Prof. Dr. rer. pol. Hanno Kirsch
Rz. 125
Unter den tatsächlichen Ertragsteuern sind sowohl die ertragsabhängigen Steuern zu erfassen, die auf das laufende Periodenergebnis entfallen, als auch periodenfremde Ertragsteuern.
Rz. 126
Für die Berechnung der Ertragsteuern ist der Grundsatz der Periodenabgrenzung (IAS 1.27 f.) zu berücksichtigen. Aufwendungen bzw. Erträge aus Ertragsteuern sind in den Perioden zu erfassen, in denen die Definitions- und Erfassungskriterien für Aufwendungen und Erträge vorliegen bzw. die steuerlich relevanten Tatbestände verwirklicht werden.
Rz. 127
Der Grundsatz der glaubwürdigen Darstellung von Informationen, insbesondere die diesen ergänzenden Grundsätze der Vollständigkeit und der Freiheit von Fehlern verlangen grundsätzlich eine exakte Kalkulation der steuerlich relevanten Tatbestände; hierbei ist auch die Informationserwartung zu berücksichtigen; (Rz. 123) diese wird noch dadurch verstärkt, dass der Steueraufwand (gemeint ist ausschließlich der Ertragsteueraufwand) in der GuV-Rechnung zu den vergleichweise wenigen Pflichtangaben im Gliederungsschema zählt.
Rz. 128
Nach IFRIC 23.9 hat das Unternehmen bei Sachverhalten mit einer unsicheren steuerlichen Behandlung zu beurteilen, ob es wahrscheinlich ist, dass die Finanzverwaltung eine unsichere steuerliche Behandlung akzeptiert. Sofern es wahrscheinlich ist, dass die Finanzverwaltung eine unsichere steuerliche Behandlung akzeptiert, hat das Unternehmen seine Ertragsteuern so zu berechnen als ob es sich um einen sicheren Sachverhalt handelt.
Falls es nach Auffassung des Unternehmens unwahrscheinlich ist, dass die Finanzverwaltung die unsichere steuerliche Behandlung eines Sachverhalts akzeptiert, dann sind die Einzelsachverhalte in Abhängigkeit davon, welche Methode besser für die Auflösung der Unsicherheit geeignet erscheint, entweder mit ihrem wahrscheinlichsten Betrag oder mit dem Erwartungswert abzubilden.
Rz. 128a
Hingegen dürfen keine Rückstellungen für generelle Nachzahlungsrisiken von Steuern aus Betriebsprüfungen gebildet werden. Es besteht somit ein "Passivierungsverbot für solche Beträge, die erfahrungsgemäß bei einer Betriebsprüfung zur Nachzahlung kommen, da insoweit eine Drittverpflichtung noch nicht hinreichend konkretisiert ist". Hinsichtlich der Behandlung konkreter Einzelrisiken, deren steuerliche Behandlung unsicher erscheint, wird auf Rz. 128 verwiesen.
Rz. 129
Sind Steuerzahlungen Gegenstand finanzgerichtlicher Rechtsstreitigkeiten, so liegt zunächst zwar eine Konkretisierung der Finanzverwaltung vor, welche die Unsicherheit über die steuerliche Behandlung strittiger Sachverhalte seitens der Finanzverwaltung zumindest vorläufig beendet. Dementsprechend sollten die in einem erlassenen Steuerbescheid erfolgten Auflösungen unsicherer steuerlicher Behandlungen von Sachverhalten auch als Steuerverbindlichkeiten abgebildet werden. Jedoch hat auch in diesen Fällen das Unternehmen nach den Grundsätzen des IFRIC 23.9 ff. das voraussichtliche Ergebnis des finanzgerichtlichen Urteils in Bezug auf die Auflösung der im Finanzgerichtsverfahren strittigen steuerlichen Sachverhalte zu antizipieren; es gelten die unter Rz. 128 geschilderten Grundsätze.
Falls in einem erstinstanzlichen Finanzgerichtsurteil die Position des steuerpflichtigen Unternehmens bestätigt wurde und die Finanzverwaltung hiergegen Revision eingelegt hat, fehlt es zwar an der hinreichenden Konkretisierung für eine Steuerrückstellung, welche über das erstinstanzliche Urteil hinausgehende Steuernachzahlungen abbildet. Allerdings ist auch hier das voraussichtliche Ergebnis der Revision einzuschätzen und dieses entsprechend (vgl. Rz. 128) abzubilden.