Dipl.-Finanzwirt (FH) Udo Klingler
Leitsatz
Weist der Unternehmer bei einer innergemeinschaftlichen Lieferung in der Rechnung nicht auf die Steuerfreiheit hin, wie es die Rechtsvorschrift des § 14a Abs. 1 Satz 1 UStG verlangt, ist die Lieferung steuerpflichtig. Ein derartiger Rechnungsinhalt ist materiell-rechtliche Voraussetzung einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferung.
Auch eine Rechnung gem. § 14a Abs. 1 Satz 1 UStG kann, wenn darin nicht auf die Steuerbefreiung hingewiesen wurde, berichtigt werden. Die Rechnungsberichtigung führt jedoch nicht zu einer rückwirkenden Steuerbefreiung der ausgeführten Lieferungen. Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl er nicht in einer Rechnung auf die Steuerbefreiung hingewiesen hat, kann er sich nicht auf die Vertrauensschutzregelung gem. § 6a Abs. 4 UStG berufen.
Sachverhalt
Ein Kfz-Händler hat Kfz-Lieferungen nach Italien umsatzsteuerfrei (§ 4 Nr. 1b UStG i.V. mit § 6a UStG) behandelt. Diese Fahrzeuge waren in Deutschland steuerpflichtig erworben worden. In den entsprechenden Verkaufsrechnungen hat er - entgegen der Rechtsvorschrift des § 14a Abs. 1 Satz 1 UStG - keinen Hinweis auf die Steuerfreiheit angebracht. Vielmehr hatte er die Rechnungen mit dem Vermerk "Verkauf nach art 25a" versehen. Die Rechnungen wiesen im Übrigen die eigene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und die der Empfänger aus. Die italienischen Abnehmer unterwarfen die so gelieferten Fahrzeuge nicht der Erwerbsbesteuerung, sondern machten die Regelungen der Differenzbesteuerung nach italienischem Recht geltend. Fraglich war, ob die Steuerfreiheit für innergemeinschaftliche Lieferungen greift, obwohl der Hinweis auf die Steuerfreiheit in den Rechnungen fehlte.
Entscheidung
Eine innergemeinschaftliche Lieferung ist steuerfrei, wenn der Unternehmer oder sein Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat, der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat und wenn der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung bei dem Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzsteuer unterliegt. Die Voraussetzungen der innergemeinschaftlichen Lieferung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Diesen Nachweis hat der Unternehmer durch Belege und anhand seiner Buchführung zu führen. Beleg- und Buchnachweis sind materiell-rechtliche Voraussetzungen für die Steuerbefreiung. Solange der Nachweis nicht geführt ist, kann die innergemeinschaftliche Lieferung nicht als steuerfrei behandelt werden.
Zum Nachweis gehört auch zwingend ein Doppel der Rechnung im Sinne von § 14a Abs. 1 Satz 1 UStG. Denn nur mit einer entsprechenden Rechnung kann der Kfz-Händler die Voraussetzungen schaffen, dass der Erwerb bei Abnehmern den Vorschriften der Umsatzbesteuerung (Erwerbsbesteuerung) unterlag. Ohne einen solchen Hinweis kann der Erwerber einer Lieferung annehmen, dass die Lieferung nicht als steuerfrei behandelt worden ist, sondern sein Lieferant möglicherweise die Regelungen der Differenzbesteuerung angewandt hat und damit eine steuerpflichtige Lieferung vorliegt. Die Besteuerung eines innergemeinschaftlichen Erwerbs erfolgt deshalb in solchen Fällen nicht.
Hinweis
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen worden. Denn die klärungsbedürftige Rechtsfrage, ob der Hinweis auf die Steuerfreiheit in einer Rechnung gemäß § 14a Abs. 1 Satz 1 UStG zu den materiell-rechtlichen Voraussetzungen einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung gehört, ergibt sich nicht ohne weiteres aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 6a UStG. Entscheidend für den entschiedenen Fall ist jedoch auch, dass anstelle des Hinweises auf die Steuerfreiheit ein solcher auf "Verkauf nach art 25a" erfolgte. Der Empfänger kann hieraus annehmen, dass der Verkäufer tatsächlich die Differenzbesteuerung angewandt hat.
Link zur Entscheidung
FG Nürnberg, Urteil vom 22.07.2003, II 491/2001