Als Quasi-Hybrid zwischen der externen und internen Analyse steht die Analyse des Geschäftsmodells. Während die grundsätzliche Überprüfung des Geschäftsmodells schon immer Bestandteil jeder strategischen Analyse war, fokussiert dieser Analyseprozess heute auf sog. "disruptive Entwicklungen".
Damit ist gemeint, dass insbesondere die fortschreitende Digitalisierung aller Geschäftsprozesse zusammen mit gesteigerten Analysemöglichkeiten großer Datenmengen ("Big Data") etablierte Geschäftsmodelle unter Druck setzen und eine lineare Fortschreibung unmöglichen machen. Während die Analyse des Geschäftsmodells also bisher innerhalb der bestehenden Geschäftslogik vollzogen wurde, muss die Analyse heute einen viel breiteren Blickwinkel haben und vor allem die Implikationen aus aktuellsten technologischen Entwicklungen inklusive neuer, agiler Unternehmen, die in diesen Themen aktiv sind, umfassen.
Als besonders effektiver Ansatz, um das aktuelle Geschäftsmodell im Wettbewerbsvergleich zu verorten, hat sich dabei der von Horváth & Partners entwickelte Ansatz des "anders sein" gegenüber "besser sein" erwiesen (s. Abb. 2).
Abb. 2: Analysemodell für das Geschäftsmodell
2.2.1 Besser sein
Im ersten Schritt werden das eigene Unternehmen und seine aktuelle Leistungsfähigkeit in verschiedenen Kategorien gegenüber den existierenden Wettbewerbern verglichen (vgl. auch Abschnitt 2.3). Dabei ist die Analyse aus der Perspektive des Kunden vorzunehmen und auch nur bezüglich für den Kunden relevanten Aspekten.
Die Vergleichsdimensionen ergeben sich in Abwesenheit eines zugrunde liegenden Modells wie bspw. dem KANO-Modell aus der Logik des strategischen Dreiecks aus "Qualität, Zeit und Kosten". Konkret kann sich das Unternehmen dadurch unterscheiden, dass es
- schneller,
- pünktlicher,
- kostengünstiger,
- unkomplizierter
- etc.
ist.
Die Erfahrung aus etablierten und i. d. R. gesättigten Märkten zeigt jedoch, dass es für Unternehmen im Zeitverlauf immer schwieriger wird, stetig höhere Leistungsgrade zu realisieren. Der Grenznutzen einer weiteren Leistungssteigerung rechtfertigt die damit verbundenen Mehraufwände irgendwann nicht mehr. Die Zitrone ist sozusagen ausgepresst.
2.2.2 Anders sein
Der Ausweg aus der beschriebenen Leistungsspirale liegt deshalb nicht in der Logik des "mehr von demselben" sondern in der Andersartigkeit. Das "anders sein" ist jedoch kein Wert in sich selbst. D. h., dass die reine Tatsache, dass man sich von seinen Wettbewerbern unterscheidet wertlos bleibt, solange sich dies nicht in einem spürbaren Kunden- oder Kostenvorteil niederschlägt.
Möglichkeiten der Differenzierung liegen bspw. im Bereich von
- Produkten,
- Vertriebskanälen,
- Kundensegmenten oder
- Kooperationen.
Ziel jedes Geschäftsmodells muss es sein, nicht nur in einer Dimension zu brillieren, weil weder die reine Leistungsführerschaft noch der alleinige Faktor des Anderssein einen nachhaltigen Erfolg verspricht. Während die ausschließliche Leistungsführerschaft zur Klassifikation des "Gladiators" führt, der aufreibende Schlachten um die letzten Prozente Leistungssteigerung kämpft, kann der "Glücksritter" nur hoffen, dass es eine ausreichend große Zahl von Kunden gibt, die ausreichenden Nutzen aus der Tatsache ziehen, dass andere Wege beschritten werden.
Die Marktmeister, und damit diejenigen Wettbewerber, die mit dem größten Erfolg rechnen können, sind diejenigen, die sowohl einzigartig sind, als auch einen spürbaren Kundenvorteil generieren.