Für die operative Steuerung der Seed-Phase werden zum einen Kenngrößen aus der Entwicklung und der agilen Projektsteuerung herangezogen, zum anderen plattformbezogene Metriken der Interaktion mit dem Nutzer bzw. dem Kunden. Mögliche Steuerungskennzahlen können Website-Klicks, Recommendation Rates oder Kunden-/Nutzerzufriedenheit sein. Besonders letztgenanntes ermöglicht während der Seed-Phase, relevante Akzeptanz am Markt zu erfassen und daraus Anpassungsbedarfe an der Plattform abzuleiten.

Die finanzielle Steuerung während der Seed-Phase priorisiert die Einhaltung und die Reichweite des Budgets. Hierzu werden Kennzahlen wie Runway (der Zeitraum, in dem bei aktuellem Ressourcenverbrauch die liquiden Mittel aufgebraucht sein werden) oder die Burn rate (monatlicher Mittelabfluss bezogen auf die Fixkosten) herangezogen.

Abb. 4: Phasenspezifische Kennzahlen der Seed-Phase

In der Growth-Phase wird Erfolg vor allem durch Wachstum abgebildet. Die Ursache der Umsatzentwicklung lässt sich im Nutzerverhalten erkennen, die vorgelagerten nicht-finanziellen Indikatoren zeigen dies auf. Zum einen helfen hier klassische Kennzahlen, wie die Anzahl der Kunden/Nutzer aufgeteilt nach Bestands- und Neukunde, zum anderen aber Kennzahlen, die die Bewegung der Kunden-/Nutzerbasis abbilden. Hierzu zählen z. B.

  • die Neukundenrate ("Acquisition rate"),
  • die Kundenbindungsrate ("Retention rate") oder
  • die Abwanderungsrate ("Churn rate").

Die Betrachtung finanzieller Größen, die Umsatz und Absatz sowie die Nutzung der Plattform greifbar machen, rückt in den Fokus. Hierzu werden in der Umsatzbetrachtung verschiedene Dimensionen analysiert. Umsatzzuwachs und -entwicklung gesamthaft, aber auch nach Märkten und Kundengruppen, sind in der Steuerung zu berücksichtigen. Die Unterscheidung in Neugeschäft und daraus generierten Umsätzen sowie wiederkehrenden, aus Bestandsgeschäft generierten Umsätzen ist essenziell, da die Kosten der Kundengewinnung bei Bestandskunden oder rückgewonnen Kunden signifikant geringer sind als bei Neukunden.[1] Neben Annual Recurring Revenues oder Neu-Umsätzen ist die zweite finanzielle Dimension in der Growth- Phase die Betrachtung der Kosten, die für die Etablierung einer Kundenbeziehung anfallen. Diese Customer Acquisition Costs rücken umso mehr in den Fokus, je mehr Kunden bereits erreicht sind. Steigende Customer Acquisition Costs bei steigenden Umsätzen zeigen an, dass Kundenschnittstelle, Erlösmodell oder auch das gesamte Plattformkonzept an Grenzen stoßen.

Abb. 5: Phasenspezifische KPIs der Growth-Phase

Das Ziel der Harvest-Phase ist es, die Kunden besser abzuschöpfen und zu durchdringen. Der Customer Lifetime Value ist eine weit verbreitete Kennzahl zur Steuerung ebenso wie der Share of Wallet (eigener Umsatzanteil bei einem bestimmten Kunden im Verhältnis zum Wettbewerb). Der Blick auf den Customer Lifetime Value erfordert, weiterhin die Retention Rate im Fokus zu behalten. Zu einem ganzheitlichen Steuerungskonzept gehören in diesem reifen Stadium der Unternehmung auch Betrachtungen von Kostenstrukturen und -effizienz. Hier schlagen die Eigenheiten des Geschäftsmodells nun voll durch: Die Kostenseite verhält sich recht konstant und ist nur lose über sprungfixe Zusammenhänge mit der Nutzer- oder Umsatzseite verknüpft. Die Plattform wird betrieben, auch wenn kein Nutzer sie in Anspruch nimmt – das gilt im Übrigen analog auch für Kommunikations- und Versorgernetze ebenso wie für öffentliche Transport-Infrastruktur. Wenn morgen keine einzige Google-Suche durchgeführt wird, dürfte Google nicht viele Kosten einsparen. Diese Herausforderung muss in der operativen Steuerung Berücksichtigung finden – bei Kennzahlen ebenso wie bei Ergebnisrechnung und Planung.

Abb. 6: Phasenspezifische KPIs der Harvest-Phase

[1] Sterne, 2002, S. 283 f.

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