3.1 Vorwurf gegen den Steuerpflichtigen
Meist sind die Ermittlungen des Finanzamts mit dem Vorwurf der Steuerhinterziehung verbunden, der sich zunächst gegen beide Eheleute richtet, da sie die entsprechenden Steuererklärungen unterschrieben haben. Steuerhinterziehung setzt voraus, dass der Finanzbehörde gegenüber vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht oder diese pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen wurde.
Der Vorwurf ist insofern problematisch, als die Steuerpflichtigen in den betreffenden Steuererklärungsvordrucken lediglich die Zusammenveranlagung beantragten; es ist lediglich im Vordruck bei dem Wort "Zusammenveranlagung" ein Kreuz eingetragen worden.
Es ist fraglich, ob die bloße Stellung eines Antrags impliziert, dass damit auch konkludent unrichtige Angaben i. S. v. § 370 AO zu den Antragsvoraussetzungen gemacht werden. Unrichtig sind jedoch die Angaben zum Wohnort, wenn trotz dauernden Getrenntlebens nur eine Wohnanschrift – häufig die der Ehefrau – angegeben wurde.
Die Entscheidung über das Vorliegen der steuerlichen Voraussetzungen einer Zusammenveranlagung erfordert darüber hinaus eine rechtliche Subsumtion; insofern kann nicht unterstellt werden, dass den Steuerpflichtigen die Rechtsprechung des BFH zur ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft bekannt ist.
Nach Aufdeckung der Sachverhalte wird häufig von den Ehemännern darauf verwiesen, dass sie in vollem Umfang die wirtschaftlichen Lasten für ihre Ehefrau und die ehelichen Kinder tragen und dass nach wie vor die wesentlichen, die Familie betreffenden wirtschaftlichen und auch persönlichen Entscheidungen von beiden Ehegatten gemeinsam getroffen werden. Die räumliche Trennung wird – insbesondere von Steuerpflichtigen in Führungspositionen, die ohnehin häufig von zu Hause abwesend sind – als sekundär angesehen.
Die Rechtsprechung des BFH mit der Folge der Versagung des Splitting-Tarifs erscheint diesen Steuerpflichtigen insofern als nicht nachvollziehbar, als sie darauf verweisen, dass sie gewissermaßen nicht nur einer, sondern sogar 2 Partnerinnen (Ehefrau und Lebensgefährtin) gegenüber ihren Unterhaltsverpflichtungen nachkommen.
Diese Argumentation der betroffenen Personen ist strafrechtlich insofern relevant, als der Vorwurf der Steuerhinterziehung nach ständiger Rechtsprechung voraussetzt, dass der Täter die steuerrechtliche Rechtslage zutreffend erfasst und den Steueranspruch wissentlich verkürzen will; der Irrtum über die steuerrechtliche Rechtslage bedeutet einen den Vorsatz ausschließenden Tatbestandsirrtum.
3.2 Vorwurf gegen den Steuerberater
Ein steuerstrafrechtliches Risiko kann sich für einen Steuerberater ergeben, wenn er – was häufig der Fall sein wird – über die Lebensumstände der Eheleute informiert ist. Regelmäßig werden die Steuererklärungen im Steuerbüro erstellt und – auch in Bezug auf die o. g. kritischen Punkte (Zusammenveranlagung, doppelte Haushaltsführung, etwaige VuV-Einkünfte) – ausgefüllt; die Mandanten unterschreiben die erstellten Steuererklärungen i. d. R. ohne nähere Kontrolle.
Eine Beihilfe des Steuerberaters liegt dann nicht vor, wenn es an einer vorsätzlichen Haupttat des Mandanten fehlt, der Mandant also die Voraussetzungen der Zusammenveranlagung nicht kannte und sich insoweit in einem den Vorsatz ausschließenden Tatbestandsirrtum befand.
Im Gegensatz zu seinen Mandanten ist dem Steuerberater aber die steuerliche Rechtslage bekannt; kennt er darüber hinaus deren relevante Lebensumstände, könnten die Ermittlungsbehörden in der Vorlage der gefertigten Steuererklärung an die Mandanten zur Unterschrift eine mittelbare Täterschaft sehen.
Ein gemeinschaftliches Handeln von Steuerberater und Mandant (Mittäterschaft) würde voraussetzen, dass von den Ermittlungsbehörden nachgewiesen wird, dass der Steuerpflichtige über die Rechtslage vom Berater informiert wurde und beide die entsprechende unrichtige Erklärungsabgabe wollten.
Für Gesprächsinhalte zwischen Mandant und Berater bestehen jedoch Beweisprobleme.
Allerdings wird relevant, dass die Steuerfahndung beim Vorwurf der Steuerhinterziehung regelmäßig auch beim Steuerberater unter dem Gesichtspunkt der Durchsuchung bei Dritten durchsucht und sich Anhaltspunkte aus der Mandantenakte des Steuerberaters ergeben können.
Hinsichtlich der Handakte des Beraters besteht zwar die Befugnis von Steuerfahndern und Beamten von Bußgeld- und Strafsachenstellen der Finanzämter, diese durchzublättern, um sich zu vergewissern, dass sich in dieser kein Belastungsmaterial gegen den Beschuldigten befindet,
eine Beschlagnahme der Handakte wegen eines sich daraus ergebenden Teilnahmeverdachts des Steuerberaters ("Zufallsfund") ist jedoch nur dann zulässig, wenn der Teilnahmeverdacht bereits vor der Beschlagnahme bestand.
Unberechtigte Inanspruchnahme von steuerlichen Vergünstigungen bei dauerndem Getrenntleben
Die Ermittlungen der Finanzbehörden in Bezug auf di...