Neben der steuerlichen Seite, die die Zahlungspflicht des Geschäftsführers aufgrund eines Haftungsbescheides betrifft, kann auch das Risiko eines Straf- oder Bußgeldverfahrens bestehen. Nachstehend wird das Thema der steuerlichen Delikte angerissen, um ein Problembewusstsein zu schaffen. Im Einzelfall sollte der Geschäftsführer einen Verteidiger konsultieren.
4.1 Grundlagen
Nach § 370 Abgabenordnung (AO) wird mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer den Finanzbehörden gegenüber insbesondere unrichtige steuerliche Angaben macht oder erforderliche steuerliche Angaben unterlässt und hierdurch Steuern verkürzt. Die Verkürzung kann darin bestehen, dass zu wenig Steuern festgesetzt werden, oder auch darin, dass die Steuern nicht rechtzeitig festgesetzt werden können. Die Freiheitsstrafe kann in einem besonders schweren Fall bis zu 10 Jahre betragen.
Um einen besonders schweren Fall handelt es sich bei einer Hinterziehungstat mit einem Steuerschaden i. H. v. mehr als 50.000 EUR.
Die Steuerhinterziehung setzt Vorsatz voraus und kann in Form der Täterschaft, Mittäterschaft oder Teilnahme (Beihilfe, Anstiftung) verwirklicht werden (§§ 25-27 Strafgesetzbuch).
Vorsatz bedeutet, dass der Geschäftsführer wusste oder wollte, was er tat. Es genügt jedoch bereits der Eventualvorsatz, d. h., dass der Geschäftsführer die Steuerhinterziehung billigend in Kauf nahm. Nach § 378 AO ist die "bloß" leichtfertige (also grob fahrlässige) Steuerverkürzung keine Straftat, sondern eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld geahndet werden kann.
Auch die Nichtabführung fälliger Umsatzsteuer ist eine Ordnungswidrigkeit und kann eine Geldbuße von bis zu 50.000 EUR auslösen (§ 26 b UStG). Zum Vergleich: Die Steuerhinterziehung setzt hingegen die Nichtfestsetzung oder unzutreffende Festsetzung der Steuer durch Bescheid voraus, d. h. es kommt nicht auf die Zahlung an.
4.2 Täterschaft oder Teilnahme
Steuerhinterziehung kann von jedermann begangen werden, also auch durch den Geschäftsführer, obwohl er selbst nicht der Steuerpflichtige ist.
Eine täterschaftliche Steuerhinterziehung durch den Geschäftsführer setzt voraus, dass dieser als Täter mit Täterwillen und Tatherrschaft gegenüber dem Finanzamt handelte. Für Beihilfe genügen hingegen "Rat & Tat" in jeder Form. Hierfür reicht im Einzelfall bereits die sog. psychische Beihilfe, also das Bestärken des Täters. Die Grenzen sind fließend. Anstiftung erfordert, dass der Täter den Tatentschluss einer anderen Person – des Täters – hervorruft.
Steuerhinterziehung
- Der Geschäftsführer unterschreibt die Erklärung zur Körperschaftsteuer, obwohl er die Unrichtigkeit der Angaben kennt.
- Das Finanzamt stellt bei dem Geschäftsführer eine Rückfrage, die der Geschäftsführer bewusst falsch beantwortet.
- Der Geschäftsführer stellt einen Stundungsantrag, obwohl er weiß, dass dessen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Auch die Stundung von Steuern führt zu einer Steuerhinterziehung.
In der Rechtsprechung der Strafgerichte wird überwiegend die Ansicht vertreten, dass die lediglich interne Tätigkeit einer Person keine täterschaftliche vorsätzliche Steuerhinterziehung ist, weil die Person dann nicht "nach aussen" gegenüber dem Finanzamt auftritt.
Geschäftsführer A bestärkt den anderen Geschäftsführer B, der nach der internen Aufgabenverteilung für die Abgabe der Steuererklärung zuständig ist, darin, eine unzutreffende Erklärung abzugeben. Wenn die Ansicht vertreten wird, dass eine bloß interne Handlung nicht zur Täterschaft führt, würde den Geschäftsführer A "nur" der Vorwurf der psychischen Beihilfe oder Anstiftung treffen. Der Vorwurf der Beihilfe würde leichter wiegen und wäre dann zu erheben, wenn Geschäftsführer B bereits zur Tat entschlossen, also eine Anstiftung nicht mehr denkbar war.
4.3 Verhaltenstipps bei einer Steuerstraftat
Insbesondere im Steuerstrafrecht ist eine zeitnahe und einzelfallbezogene Beratung erforderlich. Als Leitlinie sollen hier 3 Empfehlungen gegeben werden:
- Der Geschäftsführer, der sich durch seine Aussage dem Verdacht einer Straftat aussetzen würde, darf schweigen. Dieses Schweigerecht sollte der Geschäftsführer als Schweigepflicht betrachten. Gegenüber Steuerfahndungsbeamten sollte betont werden, dass das Schweigerecht "im Moment" ausgeübt wird, so dass hierdurch eine Kooperation für die Zukunft nicht ausgeschlossen wird. Am Tag der Durchsuchung lässt sich die oft komplexe Frage, ob die einzelnen Voraussetzungen einer Hinterziehung und Haftung vorliegen, in der Regel nicht klären. Die Durchsuchungsbeamten sind für die Beurteilung dieser Fragen meist auch nicht zuständig.
- Auch wenn der Geschäftsführer bereits den Tatbestand einer Steuerhinterziehung begangen hat, kann er insofern straffrei ausgehen, wenn er eine Selbstanzeige gem. §§ 371, 378 Abs. 3 AO abgibt. ...