Dipl.-Kfm. Christian Huck, Mona Knauf
Technologische Veränderungen haben in der Vergangenheit immer wieder zu radikalen Umbrüchen geführt, im Rahmen der Digitalisierung erreichen sie uns schwer vorhersehbar und in nie zuvor dagewesener Geschwindigkeit. Während die Leistungsfähigkeit von Computerchips ihr Wachstumsziel des Moore'schen Gesetzes voraussichtlich nicht mehr lange aufrechterhalten kann, helfen neue Technologien bei der Erreichung eines gleichbleibend hohen Wachstums der Rechenleistung auf Endanwendungen. Die Kapazität von Netzwerken weist eine enorme Wachstumsgeschwindigkeit auf: Eine Verdoppelung der Kapazität erfolgt ca. alle 9 Monate. Die den Nutzern zur Verfügung stehende Bandbreite benötigt hierfür nur unwesentlich länger als die Computerchips im Moore'schen Gesetz. Diese neuen Möglichkeiten einer kostengünstigeren und schnelleren Bereitstellung von Informationen auf Endgeräten lässt die Wachstumsrate der Rechenleistung eines Computers durch die Unterstützung leistungsstarker, per Netzwerk verbundener Recheneinheiten auf einem nahezu konstanten Niveau und erhöht die Relevanz von Cloud-Anwendungen. Folglich wird unsere physische Welt zunehmend von einem digitalen Zwilling ergänzt bzw. in vielen Bereichen bereits substituiert. Diese neuen technologischen Möglichkeiten führen dazu, dass über Jahrzehnte gewachsene Branchendefinitionen ergänzt werden müssen. Plattform-Anbieter und Ökosysteme greifen etablierte Unternehmen und ihre Geschäftsmodelle an."Digitalisierung führt in allen Branchen zum Aufbrechen von linearen Wertschöpfungsketten und einer Umgestaltung hin zu komplexen Wertschöpfungsnetzwerken. Wertschöpfung findet in Form von horizontal strukturierten Plattformen und Ökosystemen statt, in denen sich unterschiedliche Unternehmen ergänzen, aber nicht mehr sequenziell die Stufen einer Leistungserbringung darstellen."
Unternehmen des digitalen Zeitalters, wie z. B. Google, Facebook oder Twitter, haben immensen finanziellen Erfolg und zeichnen sich durch hohe Bewertungen an den Börsen aus. Zur selben Zeit konkurrieren digitale Start-ups um Kapital für weiteres Wachstum in Bezug auf Reichweite oder Umsatz – beiden gemeinsam ist die Plattform bzw. das Ökosystem als Geschäftsmodell:
- Plattformen benötigen kein physisches Anlagevermögen oder eine ausgedehnte Infrastruktur, um zu funktionieren.
- Der Verkauf eines Produkts ist oft zweitrangig. Nutzer und Kunde fallen oftmals auseinander.
- Lineare Wertschöpfungsmodelle haben ausgedient.
Durch die schnelle Skalierbarkeit digitaler Geschäftsmodelle wird ihnen oft ein enormes Wachstumspotential zugeschrieben. Die Anzahl der Nutzer kann schnell und ohne kostenintensive Anpassung der Infrastruktur gesteigert werden. Die Nutzer agieren auf der Plattform in unterschiedlichen Rollen – sei es als Verbraucher, Anbieter, Intermediär, Händler oder auch als Hersteller.
Die Nutzenstiftung der Plattformen wird über 4 grundlegende Modelle in Erlöse übersetzt:
- Erlöse mit Nutzern: Mitgliedschafts- und Abonnementgebühren
- Erlöse durch "Matchmaking": Erheben einer Vermittlungsprovision für das Zusammenführen von Käufer und Verkäufer
- Werbegenerierte Erlöse: Verkauf von Werbemöglichkeiten auf (ansonsten kostenfreien) Plattformen
- Erlöse aus dem Handel mit Daten oder datengestützten Anwendungen
Gegenüber den linearen Lieferketten traditioneller Geschäftsmodelle ergeben sich für Plattformen völlig andere Steuerungsanforderungen. Das stellt reife digitale Unternehmen und Unternehmen der "old economy", die sich an der digitalen Transformation oder zumindest Ergänzung ihrer Geschäftsmodelle versuchen, vor Herausforderungen auf fachlich-inhaltlicher sowie auf kultureller Ebene: Digitale Unternehmen fremdeln mit als inkompatibel mit der eigenen (Start-up-)Kultur wahrgenommenen Instrumenten finanzieller Steuerung. Traditionell aufgestellte Unternehmen tun sich unterdessen schwer mit der Steuerung des neuen, ungewohnten Geschäfts. Den Aspekt der Akzeptanz von Steuerungsinstrumenten möchten wir daher im Folgenden berücksichtigen.