStG nicht vorliegt, wenn der leistende Unternehmer nicht die Angaben zur Person des tatsächlichen Abnehmers aufgezeichnet hat. Eine Bestätigung nach § 18e UStG kann keinen Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 UStG entfalten, wenn der leistende Unternehmer sich nicht über die Vertretungsberechtigung der für den Abnehmer auftretenden Person informiert hat.
Sachverhalt
Die Klägerin (eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts) veräußerte mehrere Fahrzeuge an einen portugiesischen Abnehmer, der unter seiner USt-IdNr. auftrat. Es handelte sich bei dem Abnehmer um eine neu gegründete Gesellschaft, für die ein Herr X, der sich durch eine in portugiesisch abgefasste Vollmacht legitimierte, die Fahrzeuge in Deutschland abholte, bar bezahlte und auch die Mitnahme in das übrige Gemeinschaftsgebiet schriftlich bestätigte.
Der Verkäufer ließ sich zwar vom Bundesamt für Finanzen nach § 18e UStG die USt-IdNr. des Abnehmers bestätigen, prüfte aber die Vertretungsberechtigung des Herrn X nicht näher nach.
Nach Auskunft der portugiesischen Finanzbehörden und der Auskunft eines Geschäftsführers des Erwerbers, sind vom vermeintlichen Käufer nie Fahrzeuge gekauft oder bestellt worden. Nach Auffassung der Finanzverwaltung sei die portugiesische Firma nur vorgeschoben worden und nicht der tatsächliche Leistungsempfänger, so dass die Lieferung der Fahrzeuge nicht nach § 6a UStG steuerfrei sei. Darüber hinaus war der in Deutschland auftretende Herr X mittlerweile wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer im Zusammenhang mit dem Kraftfahrzeughandel zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden.
Entscheidung
Das Finanzgericht hat keinen Zweifel daran gelassen, dass der liefernde Unternehmer seinen Aufzeichnungspflichten nach §§ 17a ff. UStDV ordnungsgemäß nachgekommen war. Allerdings liegt eine Steuerfreiheit der Lieferung nicht vor, da der liefernde Unternehmer nicht die Angaben des wirklichen Abnehmers der Kraftfahrzeuge, sondern nur des vermeintlichen Abnehmers aufgezeichnet hat. Tatsächlich war der Abnehmer aber der mit der vorgelegten Vollmacht auftretende Herr X.
Die Vertrauensschutzregelung des § 6a Abs. 4 UStG greift hier auch nicht ein, da die Bestätigung der USt-IdNr. nicht alleine ausreichend ist, um den Vertrauensschutz für den liefernden Unternehmer zu gewähren. Der Kläger hat hier nach Auffassung des Finanzgerichts die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes nicht beachtet. Bei einer erstmaligen Aufnahme einer Geschäftsverbindung mit einem unbekannten Kunden muss der Unternehmer - insbesondere, wenn hochwertige Fahrzeuge gegen Barzahlung veräußert werden - die Vollmacht, notfalls durch Nachfrage bei dem Vertretungsorgan des Abnehmers, einer genauen Prüfung unterziehen. Dies hat hier der liefernde Unternehmer unterlassen.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung für die Frage des Gutglaubensschutzes hat das FG die Revision beim BFH zugelassen (Az. beim BFH: V R 26/05), da nach Auffassung des FG noch Rechtsfragen nach dem Urteil des BFH v. 15.7.2004 (V R 1/04, BFH/NV 2005 S. 81) offen sind.
Hinweis
Das Urteil des FG Köln setzt die Rechtsprechung konsequent fort, nach der an den Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 UStGhohe Anforderungen zu stellen sind. Um auch bei einer unrichtigen Angabe des Leistungsempfängers eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung ausführen zu können, muss der Unternehmer neben den Aufzeichnungsvorschriften der §§ 17a bis 17c UStDV auch die zutreffende USt-IdNr. des Leistungsempfängers aufzeichnen.
Um einen wirtschaftlichen Schaden zu verhindern, sollte ein Unternehmer - insbesondere dann, wenn er hochpreisige Fahrzeuge in das übrige Gemeinschaftsgebiet liefert - besondere Aufmerksamkeit der lückenlosen Aufzeichnung aller notwendigen Voraussetzungen widmen. Vor dem Hintergrund der bekannten Betrugsfälle in diesem Bereich wird die Finanzverwaltung dem Unternehmer nur in ganz engem Rahmen und nach Ausschöpfung aller ihm zumutbaren Nachforschungen und Prüfungen einen Vertrauensschutz zubilligen.
Zu beachten ist allerdings, dass wegen der Fragen des formalen Nachweises für eine innergemeinschaftliche Lieferung der BFH den EuGH angerufen hat (BFH, Urteil v. 10.2.2005, V R 59/03, BFH/NV 2005 S. 815). Damit hat der EuGH erstmalig die Möglichkeit, sich mit den Anforderungen an den buch- und belegmäßigen Nachweis, insbesondere dem Zeitpunkt der notwendigen Aufzeichnungen auseinander zu setzen. Obwohl der hier beschriebene Fall nicht zu den dem EuGH vorgelegten Fragen gehört, könnten sich interessante Ergebnisse aus dem EuGH-Verfahren für vergleichbare Fälle ergeben.
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil vom 27.01.2005, 10 K 1367/04