Dipl.-Finanzwirt Bernhard Paus
Leitsatz
Wird Arbeitslohn zu Unrecht gezahlt und später zurückgefordert, gehen Verwaltung und Rechtsprechung bisher davon aus, die steuerliche Behandlung bestimme sich nach dem Zufluss- und Abflussprinzip. Der zu Unrecht gezahlte Arbeitslohn müsse also im Jahr der Zahlung von dem Arbeitnehmer versteuert werden. Das kann zu Härten führen, wenn sich die spätere Rückzahlung des Arbeitslohns gar nicht oder nur mit niedrigeren Steuersätzen auswirkt. Für einen derartigen Fall hat das FG Rheinland Pfalz jetzt entschieden, entgegen der Rechtsprechung des BFH sei der zu Unrecht gezahlte und später erstattete Arbeitslohn im Jahr des Zuflusses nicht als steuerpflichtige Einnahme anzusetzen.
Sachverhalt
Der Arbeitnehmer war zum 3.12. des Jahres aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden. Versehentlich zahlt ihm der Arbeitgeber gleichwohl das volle Dezembergehalt einschließlich Weihnachtsgeld. In den nächsten Jahren zahlte der Kläger diese Beträge in Teilbeträgen zurück. Wegen seines stark gesunkenen Einkommens wirkten sich die Rückzahlungen jedoch nur mit bescheidenen Beträgen steuermindernd aus. Das Finanzamt war gleichwohl der Auffassung, der zu Unrecht gezahlte Arbeitslohn müsse im Jahr des Zuflusses versteuert werden. Auch eine Billigkeitsmaßnahme sei nicht gerechtfertigt.
Entscheidung
Das FG entschied in bewusster Abweichung von der bisherigen BFH-Rechtsprechung, die Rückzahlung des Arbeitslohns wirke auf das Jahr der früheren Lohnzahlung zurück. Es sei bereits fraglich, ob versehentlich gezahlte Beträge als Arbeitslohn angesehen werden könnten. Es handle sich eindeutig nicht um ein Entgelt für geleistete Arbeit. Selbst wenn man Arbeitslohn annehme, müsse die spätere Rückzahlung auf das frühere Jahr der unberechtigten Zahlung zurückbezogen werden. Das folge aus dem Sinn der gesetzlichen Regelungen, die nur das Entgelt für die geleistete Arbeit besteuern wolle. Die Rechtsprechung habe inzwischen auch in einer Reihe anderer Fälle ein solches Rückbeziehen späterer Ereignisse für geboten gehalten. Wenn man dieser Auffassung nicht folge, müsse wegen der Verhältnisse des Einzelfalls dasselbe Ergebnis auf dem Weg einer Billigkeitsmaßnahme herbeigeführt werden. Das Versehen des Arbeitgebers dürfe den Arbeitnehmer nicht mit schwerwiegenden steuerlichen Nachteilen belasten.
Hinweis
Das FG hat zwar die Revision zugelassen. Nachdem es seine Auffassung aber zusätzlich auch auf den Gedanken einer Billigkeitsmaßnahme stützt, erscheint fraglich, ob das Finanzamt Revision einlegen wird und ob eine Revision zur Klärung der materiellen Rechtsfragen führen würde. Gleichwohl bleiben die vom FG vorgetragenen Rechtsgedanken auch für andere Fälle bedeutsam. Es erscheint jetzt nicht mehr ausgeschlossen, dass andere Finanzgerichte und ggf. der BFH in ähnlichen Fällen ein Rückbeziehen der späteren Erstattung von Arbeitslohn in das Jahr der früheren Zahlung für geboten halten werden. Wer überlegt, ob er mit diesem Argument einen Bescheid seines Finanzamts anfechten will, muss sich allerdings über das Kostenrisiko und die zweifelhaften Erfolgsaussichten im Klaren sein.
Link zur Entscheidung
FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.12.2002, 4 K 2257/01