BMF, Schreiben v. 23.12.2002, IV B 2 - S 7420 - 415/02, BStBl I 2002, 1447
§ 27b UStG ist durch Art. 1 Nr. 9 des Gesetzes zur Bekämpfung von Steuerverkürzungen bei der Umsatzsteuer und zur Änderung anderer Steuergesetze (Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz – StVBG –) vom 19.12.2001 (BGBl 2001l S. 3922; BStBl 2002l S. 32) neu in das UStG eingefügt worden. Diese Änderung ist am 1.1.2002 in Kraft getreten (Art. 9 Abs. 2 StVBG).
Mit der Umsatzbesteuerung betraute Amtsträger der Finanzbehörden können ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung Grundstücke und Räume von Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausüben, während der Geschäfts- und Arbeitszeiten betreten, um Sachverhalte festzustellen, die für die Festsetzung und Erhebung der Umsatzsteuer erheblich sein können § 27b Abs. 1 Satz 1 UStG). Wohnräume dürfen gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten werden § 27b Abs. 1 Satz 2 UStG).
Die von der Umsatzsteuer-Nachschau betroffenen Personen haben im Rahmen ihrer Mitwirkungspflichten auf Verlangen Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden über die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte vorzulegen und Auskünfte zu erteilen, soweit dies zur Feststellung einer steuerlichen Erheblichkeit zweckdienlich ist § 27b Abs. 2 UStG).
Soweit die bei der Umsatzsteuer-Nachschau getroffenen Feststellungen dazu Anlass geben, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung § 196 AO) zu einer Außenprüfung nach § 193 AO übergegangen werden § 27b Abs. 3 Satz 1 UStG). Auf den Übergang zur Außenprüfung sind die betroffenen Personen schriftlich hinzuweisen § 27b Abs. 3 Satz 2 UStG).
Feststellungen, die während einer Umsatzsteuer-Nachschau getroffen werden und die für die Festsetzung und Erhebung anderer Steuern des Betroffenen oder anderer Personen erheblich sein können, können ausgewertet werden § 27b Abs. 4 UStG).
Unter Bezugnahme auf die Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes:
1. Allgemeines
Die Umsatzsteuer-Nachschau ist keine Außenprüfung i.S. vom § 193 AO. Sie ist ein besonderes Verfahren zur zeitnahen Aufklärung möglicher steuererheblicher Sachverhalte. Deshalb gelten die Vorschriften für eine Außenprüfung § 193 ff. AO) nicht. Die Umsatzsteuer-Nachschau wird nicht angekündigt.
2. Anlass für eine Umsatzsteuer-Nachschau
Eine Umsatzsteuer-Nachschau kann insbesondere in folgenden Fällen angezeigt sein:
- Existenzprüfungen bei neugegründeten Unternehmen
- Entscheidungen im Zustimmungsverfahren nach § 168 Satz 2 AO
- Erledigung von Auskunftsersuchen zum Vorsteuerabzug anderer Finanzämter (USt 1 KM)
- Erledigung von Amtshilfeersuchen anderer EU-Mitgliedstaaten.
Mit dem Instrument der Umsatzsteuer-Nachschau sollen umsatzsteuerrechtlich erhebliche Sachverhalte festgestellt werden. Solche Sachverhalte sind zum Beispiel:
- Unternehmerexistenz
- Vorhandensein von Anlage- und Umlaufvermögen
- Einzelne Eingangs- oder Ausgangsrechnungen
- Einzelne Buchungsvorgänge
- Verwendungsverh ältnisse.
3. Mit der Umsatzsteuer-Nachschau betraute Amtsträger
Gemäß § 27b Abs. 1 Satz 1 UStG sind alle mit der Festsetzung und Erhebung der Umsatzsteuer betrauten Amtsträger befugt, Umsatzsteuer-Nachschauen durchzuführen.
4. Durchführung der Umsatzsteuer-Nachschau
Sobald der Amtsträger
- der Öffentlichkeit nicht zugängliche Geschäftsräume betreten will,
- den Steuerpflichtigen auffordert, Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere umsatzsteuerrelevante Urkunden vorzulegen oder
- den Steuerpflichtigen auffordert, Auskunft zu erteilen,
hat er sich auszuweisen.
Im Rahmen der Umsatzsteuer-Nachschau dürfen grundsätzlich nur Grundstücke und Räume betreten werden, die gewerblich oder beruflich selbstständig genutzt werden; unschädlich ist, wenn sie auch zu Wohnzwecken genutzt werden. Das Betreten muss dazu dienen, Sachverhalte festzustellen, die für die Umsatzbesteuerung erheblich sein können. Ein Durchsuchungsrecht gewährt die Umsatzsteuer-Nachschau nicht. Das bloße Betreten oder Besichtigen von Grundstücken und Räumen ist noch keine Durchsuchung.
Ein Betreten der Grundstücke und Räume ist während der Geschäfts- und Arbeitszeiten zulässig. Die Nachschau kann auch außerhalb der Geschäftszeiten vorgenommen werden, wenn im Unternehmen schon oder noch gearbeitet wird.
Der Unternehmer hat auf Verlangen dem Amtsträger Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden vorzulegen und Auskünfte zu erteilen.
Kommt der Unternehmer seinen Mitwirkungspflichten im Rahmen der Umsatzsteuer-Nachschau nicht nach, liegt es im Ermessen des Amtsträgers, zu einer Außenprüfung nach § 193 AO überzugehen (vgl. Tz. 7.).
Da die Umsatzsteuer-Nachschau keine Außenprüfung i.S.d. § 193 ff. AO darstellt, finden insbesondere § 146 Abs. 6, §§ 147, 201, 202 AO keine Anwendung. Ein Prüfungsbericht ist nicht zu fertigen. Sollen auf Grund der Umsatzsteuer-Nachschau Besteuerungsgrundlagen geändert werden, ist dem Steuerpflichtigen rechtliches Gehör zu ...