Im Zentrum der Analysen soll immer der Kunde stehen. Um die Bedürfnisse der Kunden spezifisch erfassen zu können, müssen die Kunden segmentiert werden. Typische Segmentierungen sind Alter, Geschlecht, Region, Privat-/Firmenkunden, Einkommensklasse, Vertriebsweg etc. Die wichtigste Segmentierung ist jedoch die nach den unterschiedlichen Bedürfnissen. Im nächsten Schritt gilt es herauszufinden, welche Zielgruppen für das eigene Unternehmen die attraktivsten sind. Die folgenden Fragestellungen sollen Ihnen die Analysen erleichtern, müssen allerdings an das jeweilige Unternehmen angepasst werden.
2.1 Mögliche Aufgaben/Themen und Fragen für die Markt- und Kundenanalyse
Die Kunden zu kennen ist die oberste Maxime
- Wer sind die Kunden des Unternehmens?
- Welches sind die grundlegenden Bedürfnisse der Kunden?
- Wohin könnten sich die Bedürfnisse der Kunden entwickeln?
- Welche Trends sind zu erkennen?
- Welche Kunden sind gewollt?
- Welche Kunden sind ungewollt?
- Wer sollen die zukünftigen Kunden sein?
Darstellung und Entwicklung der Markt- bzw. Kundensegmente
- Wie können die Kunden bzw. Märkte abgegrenzt werden?
- Ist eine Segmentierung nach Kundenbedürfnissen möglich?
- Wie groß sind die jeweiligen Segmente?
- Wie groß ist der eigene (Markt-)Anteil?
- Wie ist die Entwicklung dieser Segmente (wachsend, stagnierend, rückläufig)?
- Welche sind die wichtigsten Segmente, Märkte bzw. Kunden (Paretoprinzip: 20 % der Kunden bringen oft 80 % des Ergebnisses)?
- Welche zukünftigen Märkte bzw. Dienstleistungssegmente könnten von Bedeutung sein?
- Wie groß könnten die wichtigsten Märkte werden?
- Inwieweit sind die Kunden priorisiert nach bestimmten Kriterien in A, B und C – Kunden?
Was sind die wichtigen Erfolgskriterien der Produkte/Dienstleistungen aus Kundensicht?
- Welchen grundsätzlichen Kundennutzen schafft das Unternehmen, das Produkt, die Dienstleistung pro wichtiger Kundengruppe bzw. pro relevanten Markt?
- Was ist der Wettbewerbsvorteil, das Differenzierungsmerkmal?
In welcher Form können die Kunden am besten bedient werden?
- Über welche Vertriebswege (direkt, stationär, über Händler, online, Distributor, …) werden die Kunden bedient bzw. könnten die Kunden bedient werden?
- Wie gut sind die Kundenbeziehungen?
- Wo gibt es Verbesserungspotenziale?
- Wie werden und wie können die Kunden entsprechend ihrer Priorisierung bedient werden?
- Mit welchen Instrumenten/Ressourcen wird Kundenbindung betrieben?
- Wird die Zufriedenheit der Kunden gezielt gemanagt?
- Werden Kunden gefragt bzw. interviewt?
- Wird gründlich analysiert warum Kunden verloren gehen?
- Welche organisatorische Ausrichtung ist zur Bedienung der Kunden am besten geeignet (nach Produkten, Regionen, Absatzkanälen oder Kunden)?
Direkte Befragung der Kunden ist essentiell
Um die Bedürfnisse der Zielgruppen möglichst gut kennen zu lernen, ist es anzuraten, die Kunden in den Analyseprozess einzubinden. Dies kann z. B. in Form von persönlichen Interviews geschehen, mit Hilfe von Fragebögen, einer Online-Befragung oder auch durch Analysen der Voraussetzungen und Prozesse direkt beim Kunden ("Customer Process Monitoring"). Eine inzwischen altbewährte Methode ist Target Costing. Dabei wird schon bei der Entwicklung des Produkts in die Erfüllung der wichtigsten Kriterien aus Kundensicht auch die größte Anstrengung und zumeist auch das meiste Geld gesteckt. Target Costing setzt allerdings voraus, dass man die Bedürfnisse der Zielgruppe bereits sehr gut kennt.
Begeisterte Kunden als "Markenbotschafter"
Die Methode "Customer Experience Management (CEM)" sammelt positive Kundenerfahrungen mit den Produkten bzw. Dienstleistungen, um eine emotionale Bindung zwischen Anwender und Produkt herzustellen. Vorrangiges Ziel von CEM ist es, aus zufriedenen Kunden loyale und begeisterte Kunden zu machen und somit "begeisterte Botschafter" der Marke oder des Produkts zu erzeugen. Die gewonnenen Erkenntnisse fließen dann systematisch in die Entwicklung bzw. Anpassung der Produkte/Dienstleistungen. Neben der objektiven Qualität eines Produktes wird somit die vom Kunden subjektiv wahrgenommene Qualität und Leistung des Produktes mit einbezogen.
Durch die Digitalisierung und Weiterentwicklung von Analysemethoden (Business Analytics) können heute die Erfahrungen der Kunden zum Teil hoch automatisiert und systematisch eingebunden werden.
2.2 Big Data und Design Thinking zur Entwicklung bedürfnisgerechter Produkte
Design Thinking ist eine heute bei Start-ups sehr beliebte Vorgehensweise, die systematisch bereits bei der Entwicklung die Erfahrungen der Kunden einfließen lässt. Durch Testung von Prototypen an den Kunden bzw. an Personas (Personas sind Nutzermodelle, die Personen einer Zielgruppe in ihren Merkmalen charakterisieren) werden Erkenntnisse gesammelt und am Produkt iterativ Verbesserungen vorgenommen (s. Abb. 3). Die Idee dahinter ist, dass man nicht schon zu Beginn sehr hohe Investitionen tätigen will, ohne noch die Reaktion der Kunden zu kennen, ohne noch die wahren Bedürfnisse der Kunden verstanden zu haben.
Abb. 3: Der Design-Thinking-Prozess
Zu Beginn einer Produktentwicklung beschränkt man sich am besten auf das "Minimum Viable Product (MVP)", was auf Deutsch so viel bedeut...