Leitsatz
Für die Berechnung der Dauer der Steuerbefreiung für besonders schadstoffreduzierte Pkws kommt es nicht darauf an, ob das Fahrzeug ununterbrochen angemeldet war oder aber vorübergehend stillgelegt worden ist.
Normenkette
§ 3b Abs. 1 Satz 7 Halbsatz 2 KraftStG (J 2000)
Sachverhalt
Ein Kraftfahrzeughalter hatte ein Kfz (einen sog. Euro-3-Pkw) erworben, dessen vorheriger Halter den Wagen mehrfach für einige (Winter-)Monate stillgelegt hatte. Bei der Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer, die für solche Fahrzeuge bis zum Erreichen eines bestimmten Gesamtbetrags nicht erhoben wird, behandelte das FA die Sache so, als ob das Fahrzeug vom Tag der Erstzulassung an ununterbrochen zugelassen gewesen wäre. Der Steuerpflichtige hingegen begehrte, die Steuerbefreiung um die Zeiten der vorübergehenden Stilllegung des Fahrzeugs zu verlängern.
Entscheidung
Der BFH hat das klageabweisende Urteil des FG bestätigt. Die Entstehungsgeschichte des Gesetzes, vor allem aber auch die Motive seien eindeutig: Durch die zeitweise Stilllegung kann der vom Gesetzgeber ins Auge gefasste Steuerbefreiungs-Zeitraum nicht verlängert werden.
Hinweis
§ 3b KraftStG gewährt für Fahrzeuge, die besondere Abgasnormen erfüllen, eine befristete Steuerbefreiung. Eine ähnliche Steuerbefreiungsvorschrift gab es in § 3e, § 3f KraftStG schon früher (siehe KraftStG in der bis zum In-Kraft-Treten des Kraftfahrzeugsteueränderungsgesetz 1997 geltenden Fassung). Die alten Vorschriften unterschieden sich rechtstechnisch von der heute geltenden Regelung allerdings grundlegend. Denn die Steuerbefreiung wurde früher für einen genau festgelegten Zeitraum gewährt; der Gerechtigkeit halber (d.h. um nicht die Erwerber hubraumstarker Fahrzeuge übermäßig steuerlich zu begünstigen) mussten die Zeiträume im Gesetz je nach Hubraum des Fahrzeugs (= Höhe der zeitraumbezogen anfallenden Steuer) gestaffelt werden.
Es war dabei früher geregelt, dass der Zeitraum der Steuerbefreiung unabhängig von einer vorübergehenden Stilllegung des Fahrzeugs ende.
Heute wird die Steuerbefreiung bis zum Erreichen eines bestimmten Betrags der Steuerersparnis gewährt. Es stellt sich damit die Frage, ob es bei der Ermittlung dieses Betrags darauf ankommt, ob der Steuerpflichtige (bzw. ein Vorbesitzer des Fahrzeugs) tatsächlich Steuer in dieser Höhe erspart hat oder ob – wie früher – Zeiten der Stilllegung seines Fahrzeugs (in denen ja keine Steuerpflicht bestand und folglich infolge der Steuerbefreiungsvorschrift auch nichts gespart wurde) mitzählen, d.h. den betreffenden Höchstbetrag aufzehren.
§ 3b Abs. 1 Satz 7 KraftStG sagt dazu: Die Dauer einer vorübergehenden Stilllegung soll bei der Berechnung der Steuerbefreiungs-Beträge "berücksichtigt" werden. Das ist nicht ganz klar; man weiß nicht, ob die Zeiten berücksichtigt (= mitgezählt) werden sollen oder ob berücksichtigt werden soll, dass es Zeiten der Stilllegung gegeben hat, und zwar in der Weise, dass diese Zeiten nicht mitgezählt werden.
Der BFH handhabt die Vorschrift im Hinblick auf Stilllegungszeiten so, wie es unter der Geltung der früheren Befreiungsvorschriften rechtens war; er setzt also die fiktiven Steuerbeträge, die auf Stilllegungszeiten entfallen, mit an. Er begründet das überzeugend damit, dass das KraftStGÄndG 1997 keine grundlegende Änderung des Systems der Steuerbefreiung beabsichtigt habe. Die Steuerbefreiung werde vielmehr nach wie vor zeitraumbezogen gewährt. Nur sind die Befreiungszeiträume nicht mehr nach Hubraum gestaffelt, sondern durch einen Steuerbetrag definiert. Es geht dem Gesetz also (auch jetzt) nicht darum, eine bestimmte Zeit lang den steuerfreien Betrieb des Fahrzeugs zu ermöglichen, sondern es vom Tag der Erstzulassung an eine bestimmte Zeit lang unbesteuert zu lassen.
Das kann, z.B. im Fall sog. Tageszulassungen, zur Folge haben, dass die Steuerbefreiung schon aufgebraucht ist, bevor das Fahrzeug überhaupt gefahren ist (und damit seine umweltschonenden Eigenschaften entfaltet hat)!
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 12.6.2001, VII R 74/00