Leitsatz
1. Das Ansehen Deutschlands kann gemäß § 10b Abs. 1 Satz 6 EStG gefördert werden, wenn im Kernbereich der religiösen Tätigkeit einer ausländischen Kirche ein gemeinnütziges Engagement erkennbar wird, das Deutschland mittelbar zuzurechnen ist.
2. Eine Spende, die ein inländischer Steuerpflichtiger unmittelbar einer im EU-/EWR-Ausland belegenen Einrichtung zuwendet, die die Voraussetzungen der §§ 51ff. AO erfüllt oder bei der es sich um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handelt, darf nicht anders behandelt werden als eine Spende an eine inländische gemeinnützige Körperschaft, die ihre Mittel einer im Ausland ansässigen Einrichtung zur Erfüllung eines bestimmten gemeinnützigen Zwecks überlässt.
3. Feststellungen zu Bestehen und Inhalt des ausländischen Rechts sind für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend. Allerdings entfällt die Bindungswirkung, soweit die erstinstanzlichen Feststellungen auf einem nur kursorischen Überblick über die zu behandelnde Materie beruhen. In diesem Fall liegt ein materieller Mangel der Vorentscheidung vor (Bestätigung der BFH-Rechtsprechung, z.B. Urteil vom 13. Juni 2013, III R 63/11, BFHE 242, 34, BStBl II 2014, 711).
Normenkette
§ 10b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, Satz 6 EStG, § 51 Abs. 2 AO, § 118 Abs. 2, § 155 Satz 1 FGO, § 293 ZPO
Sachverhalt
Die Klägerin leistete im Streitjahr 2010 Spenden an eine griechisch-katholische Pfarrgemeinde in Rumänien, um den Bau einer Kirche zu ermöglichen. Als Dank wurde der Name der Klägerin in den Fuß des Altars eingraviert. Darüber hinaus wird die Klägerin bei jeder Messe, die in der Kirche abgehalten wird, im Rahmen der Fürbitten namentlich erwähnt. Zudem wurde die Klägerin zur Weihe der Kirche nach deren Fertigstellung eingeladen. Über dieses Ereignis erschien in der örtlichen Presse ein Artikel, in dem das Engagement der Klägerin als Spenderin aus Deutschland namentlich erwähnt wurde. Darüber hinaus wurden ihr zwei Dankesurkunden verliehen. Das FA erkannte den Sonderausgabenabzug gemäß § 10b EStG nicht an, das FG gab der Klage statt (FG Köln, Urteil vom 20.1.2016, 9 K 3177/14, Haufe-Index 9305857, EFG 2016, 653).
Entscheidung
Auf Revision des FA wurde das Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Zwar scheiterte der Spendenabzug weder an der Unentgeltlichkeit der Zuwendung noch an der fehlenden Vorlage ausreichender Zuwendungsbescheinigungen. Auch waren nach Auffassung des BFH die Voraussetzungen des § 10b Abs. 1 Satz 6 EStG erfüllt. Es war aber unklar, ob die Pfarrgemeinde eine juristische Person des öffentlichen Rechts gemäß § 10b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG ist. Dieses wird das FG im zweiten Rechtsgang aufzuklären haben.
Hinweis
Dieses Urteil enthält für Steuerpflichtige, die an eine ausländische Institution spenden, positive Aussagen zum strukturellen Inlandsbezug und einen Handlungsauftrag für die Finanzgerichte, die den Spendenabzug zu beurteilen haben.
1. Ist der Spendenempfänger in der EU/im EWR ansässig und auch nur dort tätig, kann der Spendenabzug gemäß § 10b Abs. 1 Satz 6 EStG nur dann steuerlich anerkannt werden, wenn entweder natürliche inländische Personen gefördert werden oder die Tätigkeit des Zuwendungsempfängers neben der Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke auch zum Ansehen Deutschlands beitragen kann. Gerade die Auslegung des strukturellen Inlandsbezugs bereitet in der Praxis wegen seiner Unschärfe erhebliche Schwierigkeiten, insbesondere weil nach Auffassung der Finanzverwaltung bei inländischen Einrichtungen der mögliche Beitrag zum Ansehen Deutschlands – ohne besonderen Nachweis – bereits dadurch erfüllt wird, dass sie sich personell, finanziell, planend, schöpferisch oder anderweitig an der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke im Ausland beteiligen (Indizwirkung).
2. Der BFH hat in diesem Urteil im Rahmen der Förderung der Religion eine mögliche Ansehenssteigerung Deutschlands durch die spendenempfangende EU/EWR-Kirche bereits dann bejaht, wenn im Kernbereich ihres religiösen Tätigwerdens für die Gemeindemitglieder und die Gottesdienstbesucher ein gemeinnütziges Engagement erkennbar wird, das Deutschland mittelbar zuzurechnen ist und damit auch zum Ansehen Deutschlands beitragen kann. Nach Auffassung des BFH kann hierdurch in gleicher Weise zur Ansehensförderung Deutschlands beigetragen werden wie durch das im Regierungsentwurf zum JStG 2009 beispielhaft genannte Engagement einer inländischen Forschungseinrichtung im Ausland (BT-Drucks. 16/10189, S. 80). Auch dort soll eine finanzielle Beteiligung einer inländischen Forschungseinrichtung an internationalen Aktivitäten ausreichen, um den Inlandsbezug zu erfüllen. Daher sah es der BFH als naheliegend an, dies für die finanzielle Unterstützung einer ausländischen gemeinnützigen Einrichtung durch eine inländische Privatperson ebenso zu sehen.
3. Da insoweit die Voraussetzungen des strukturellen Inlandsbezugs gemäß § 10b Abs. 1 Satz 6 EStG erfüllt waren, musste der BFH auf die verfassungs- und unionsrechtlichen Bedenken i...