Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
2.1 Sachverhalt
Taxiunternehmer T, der sein Unternehmen in Schwarzenbek (Schleswig-Holstein) betreibt, hat mit einer örtlichen Krankenkasse eine Vereinbarung getroffen, nach der er ihm von der Krankenkasse zugewiesene Patienten zu Fachärzten nach Hamburg transportiert. In Hamburg wartet der Taxifahrer, bis die Untersuchung des Patienten abgeschlossen ist. Die einfache Entfernung zwischen der Wohnung des Patienten und der Arztpraxis beträgt zwischen 35 und 45 km. Mit der Krankenkasse rechnet T gemäß der getroffenen Vereinbarung jeweils am Monatsende auf Kilometerbasis zzgl. Umsatzsteuer sowie einer "Wartepauschale" ab.
Für April 2024 rechnet T wie folgt (auszugsweise) ab:
38 Fahrten von Patienten |
1.520 km à 1,25 EUR |
1.900 EUR |
zzgl. 7 % Umsatzsteuer |
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133 EUR |
zzgl. Auslagen "Wartepauschale" |
19 × 25 EUR |
475 EUR |
Gesamtbetrag |
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2.508 EUR |
2.2 Fragestellung
T möchte wissen, welche umsatzsteuerrechtlichen Folgen er aus der Leistung im April 2024 sowie aus seiner Abrechnung ziehen muss.
2.3 Lösung
T ist Unternehmer, der im Rahmen seines Unternehmens Leistungen gegen Entgelt ausführt. Die Beförderung der Patienten ist jeweils eine sonstige Leistung nach § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG. Der Ort der jeweiligen Leistung bestimmt sich nach § 3b Abs. 1 UStG und ist in Deutschland, wo die Beförderung bewirkt wird. Die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbaren Leistungen sind nicht steuerbefreit nach § 4 UStG.
Steuerbefreiung für Krankenfahrten setzt speziell ausgestattete Fahrzeuge voraus
Nach § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG können Krankenfahrten steuerfrei ausgeführt werden. Dies setzt aber speziell dafür eingerichtete Fahrzeuge voraus. Nach dem Sachverhalt ist davon auszugehen, dass es sich im vorliegenden Fall nicht um "Krankenfahrten" nach § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG handelt.
Nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG unterliegt die Beförderung von Personen im Verkehr mit Taxen dem ermäßigten Steuersatz, wenn die Beförderung innerhalb einer Gemeinde ausgeführt wird oder wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 km beträgt.
Da die Beförderung eindeutig nicht innerhalb einer Gemeinde ausgeführt wird, könnte sich der ermäßigte Steuersatz nur dann ergeben, wenn die einzelne Beförderung nicht mehr als 50 km beträgt. Fraglich ist dabei, ob die Hin- und Rückfahrt der Patienten als eine (einheitliche) Beförderungsstrecke anzusehen ist oder ob es sich jeweils um eine eigenständige Beförderungsstrecke handelt. Da nach der Vereinbarung der Fahrer auf den jeweiligen Fahrgast (= Patienten) wartet und in der Zwischenzeit weder tatsächlich weitere Fahrten durchführt noch für Fahrten zur Verfügung steht, handelt es sich um eine einheitliche Beförderungsleistung, die am Wohnort des Patienten beginnt und dort auch wieder endet.
Keine einheitliche Beförderungsleistung bei separater Abholung
Wenn der Fahrer nach Durchführung der Hinfahrt zum Bestimmungsort nicht auf den Kunden wartet, sondern der Kunde später erneut mit einem Taxi am Bestimmungsort abgeholt und zu dem ursprünglichen Ausgangsort zurückbefördert wird, liegt keine einheitliche Beförderung, sondern liegen zwei getrennt zu beurteilende Beförderungsleistungen vor. Dies gilt auch dann, wenn die Abholung schon von Anfang an zwischen den Beteiligten vereinbart worden war.
Da die einheitliche Beförderungsstrecke mehr als 50 km beträgt, kommt der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG nicht in Betracht. Der Umsatz unterliegt damit dem Regelsteuersatz von 19 % nach § 12 Abs. 1 UStG.
Die als "Auslagen" angegebene Wartepauschale teilt als Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung, sodass auch sie dem Regelsteuersatz unterliegt.
Aus 2.508 EUR sind damit 19 % Umsatzsteuer herauszurechnen. Es entsteht eine Umsatzsteuer i. H. v. 400,44 EUR, die Bemessungsgrundlage beträgt 2.107,56 EUR. Dass T nur 133 EUR Umsatzsteuer ausgewiesen hat, ist insoweit unerheblich. Insbesondere hat T auch in seiner Rechnung nicht eine zu hohe Umsatzsteuer ausgewiesen.
Entsprechende Anwendung auch für Mietwagenunternehmer
Soweit mit 7 % der Besteuerung unterliegende Krankenfahrten bis 50 km nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG vorliegen würden, würde dies bei vergleichbaren Vereinbarungen auch für ein Mietwagenunternehmen gelten.