Ein häufig zu beobachtender Fehler ist, dass die strategische Planung aus der Innensicht des Unternehmens heraus angegangen wird und evtl. aus der Not heraus eine Veränderung vorgenommen werden muss. Diese Sichtweise schränkt ein. Das "Strategische Dreieck" von Ohmae (1982) zeigt die nötigen Analysegebiete (s. Abb. 5). Dazu gehört auch die Analyse des Unternehmens (also die Innensicht) mit seinen Stärken und Schwächen. Im Zentrum der Betrachtung sollte aber immer der Kunde bzw. der Markt mit den Bedürfnissen stehen.
4.1 Bedürfnisse der Kunden bilden die Grundlage
Produkte auf Bedürfnisse abstimmen
Es muss verstanden werden, was das Bedürfnis der Kunden ist, wie sich das Bedürfnis der Zielgruppen verändert, wohin es sich entwickelt, Trends sollen frühzeitig erkannt oder vielleicht sogar selbst gesetzt werden. Um Bedürfnisse spezifisch ermitteln zu können, ist eine Gliederung in Zielsegmente vorzunehmen. Z. B. wäre eine Gesichtspflege für alle sehr unspezifisch. Unterteilt man die Zielkundschaft aber nach Frauen und Männer, verschiedene Altersklassen, Problemhaut und normale Haut, Kaufkraft und erkennt rechtzeitig, dass der Trend nach Naturkosmetik kontinuierlich mineralölbasierte Kosmetik verdrängt, dann können die Produkte, das Marketing und der Vertrieb den Bedürfnissen entsprechend sehr viel spezifischer gestaltet werden. Um die attraktiven Zielgruppen auswählen zu können, sind die Größe, das Wachstum, das Renditepotenzial etc. zu ermitteln. Die Einflüsse eines sich verändernden Markts bzw. eines Zielsegments sollten rechtzeitig erkannt und berücksichtigt werden. Herauszufinden ist, welche Möglichkeiten, welche Chancen die betrachteten Segmente bieten.
4.2 Wettbewerbs- und Umfeldanalyse
Was kann man vom Wettbewerber lernen?
Der 2. Blick gilt den Marktbegleitern, den Wettbewerbern, der Konkurrenz. Wie gut sind diese bei der Befriedigung der Bedürfnisse der Kunden, wie schätzen wir deren Fähigkeiten und Möglichkeiten ein und wie werden sich diese wohl entwickeln? Welche neuen Wettbewerber könnten in den Markt eindringen, können diese gefährlich werden? Welche Stärken haben sie und auch welche Schwächen? Was können wir von ihnen lernen? Bei der Bedienung welcher Zielgruppen haben wir Vorteile gegenüber den Wettbewerbern? Bei der Strategiefindung sollen natürlich jene Strategien ausgewählt werden, bei denen das eigene Unternehmen im Vergleich zu den relevanten Wettbewerbern einen sog. Wettbewerbsvorteil hat oder haben kann.
PESTEL beschreibt die Umfeldanalyse
Das aus den 1980er-Jahren stammende klassische Strategische Dreieck von Ohmae wurde in Abb. 5 um heute wichtige Umfeldanalysen ergänzt. Die zu betrachtenden Felder können mit dem Merkwort PEST(EL) beschrieben werden. P steht dabei für die politischen Einflüsse und die daraus resultierenden Sicherheiten bzw. Unsicherheiten.
Abb. 5: Das Strategische Dreieck von Ohmae, ergänzt um die Umfeldanalyse PEST(EL), zeigt die zur Findung der passenden Strategie nötigen Analysefelder
Einfluss der Öffentlichkeit ist mit Facebook gewachsen
Das E steht für Economic und soll den Einfluss der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung berücksichtigen. Der Angriffskrieg von Russland gegen die Ukraine beherrscht die Wirtschaft Europas und stellt vollkommen veränderte Bedingungen für die Wirtschaftswelt dar. Immer noch stecken wir in den Auswirkungen der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Probleme wie z. B. dem Rohstoffmangel, der unzuverlässigen Logistik und der Rohstoffpreisanstiege. Auch ist unklar wie sich der Konflikt zwischen China und Taiwan in den kommenden Jahren weiterentwickeln wird und welchen Einfluss das auf Europas Wirtschaft haben wird. Soweit braucht der Blick aber nicht zu schweifen, der Regierungswechsel in Deutschland Ende 2021 von der großen Koalition zu einer Ampelkoalition zwischen SPD, Grünen und der FDP bringt gravierende Einflüsse auf die Umwelt- und Wirtschaftspolitik mit sich. All diese von außerhalb des Unternehmens vorgegebenen und sich rasch verändernden Randbedingungen bei der Strategieentwicklung nicht zu berücksichtigen, wäre grob fahrlässig.
Der Einfluss der Gesellschaft bzw. der Öffentlichkeit wird mit dem S (Social) berücksichtigt. Das Interesse der Bürger an fairem Unternehmertum hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen, Compliance ist durch Anlässe wie dem Dieselskandal bei VW oder etliche Skandale bei der Deutschen Bank oder bei Siemens zu einem relevanten Thema geworden. Durch soziale Medien wie Twitter, Facebook, Instagram, TikTok oder LinkedIn oder durch Kundenbewertungen bei Online-Händlern wie Amazon, durch Organisationen wie dem Konsumentenschutz etc. haben sich die Einflussmöglichkeiten dieser Stakeholder-Gruppe enorm erhöht.
Digitalisierung verursacht disruptive Veränderungen
Der Einfluss von technologischen Entwicklungen (T) wird in den Unternehmen am ehesten bedacht und trotzdem immer noch sehr unterschätzt. Gerade durch die Digitalisierung erleben wir im Moment häufig sog. disruptive Veränderungen. Dabei werden existierende traditionelle Geschäftsmodelle, Produkte, Technologien oder Dienstleistungen a...