Leitsatz
Verweist eine Gutschrift auf einen Vertrag, aus dem sich die Person des Leistenden ergibt, kann diese Bezugnahme der Annahme eines unberechtigten Steuerausweises nach § 14c Abs. 2 UStG aufgrund einer unzutreffenden Bezeichnung des Leistenden entgegenstehen.
Normenkette
§ 14c UStG, § 14 Abs. 3 UStG a.F., Art. 203 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL)
Sachverhalt
Der Kläger war mit anderen Personen als Erfinder tätig. Er schloss zusammen mit drei anderen Personen als Lizenzgeber Lizenzverträge mit einer KG für die Vermarktung von Erfindungen. Die KG sollte Gutschriften erstellen. Seit 1998 versteuerte der Kläger die anteiligen Einnahmen aus der Lizenzeinräumung als Einzelunternehmer. Die KG erstellte Gutschriften unter Anwendung des Regelsteuersatzes. Die Gutschriften nannten im Adressfeld den Namen und die Anschrift des Klägers und nahmen im Übrigen auf die zwischen der KG und den Erfindern abgeschlossenen Verträge Bezug. Der Kläger ging von der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes aus. Aufgrund der Guschriftserteilung unter Anwendung des Regelsteuersatzes nahm das FA aufgrund einer Kontrollmitteilung eine Steuerhinterziehung durch den Kläger an und änderte die Steuerfestsetzungen für die Streitjahre 1998 bis 2010 auch insoweit, als die reguläre Festsetzungsfrist bereits abgelaufen war. Einspruch und Klage zum FG hatten keinen Erfolg (FG München, Urteil vom 9.6.2015, 14 K 608/13, Haufe-Index 9497082, EFG 2016, 1379).
Entscheidung
Der BFH hob das Urteil des FG auf und verwies die Sache an das FG zurück. Das FG habe zu Unrecht die Voraussetzungen einer Steuerschuld nach § 14c Abs. 2 UStG (bis einschließlich Streitjahr 2003: § 14 Abs. 3 UStG a.F.) bejaht. Eine derartige Steuerschuld komme nur in Betracht, wenn in den Gutschriften eine andere Person als die Person, die die Leistung tatsächlich erbracht hat, als Leistender angegeben ist. Dies habe das FG zu Unrecht ohne Berücksichtigung der insoweit auszuschöpfenden Auslegungsmöglichkeiten bejaht.
Die Gutschriften, aus denen das FG einen unberechtigten Steuerausweis abgeleitet hat, waren zwar im Adressfeld an den Kläger gerichtet und wiesen seine Anschrift aus. Die Gutschriften nahmen aber auch auf den der Leistungserbringung jeweils zugrunde liegenden Lizenzvertrag Bezug. Ist davon auszugehen, dass der Unternehmer die Bruchteilsgemeinschaft, nicht aber der einzelne Erfinder war, liegt es nahe, die Gutschriften, die auf die der Leistungserbringung zugrunde liegenden Lizenzverträge verwiesen, aufgrund dieser Bezugnahme als an die jeweilige Bruchteilsgemeinschaft als Leistenden erteilt anzusehen. Dabei war auch zu beachten, dass die Leistungserbringung als solche unstreitig war.
Hinweis
1. Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet gemäß § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG den ausgewiesenen Betrag. Das Gleiche gilt gemäß § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt. Nach der bis einschließlich 2003 geltenden Rechtslage ergab sich dies aus § 14 Abs. 3 UStG a.F.
2. Bei der Prüfung, ob eine Rechnung unrichtige Angaben enthält, die zu einem unzutreffenden Steuerausweis nach § 14c UStG führen, sind auch Bezugnahmen in der Rechnung auf andere Dokumente zu berücksichtigen. Kann der tatsächliche Inhalt einer Rechnung durch Bezugnahmen geklärt und die Gefahr eines unberechtigten Steuerausweises ausgeschlossen werden, entfällt die missbilligte Gefährdung des Steueraufkommens. Zudem ist zu berücksichtigen, dass sich die Steuerverwaltung nicht auf die Prüfung der Rechnung selbst beschränken darf, sondern auch die vom Steuerpflichtigen beigebrachten zusätzlichen Informationen zu berücksichtigen hat.
Verweist eine Gutschrift auf einen Vertrag, aus dem sich die Person des Leistenden ergibt, kann diese Bezugnahme der Annahme eines unberechtigten Steuerausweises aufgrund einer unzutreffenden Bezeichnung des Leistenden entgegenstehen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 16.3.2017 – V R 27/16