3.5.1 Warenbezeichnungen nach Zolltarifpositionen

Die in der Anlage 2 aufgeführten Waren, die unter die Steuerermäßigung fallen, werden nach dem Zolltarif abgegrenzt. Zum einen bedeutet dies, dass die Liste der begünstigten Waren abschließend ist. Waren, die in der Anlage 2 nicht aufgeführt sind bzw. sich in den dort bezeichneten Kapiteln, Positionen und Unterpositionen des Zolltarifs nicht finden, fallen nicht unter die Steuerermäßigung.

Der Inhalt der einzelnen Warenbegriffe ist durch den Verweis auf die jeweilige Stelle des Zolltarifs festgelegt. Das bedeutet weiterhin, dass die jeweilige Warenbezeichnung nicht etwa eine beispielhafte Angabe ist, sondern der einschlägige zolltarifliche Begriff für die Warenbezeichnung maßgebend und abschließend ist. Zur Auslegung der Warenbezeichnungen sind die zolltariflichen Erläuterungen heranzuziehen.[1] Soweit der Verweis auf den Zolltarif in der rechten Spalte der Anlage 2 ein vollständiges Kapitel, eine Position oder eine Unterposition nennt, sind alle hierzu gehörenden Waren begünstigt.

 
Wichtig

Expositionen

Bei sog. Expositionen, d. h. Verweisen auf den Zolltarif in Form von z. B. "aus Position 01.01", "aus Kapitel 3", "aus Unterposition 2201 9000", beschränkt sich die Steuerermäßigung auf die in der Spalte "Warenbezeichnung" ausdrücklich aufgeführten Waren der angegebenen Stelle des Zolltarifs. In solchen Fällen sind entweder nur die begünstigten Waren aufgeführt (z. B. Nr. 1b, Nr. 5 der Anlage 2), sodass alle anderen in den genannten Zolltarifpositionen aufgeführten Waren nicht unter die Steuerermäßigung fallen. Die andere Möglichkeit ist, dass die nicht begünstigten Waren in der Spalte "Warenbezeichnung" ausdrücklich ausgenommen sind (z. B. Nr. 3, Nr. 28 der Anlage 2).

Die Waren nach dem Zolltarif sind nur bewegliche Sachen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass nur Lieferungen (oder Einfuhren bzw. innergemeinschaftliche Erwerbe) beweglicher Sachen dem ermäßigten Steuersatz unterliegen würden. Umsatzsteuerrechtlich werden Gegenstände (nicht Waren oder Sachen) geliefert. Der Begriff des Gegenstands ist weiter als der zollrechtliche Begriff der Ware. Deshalb fallen Gegenstände auch dann unter die Steuerermäßigung, wenn sie zolltariflich zwar begünstigt, aber fest mit dem Grund und Boden verbunden sind (z. B. Getreide auf dem Halm oder Obst auf dem Baum). Aufgrund dieser Begriffsunterschiede können auch die sog. Gehaltslieferungen steuerbegünstigt sein. Der Grundsatz, dass der Liefergegenstand als solcher im Zolltarif bzw. in der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG bezeichnet sein muss, gilt deshalb nicht in den Fällen, in denen die Steuerermäßigung nur deshalb nicht zum Tragen käme, weil der zolltarifliche Begriff der Ware von dem umsatzsteuerrechtlichen Begriff des Gegenstands abweicht.

3.5.2 Kombinierte Nomenklatur/Harmonisiertes System

Mit der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23.7.1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif[1] (und ihren späteren Änderungen, vgl. z. B. Durchführungsverordnung (EU) 2022/1998 der Kommission v. 20.9.2022 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87[2]) gilt in der EU die sog. Kombinierte Nomenklatur (KN), die der Ratsverordnung Nr. 2568/87 als Anhang I angefügt ist. Nach § 26 Abs. 1 UStG kann die Bundesregierung durch Rechtsverordnung den Umfang der Steuerermäßigungen näher bestimmen und sich im Einzelfall zur Wahrung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung auch von der zolltariflichen Abgrenzung lösen. Von dieser Ermächtigung macht die Bundesregierung zurzeit keinen Gebrauch, sodass für den Inhalt der in der Anlage 2 enthaltenen Waren allein die Bezugnahme auf den Zolltarif maßgeblich ist.

Ein Mitgliedstaat (wie Deutschland), der auf der Grundlage von Art. 122 MwStSystRL einen ermäßigten Steuersatz für Lieferungen von Brennholz schafft, kann dessen Anwendungsbereich anhand der KN auf bestimmte Kategorien von Lieferungen von Brennholz begrenzen, sofern der Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachtet wird. Daher können Holzhackschnitzel auch dann nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. m. der Anlage 2 Nr. 48 Buchst. a zum UStG der Steuersatzermäßigung unterliegen, wenn sie bei richtlinienkonformer Auslegung entsprechend Art. 122 MwStSystRL Brennholz i. S. der Warenbeschreibung der Anlage 2 Nr. 48 Buchst. a zum UStG sind. Dem steht das Fehlen der hierfür erforderlichen zolltariflichen Voraussetzung nicht entgegen, wenn die Holzhackschnitzel und das die zolltarifliche Voraussetzung erfüllende Brennholz austauschbar sind.[3]

[1] ABl. EG 1987 Nr. L 256, 1 und spätere Änderungen.
[2] ABl. EU 2022 Nr. L 282/1.
[3] Vgl. BFH, Urteil v. 21.4.2022, V R 2/22, V R 6/18, BFH/NV 2022 S. 1019 (Folgeentscheidung zu EuGH, Urteil v. 3.2.2022, C-515/20, Finanzamt A, HFR 2022 S. 282 – Änderung der Rechtsprechung).

3.5.3 Allgemeine Vorschriften für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur

Bei der Anwendung des Zolltarifs bzw. der Einreihung der Waren zu den einzelnen Kapiteln, Positionen und Unterpositionen (Tarifierung) gelten allgemein d...

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