"Robustheit" lautet das Zauberwort zur Neuausrichtung der Supply Chain. Die Pandemie hat die Mitspieler im Partnergeflecht wachgerüttelt und ihnen verdeutlicht: Supply Chains sind komplexe und fragile Gebilde. Einige Beschaffungskonzepte wie Just-in-Time und Just-in-Sequence erscheinen plötzlich in einem anderen Licht. Das drastische Herunterfahren der Lagerbestände und die minutengenaue Taktung der Arbeitsabläufe führt zur Anfälligkeit von Supply-Chain-Prozessen. Die Folge ist ein neues Denken in der Lieferkette, nämlich der Aufbau von Pufferbeständen, getreu nach dem Motto: "Robustheit schlägt Schlankheit".

Die Forderung nach resilienten Supply-Chain-Prozessen wirft auch auf das Lieferantenmanagement seinen Schatten. Durch Covid-19 wurde der Albtraum jedes Logistikers wahr: Viele Lieferanten fuhren von heute auf morgen ihre Fertigung herunter, manche stellten diese zeitweise komplett ein. Zusätzlich fehlten Transportmittel und Ladungsträger (z. B. Schiffscontainer). Außerdem wurden aufgrund der Pandemie Grenzen geschlossen und Einfahrverbote verhängt. Somit verkamen Ansätze wie Single Sourcing oder Global Sourcing zur Farce. Die Hersteller wurden unsanft wachgeküsst und begaben sich auf die Suche nach neuen Beschaffungsquellen, die auch gern lokal angesiedelt sein durften. Aus Global Sourcing wurde Local Sourcing, aus Single Sourcing wurde Double Sourcing. Zusätzlich richteten die Organisationen Task-Force-Gruppen ein, die alternative Lieferantenprogramme erarbeiteten.

Des Weiteren führte Corona zur kritischen Reflexion von Make-or-Buy-Strategien. Wo zuvor noch Outsourcing und Offshoring in Niedriglohnländern an der Tagesordnung waren, gingen Hersteller zum Backsourcing über. Die Eigenfertigung schien, wenn durchführbar, attraktiver als der Transport fremd gefertigter Waren, – die zudem über Tausende von Kilometern angeliefert wurden, bei zum Teil abenteuerlicher Kommunikation. Die Automobilindustrie steht stellvertretend für eine Stärkung ihrer lokalen Strukturen als Folge von Covid-19. Etliche Autobauer verzichten seit geraumer Zeit auf Abwicklungen über komplexe Lieferketten, die in dieser Branche nicht selten über sieben oder acht Stufen reichen. Auch registrieren Hersteller, dass Seefrachten aus Asien, die vier bis fünf Wochen unterwegs sind, in Krisenzeiten zu Engpässen führen.[1]

[1] Vgl. Gelowicz, 2020, o. S.

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