OFD Karlsruhe, Verfügung v. 13.8.2019, S 7104 - Karte 1
1. Unternehmereigenschaft
Wird der erzeugte Strom ganz oder teilweise, regelmäßig und nicht nur gelegentlich in das allgemeine Stromnetz eingespeist, liegt auch bei sonst nicht unternehmerisch tätigen Personen eine nachhaltige Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 1 UStG vor (Abschn. 2.5 Abs. 1 UStAE). Wird regelmäßig Strom eingespeist, kommt es für die Unternehmereigenschaft nicht auf die Höhe der erzielten Umsätze an (BFH-Urteil vom 18.12.2008, V R 80/07, BStBl 2011 II S. 292).
Eine unternehmerische Tätigkeit liegt auch dann vor, wenn lediglich eine sog. kaufmännisch-bilanzielle Einspeisung (§ 4 Abs. 5 EEG) erfolgt und der erzeugte Strom vom Anlagenbetreiber intern verbraucht wird (Abschn. 2.5 Abs. 2 UStAE). Wird nur gelegentlich Strom eingespeist, liegt keine unternehmerische Tätigkeit vor.
2. Ausgangsumsätze
2.1 Umsätze an Dritte
Die entgeltliche Lieferung von Strom an den Netzbetreiber ist ein steuerpflichtiger Umsatz, der dem Regelsteuersatz unterliegt. Die Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist ein Nettobetrag.
Auch der dezentral verbrauchte Strom (sog. Direktverbrauch) wird an den Netzbetreiber geliefert, wenn eine Einspeisevergütung nach § 33 Abs. 2 EEG in der bis zum 31.3.2012 geltenden Fassung (a.F.) bezahlt wird. Es liegen zwei Lieferungen vor: Eine Lieferung des Anlagenbetreibers an den Netzbetreiber und gleichzeitig eine Rücklieferung des Netzbetreibers an den Anlagenbetreiber (Abschn. 2.5 Abs. 3 UStAE; BMF-Schreiben vom 1.4.2009, BStBl 2009 I S. 523). Entgelt für die Lieferung des dezentral verbrauchten Stroms durch den Anlagenbetreiber ist sowohl die Einspeisevergütung nach § 33 Abs. 2 EEG a.F. als auch der Wert der Rücklieferung durch den Netzbetreiber (Tausch mit Baraufgabe, § 3 Abs. 12 UStG). Der Wert der Rücklieferung ist mit der Differenz zwischen der Einspeisevergütung nach § 33 Abs. 1 EEG a.F. und der Einspeisevergütung nach § 33 Abs. 2 EEG a.F. anzusetzen. Der Wert der Lieferung des Anlagenbetreibers entspricht beim Direktverbrauch damit der Einspeisevergütung nach § 33 Abs. 1 EEG a.F. Die Vergütung nach § 33 Abs. 2 EEG a.F. gilt nur noch für sog. Bestandsanlagen, bei denen der Eigenverbrauchsbonus weiterhin gezahlt wird. Bei diesen Bestandsanlagen wird somit weiterhin der gesamte erzeugte Strom eingespeist.
Der Eigenverbrauchsbonus nach § 33 Abs. 2 EEG a.F. für dezentral verbrauchten Strom aus Photovoltaikanlagen wurde durch die EEG-Novelle gestrichen. Bei Photovoltaikanlagen, die ab dem 1.4.2012 in Betrieb genommen wurden und nicht unter eine Übergangsvorschrift fallen (neue Photovoltaikanlagen), wird der dezentral (selbst) verbrauchte Strom nicht mehr vergütet. Außerdem wurde im Rahmen des Marktintegrationsmodells die jährlich förderfähige Strommenge ab 1.1.2014 auf 90% begrenzt (§ 33 Abs. 1 i.V. mit § 66 Abs. 19 EEG).
Auch nach Wegfall des Eigenverbrauchsbonus oder im Rahmen des Marktintegrationsmodells liegt eine ausschließliche unternehmerische Verwendung der Photovoltaikanlage vor, wenn der selbst erzeugte Strom unmittelbar im eigenen Unternehmen verwendet, direkt vermarktet, dem Netzbetreiber zum Verkauf an der Börse angedient oder an einen Mieter geliefert wird.
Die Lieferung an den Mieter ist grundsätzlich eine unselbständige Nebenleistung zum Vermietungsumsatz (Abschn. 4.12.1 Abs. 5 Satz 3 UStAE) und damit nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei. Insoweit ist ein Vorsteuerabzug aus den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den laufenden Aufwendungen der Photovoltaikanlage nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausgeschlossen. Wird auf die Steuerbefreiung des Vermietungsumsatzes nach § 9 Abs. 1 und 2 UStG verzichtet, ist auch die Stromlieferung steuerpflichtig.
Eine selbständige Lieferung liegt jedoch vor, wenn der Strom aus einer Photovoltaikanlage des Vermieters an den Mieter geliefert wird und eine vollständige verbrauchsabhängige Abrechnung erfolgt. Die steuerpflichtigen Stromlieferungen berechtigen zum Abzug der für die Anschaffung oder Herstellung der Anlage sowie für die laufenden Unterhaltskosten entrichteten Umsatzsteuer.
2.2 Verwendung des erzeugten Stroms für nichtunternehmerische Zwecke
Eine nichtunternehmerische Verwendung liegt vor, wenn der Strom für unternehmensfremde Zwecke verwendet (privater Stromverbrauch), unentgeltlich an Dritte abgegeben oder für nichtwirtschaftliche Zwecke im engeren Sinne (i.e.S.) genutzt wird (z.B. bei der Nutzung des selbst erzeugten Stroms für den hoheitlichen Bereich einer Gemeinde oder für den ideellen Vereinsbereich). Nur bei der teilweisen Verwendung für unternehmensfremde Zwecke bzw. bei der teilweisen unentgeltlichen Abgabe an Dritte handelt es sich bei der Anlage um einen teilunternehmerisch genutzten Gegenstand, für den der Anlagenbetreiber ein Zuordnungswahlrecht hat.
2.2.1 Verwendung des erzeugten Stroms für private Zwecke
Wurde die Photovoltaikanlage insgesamt dem Unternehmen zugeordnet und wird der Strom teilweise unmittelbar für unternehmensfremde Zwecke verw...