Es ist zwischen der Selbstanzeige wegen Beihilfe einerseits und der Selbstanzeige wegen leichtfertiger Steuerverkürzung andererseits zu unterscheiden:
4.1 Selbstanzeige wegen Beihilfe oder (Mit-)Täterschaft
Der Extremfall ist, dass der Steuerberater zweifelsfrei Beihilfe geleistet oder gemeinschaftlich (mittäterschaftlich) mit seinem Mandanten eine Steuerhinterziehung begangen hat. Verweigert der Steuerpflichtige in einem solchen Fall nach Rücksprache die Offenbarung gegenüber dem Finanzamt, darf der Steuerberater zum eigenen Schutz Selbstanzeige erstatten. Die Offenbarung eines fremden Geheimnisses (hier: die Steuerhinterziehung des Mandanten) erfolgt dann nicht unbefugt i. S. v. § 203 StGB, wenn sie der Wahrung eigener Interessen des Steuerberaters dient und nach den Grundsätzen der Güter- und Interessenabwägung ein angemessenes Mittel darstellt.
Selbstanzeige
Der involvierte Steuerberater muss sich darüber im Klaren sein, dass eine Selbstanzeige wegen der Straftaten Beihilfe, Mittäterschaft oder (Allein-)Täterschaft eine schwerwiegende Maßnahme darstellt; immerhin beschuldigt er sich selbst einer vorsätzlichen Straftat. Daher sollte er genau prüfen, ob die juristischen Voraussetzungen dieser Straftat auch wirklich erfüllt sind.
Darüber hinaus muss die Einschränkung der Selbstanzeige durch mehrere Gesetzesnovellen beachtet werden. Durch das Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz wurde klargestellt, dass bereits mit der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung gegenüber dem Steuerpflichtigen die Selbstanzeige gesperrt ist. Darüber hinaus muss ab dem 1.1.2015 berücksichtigt werden, dass bereits eine Strafbefreiung nicht mehr möglich ist, wenn gegenüber einem einzigen Teilnehmer an der Steuerhinterziehung – was der potenziell Selbstanzeigende möglicherweise gar nicht wissen kann – bereits eine Prüfungsanordnung bekannt gegeben worden ist bzw. ein Strafverfahren eingeleitet worden ist. Zudem ist bei hohen Hinterziehungsregelungen auch noch zu beachten, dass nicht nur die Steuern und Hinterziehungszinsen, sondern auch die hohen Verwaltungszuschläge nach § 398a AO gezahlt werden müssen, wenn ein Absehen von der Strafverfolgung erreicht werden soll.
Auch muss berücksichtigt werden, dass ein solches Geständnis mit der Haftung für die (vom Mandanten) hinterzogenen Steuern und Hinterziehungszinsen verbunden ist. Darüber hinaus sind die berufsrechtlichen Konsequenzen (Warnung, Verweis, Geldbuße bis 25.000 EUR, befristetes Berufsverbot von einem Jahr bis fünf Jahren, Ausschließung aus dem Beruf) zu beachten. Die Hinweispflicht der Finanzbehörde ergibt sich aus § 10 StBerG.
4.2 Selbstanzeige wegen leichtfertiger Steuerverkürzung
Wenig risikoreich ist dagegen eine Selbstanzeige wegen leichtfertiger Steuerverkürzung.
Versehentlich falsche Abheftung
Nach Bekanntgabe des Strafverfahrens hinsichtlich Einkommensteuer-Hinterziehung 2011 gegenüber dem Beschuldigten B trägt sein Steuerberater vor, dass die beiden Belege über die betreffenden, durch eine Kontrollmitteilung aufgedeckten Einnahmen versehentlich im Steuerbüro im Belegordner für 2012 abgeheftet worden seien. Da die Einkommensteuer-Erklärung 2012 noch nicht abgegeben wurde, sei das Versehen bisher nicht aufgefallen.
Übersehen von Unterlagen
Nach Bekanntgabe des Strafverfahrens gegenüber dem Beschuldigten trägt dessen Steuerberater vor: "Wiederholt sei vorgekommen, dass die Gutschriften über die festverzinslichen Wertpapiere bei der Erstellung der Einkommensteuererklärung in unserer Handakte vorgelegen haben und übersehen wurden."
Verlorengegangene Bankauszüge
Nachdem das Strafverfahren gegenüber dem Beschuldigten bekannt gegeben wurde, schrieb der Steuerberater an die BuStra-Stelle des Finanzamts: "Wir haben nunmehr die Buchführungsunterlagen überprüft. Leider kamen wir ebenfalls zu der Feststellung, dass die Einnahmendifferenzen nicht in das Buchhaltungswerk eingeflossen sind. Grund dafür ist, dass der entsprechende Bankauszug verloren gegangen ist und dies beim Erstellen der Buchhaltung nicht bemerkt wurde. Bei dem Bankauszug handelte es sich um einen der alten Bankauszüge, die teilweise so schmal waren, dass sie nach dem Abheften leicht verloren gehen konnten. Der entsprechende Auszug kann nach Auskunft der Sparkasse auch nicht mehr wiederbeschafft werden, da diese seinerzeit nicht mikroverfilmt wurden. Da kein gegenteiliger Beweis erbracht werden kann, müssen wir davon ausgehen, dass dieser Differenzbetrag Herrn B zugeflossen ist."
In den oben angeführten Beispielen sind die Strafverfahren gegen die Mandanten einzustellen, da diese keine Vorsatztaten begangen haben. Soweit das Finanzamt dem Steuerberater einen leichtfertigen Fehler vorhält, greift die oben angeführte Rechtsprechung, wonach ein Steuerberater, der lediglich im Innenverhältnis zum Mandanten tätig wurde, der also keine eigenen Erklärungen abgab, nicht Täter einer leichtfertigen Steuerverkürzung sein kann. Darüber hinaus würde das Geständnis des Versehens des Steuerberaters eine Selbstanzeige wegen leichtfertiger Steuerverkürzungbedeuten....