Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
4.1 Sachverhalt
Einzelunternehmer H betreibt in Hannover eine gutgehende Hausverwaltung. Er hat sich darauf spezialisiert, Eigentümern von Mietwohnhäusern eine umfassende Betreuung der Miethäuser anzubieten. Dazu gehört die Hausverwaltung sowie die Übernahme von Hausmeisterdiensten und Gebäudereinigungsleistungen. Außerdem bietet er seit 2021 auch den Winterdienst gegenüber seinen Kunden im eigenen Namen an, beauftragt mit der Durchführung der Arbeiten aber den Subunternehmer W.
Da H nur über einen kleinen Mitarbeiterstamm verfügt, beauftragt er auch für die Gebäudereinigungsleistungen Subunternehmer mit der Ausführung der Arbeiten. Die Gebäudereinigungsleistungen haben seit Jahren einen Anteil von 15 % seiner Umsätze, weshalb ihm das Finanzamt im Herbst 2020 eine Bescheinigung USt 1 TG ausgestellt hat.
Im Oktober 2021 liegen H folgende Rechnungen von Subunternehmern vor:
- Rechnung des Gebäudereinigers G über die Aufgangsreinigung sowie die Fensterreinigung in verschiedenen, von H verwalteten Gebäuden über 15.000 EUR zzgl. 2.850 EUR USt. Die Rechnung wird von H im November 2021 in voller Höhe bezahlt. H berechnet seinen Kunden diese Leistungen mit einem angemessenen Aufschlag im eigenen Namen weiter.
- Vorausrechnung des Winterdienstes W über die Schneebeseitigung 2021/2022 bei 10 von H verwalteten Gebäuden über 10.000 EUR zzgl. 1.900 EUR USt. H zahlt den angeforderten Betrag ebenfalls im November 2021.
- Rechnung des selbstständigen Hausreinigers R, der in einem von H verwalteten kleinen Mietwohnhaus die Gebäudereinigung übernimmt. R rechnet gegenüber H für die Gebäudereinigung im September 2021 mit 500 EUR ab, weist aber in seiner Rechnung darauf hin, dass er Kleinunternehmer ist.
4.2 Fragestellung
H möchte wissen, welche umsatzsteuerrechtlichen Folgen sich für ihn aus den genannten Sachverhalten ergeben.
4.3 Lösung
H ist Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG, da er Leistungen selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht ausführt. Mit den gegenüber seinen Kunden ausgeführten Leistungen wird er auch im Rahmen seines Unternehmens tätig.
H führt gegenüber seinen Kunden Leistungen aus, die als Gebäudereinigungsleistungen i. S. d. § 13b Abs. 2 Nr. 8 UStG anzusehen sind. Nach § 13b Abs. 5 Satz 5 UStG wird H damit für die ihm gegenüber ausgeführten Gebäudereinigungsleistungen zum Steuerschuldner, wenn er selbst als Gebäudereiniger anzusehen ist. Dies gilt auch, soweit er die bezogenen Leistungen selbst nicht unmittelbar für Gebäudereinigungsleistungen verwendet.
Vergleichbare Anwendungsregelungen wie bei Bauleistungen
Entsprechend der Regelungen bei der Ausführung von Bauleistungen ist der Leistungsempfänger als Gebäudereiniger i. S. d. § 13b UStG anzusehen, wenn er mindestens 10 % seiner weltweit ausgeführten Umsätze im Bereich Gebäudereinigung erbracht hat. Dies wird in der Praxis ebenfalls mit dem Formular USt 1 TG nachgewiesen.
Die Leistung des G ist eine sonstige Leistung, die an den einzelnen Grundstücken ausgeführt ist – hier in Hannover (Inland). Die Leistungen sind damit nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar und unterliegen keiner Steuerbefreiung. Da eine Gebäudereinigungsleistung ausgeführt wird und der Leistungsempfänger als Gebäudereiniger anzusehen ist, wird H zum Steuerschuldner. Zwar hätte G in seiner Rechnung keine Umsatzsteuer gesondert ausweisen dürfen, dies ändert aber nichts an der Übertragung der Steuerschuldnerschaft auf H.
Fraglich ist die Bemessungsgrundlage. G weist in seiner Rechnung einen Nettobetrag von 15.000 EUR und eine nach § 14c Abs. 1 UStG unrichtig ausgewiesene USt von 2.850 EUR aus. Da H nach den Sachverhaltsangaben auch 17.850 EUR an G ausbezahlt, könnte dieser Betrag als Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 1 UStG angesehen werden. Systematisch zutreffender ist es aber, den in der Rechnung ausgewiesenen Nettobetrag als Bemessungsgrundlage heranzuziehen, sodass H auf 15.000 EUR eine USt von 2.850 EUR schuldet. Da die Rechnung im Oktober 2021 ausgestellt worden ist, schuldet H in diesem VAZ gegenüber seinem Finanzamt 2.850 EUR.
Da die Leistung von H für den Vorsteuerabzug nicht ausschließende Ausgangsumsätze verwendet wird, kann die im Reverse-Charge-Verfahren entstandene USt von 2.850 EUR ebenfalls im Oktober 2021 als Vorsteuer abgezogen werden.
Kein Vorsteuerabzug unrichtig ausgewiesener Umsatzsteuer
Die in der Rechnung des G gesondert ausgewiesene USt von 2.850 EUR schuldet G als unrichtig ausgewiesene Steuer nach § 14c Abs. 1 UStG. H kann diese USt aber nicht als Vorsteuer abziehen, obwohl er diesen Steuerbetrag an den leistenden Unternehmer gezahlt hat – er ist damit wirtschaftlich mit 17.850 EUR belastet. Es ist deshalb insbesondere für ihn von wirtschaftlicher Bedeutung, gegenüber seinen Subunternehmern seine Stellung als "Gebäudereiniger" deutlich zu machen und die Eingangsrechnungen auf zutreffende Ausstellung zu überprüfen. Der Nachweis muss durch das von der Finanzverwaltung auszustellende Formular USt 1 TG erfolgen.
Verwendet der Leistungsempfänger gegenüber dem leistenden Unternehmer bei einer ...