Viele Abweichungsaufspaltungen basieren auf definitorischen Zusammenhängen und beinhalten damit kein empirisches Wissen. Letztlich stellt Umsatz nichts anderes als eine Kennzahl aus Absatzmenge multipliziert mit dem Preis dar. Damit ist die Aufspaltung nach Mengen- und Preisabweichung eine rein formale, mathematische Vorgehensweise.[1]

Das gleiche gilt in Bezug auf den Deckungsbeitrag, der von den Umsatzerlösen die direkten Kosten abzieht. Vorteilhaft sind diese Vereinfachungen vor allem aus dem Grund, dass sie komplexe Sachverhalte begreifbar machen.

Allerdings sind bei der Analyse neben den definitorischen Beziehungen auch weitere Einflüsse zu betrachten. Diese sind kausaler Natur und spiegeln empirische Zusammenhänge wider. Eine grundlegende Eigenschaft der Einflüsse ist es, dass ihre Beziehungen hinsichtlich Existenz und Stärke nicht sicher sind. Selbst scheinbar sichere Zusammenhänge wie Produktionsfunktionen weisen Schwankungen der Input-Output-Relationen auf. Sobald Entscheidungsverhalten einbezogen und meistens auch aggregiert werden, steigt die Unsicherheit nochmals deutlich an. So wird häufig der Absatz durch den Preis beeinflusst, was auf das Verhalten der Kunden bzw. Käufer zurückzuführen ist. Diese Zusammenhänge werden bei der Abweichungsspaltung häufig gar nicht oder nur sehr stark vereinfacht berücksichtigt. Gerade hier sind allerdings Erkenntnisse in Bezug auf Abweichungsursachen zu erwarten.

[1] Die Verbrauchsabweichungen stellt dahingehend eine Besonderheit dar, allerdings werden nur einfache Ionen verwendet und zudem die inhärente Unsicherheit vernachlässigt.

2.1 Wirkungen auf Abweichungen differenziert analysieren

Werden auch solche kausalen Effekte berücksichtigt, ist die konventionelle Abweichung anders zu bewerten. Eine Umsatzabweichung setzt sich aus mehr Komponenten als die klassische Aufteilung nach Mengen- und Preisabweichung (und. ggf. der Mixabweichung)[1] zusammen. So wären Rabatt-, Währungskursabweichungen und der Einfluss auf den Absatz ausweisbar, insofern die Wirkungsbeziehungen nachvollziehbar sind. Eine Reduktion der Abweichungsursache auf rein definitorische Komponenten kann gefährlich sein, da andere Einflüsse vollständig ausgeblendet werden. Die realen Gegebenheiten sind deutlich diffiziler, sodass eine Fehlverwendung der Abweichungsanalyse nicht auszuschließen ist und dem Berichtsempfänger somit u. U. die Gesamtwirkung einer Treiberveränderung vorenthalten wird.

 
Praxis-Beispiel

Wirkung einer Preiserhöhung auf den Absatz

Setzt man eine Preiserhöhung an, wirkt die Preisabweichung auf die gesamte Menge. Wie stark der Absatz allerdings beeinflusst wird, kann in der klassischen Abweichungsanalyse nicht ermittelt werden. Die Mengenabweichung muss in eine preisbeeinflusste und eine sonstige Mengenabweichung aufgespalten werden. Erst dadurch lässt sich die Preiswirkung akkurat ermitteln.

Dieser einfache Zusammenhang soll die Grundproblematik aufzeigen. Die Realität ist weitaus komplexer. So gibt es z. B. mehr Einflussgrößen, die im Rahmen einer treiberorientierten Kontrollrechnung zu betrachten sind:

  • Rabatt-, Skonti und Boni-Einflüsse
  • Einfluss von Wettbewerbsmaßnahmen
  • Konjunkturkennzahlen
  • Konjunkturerwartungen
  • Marketing- und Vertriebsmaßnahmen

Zusätzliche Einflüsse werden meist nur in Einzelanalysen betrachtet. Interessant wäre allerdings der Einbezug von weiteren Effekten in einer standardisierten Analyse. Hier besteht jedoch die Schwierigkeit, dass nicht alle Effekte vollständig bekannt sind. Zudem muss angenommen werden, dass viele der Einflussfaktoren trotz verbesserter Datenversorgung weiterhin nur vage Vermutungen bleiben. Trotz allem kann auch unsicheres Wissen bei der Analyse und der Entwicklung von Maßnahmen hilfreich sein.

[1] Teilweise wird die Mixabweichung auch pauschal den beiden Abweichungen zugerechnet.

2.2 Weitere Abhängigkeiten mit Big Data einbeziehen

In Zeiten von Big Data und Predictive Analytics besteht die Möglichkeit, mehr Abhängigkeiten zu quantifizieren, als dies bisher möglich war. Die Beachtung von Unsicherheiten ist unvermeidlich. Während eine Mengenabweichung eine, abgesehen von einer möglicherweise subjektiven Bewertung, objektive Größe darstellt, gilt dies nicht für sämtliche Einflüsse auf die Menge. Dementsprechend lassen sich Anpassungen deutlich schwerer begründen und eindeutige Maßnahmen kaum ableiten.

Diese Problematik entledigt den Controller nicht von der Verantwortung der Rationalitätssicherung: Die Qualität der Abweichungsursachen muss sorgsam eingeschätzt werden. Statistisch nicht akzeptable Abhängigkeiten gehören nicht in die Analyse.

Ein kritischer Punkt ist die Aggregation von Zusammenhängen unterschiedlicher Qualität. Es ist ein großer Unterschied, ob Zusammenhänge analytisch, wie am Beispiel der Produktion, ermittelt werden oder sich auf statistisch schwach signifikante Abhängigkeiten, wie z. B. auf die Preis-Absatz-Funktion, beziehen. Anhand der finalen Werte sind Qualitätsunterschiede nicht mehr erkennbar. Ähnlich wie die gemischte Abweichung bei der multiplikativen Verknüpfung von Menge und Preis lassen sich die Abweichungen i. d. R. nicht eind...

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