Ordnungswidrig handelt, wer als Steuerpflichtiger oder bei der Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen eine der in § 370 Abs. 1 AO bezeichneten Taten leichtfertig begeht. Der Unterschied in den tatbestandlichen Voraussetzungen zwischen § 370(Steuerhinterziehung) und § 378 besteht somit darin, dass § 370 Vorsatz, § 378 Leichtfertigkeit voraussetzt; § 370 ist ein Straftatbestand, § 378 ist ein Bußgeldtatbestand. Eine Verfahrensbeendigung gem. § 378 AO führt nicht zu den steuerlichen Folgen der §§ 235, 71 AO; die Festsetzungsfrist beträgt 5 Jahre.[1]

Im Vergleich zur leichten Fahrlässigkeit – die nur bußgeldrechtlich relevant ist – ist Leichtfertigkeit eine schwere Schuldform, die nicht ohne weiteres bejaht werden kann. Leichtfertigkeit bezeichnet einen erhöhten Grad von Fahrlässigkeit; sie entspricht in etwa grober Fahrlässigkeit; leichtfertig handelt, wer aus besonderem Leichtsinn oder besonderer Gleichgültigkeit handelt.[2]

Für die Abgrenzung zwischen Fahrlässigkeit und Leichtfertigkeit kommt es auf die Umstände des einzelnen Falls an, insbesondere die persönlichen Kenntnisse und Fähigkeiten des Täters. Dabei besteht die Gefahr, dass der Fachmann des Steuerrechts zu strenge, der Laie zu milde Maßstäbe anlegt.[3]

Anhaltspunkte ergeben sich aus einem Vergleich des konkreten Verhaltens des Täters mit dem Verhalten, das unter gleichen Umständen andere Steuerpflichtige mit etwa gleicher Vorbildung, Ausbildung, betriebswirtschaftlicher und steuerlicher Berufserfahrung an den Tag legen. Von besonderem Gewicht sind diejenigen Erfahrungen, die der Steuerpflichtige aus vorangegangenen Hinweisen und Belehrungen durch steuerliche Berater oder aus früheren Beanstandungen seiner Buchführung, Gewinnermittlungen oder seiner Steuererklärungen durch die Veranlagungsstelle oder Betriebsprüfer gewonnen hat. Ist eine fehlerhafte Verfahrensweise- etwa in einem besonderen Schreiben oder einem Betriebsprüfungsbericht -ausdrücklich beanstandet worden, ohne dass der Steuerpflichtige in der Folgezeit die gegebenen Hinweise beachtet hat, wird i. d. R. Leichtfertigkeit, vielleicht sogar bedingter Vorsatz vorliegen.[4]

 
Hinweis

Abgrenzung zwischen Fahrlässigkeit und Leichtfertigkeit

In der Praxis des Steuerstraf- und Bußgeldverfahrens ist allgemein festzustellen, dass Finanzbeamte der Prüfung der subjektiven Tatseite erheblich weniger Aufmerksamkeit schenken als dem objektiven Tatbestand. Auch können die o. a. Abgrenzungen etwas verschoben sein: leichtfertige Verhaltensweisen werden u. U. als bedingt vorsätzlich gewertet und über § 378 AO (leichtfertige Steuerverkürzung) können in der Praxis Fehler vorgeworfen werden, die eigentlich auf einfacher Fahrlässigkeit beruhen. Gelegentlich entsteht sogar der Eindruck, dass Vorsatz zunächst "unterstellt" wird, obgleich es vielleicht möglich oder sogar notwendig wäre, von Leichtfertigkeit oder einfacher Fahrlässigkeit auszugehen.

[2] Vgl. Joecks, in: Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 378, Rdnr. 33-42, 8. Aufl. 2015.
[3] Vgl. Joecks, in: Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 378, Rdnr. 43-48, 8. Aufl. 2015.
[4] Vgl. Joecks, in: Joecks/Jäger, Randt,  Steuerstrafrecht, § 378, Rdnr. 43-48, 8. Aufl. 2015.

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