Dr. Birger Brandt, Prof. Jürgen Brandt
Leitsatz
Umfasst ein Mitunternehmeranteil auch Sonderbetriebsvermögen, das zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen zu rechnen ist, so ist bei Veräußerung eines Teilanteils der dabei entstehende Gewinn nur dann ermäßigt zu besteuern, wenn auch ein entsprechender Bruchteil des Sonderbetriebsvermögens veräußert wird.
Normenkette
EStG § 16 Abs. 1 Nr. 2 , § 18 Abs. 3 , § 34 Abs. 2 Nr. 1
Sachverhalt
Der Kläger und seine Tochter veräußerten jeweils einen Teilanteil ihrer Beteiligung an der von ihnen in der Rechtsform der GbR geführten Zahnarztpraxis an einen Dritten, ohne jeweils einen entsprechenden Bruchteil des Sonderbetriebsvermögens (Hausgrundstück mit Praxisräumen) zu veräußern. Deshalb lehnten FA, FG und BFH die begehrte Tarifbegünstigung nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG ab.
Entscheidung
Die Entscheidung Nach Auffassung des BFH ist eine Teilanteilsveräußerung nur dann gemäß §§ 34 Abs. 2 Nr. 1, 16 und 18 Abs. 3 EStG steuerbegünstigt, wenn zugleich ein diesem Teilanteil entsprechender Anteil des Sondervermögens veräußert wird. Dadurch werden Mitunternehmer Einzelunternehmern gleichgestellt, für die Teilbetriebsveräußerungen nur tarifbegünstigt sind, wenn sie notwendiges Sonderbetriebsvermögen mitveräußern; diese Gleichstellung wird durch das Institut des Sonderbetriebsvermögens bezweckt. Für diese Auffassung wird zum einen das Gebot der Gleichbehandlung des Sonderbetriebsvermögens bei der Wahlrechtsausübung nach § 24 Abs. 2 UmwStG (vgl. BFH-Urteil vom 26.1.1994 III R 39/91, BFHE 173, 338, BStBl II 1994, 458) wie auch das BFH-Urteil vom 19.3.1991 VIII R 76/87 (BFHE 164, 260, BStBl II 1991, 635) in Bezug genommen, demzufolge die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils ohne gleichzeitige Aufdeckung der stillen Reserven aller wesentlichen Betriebsgrundlagen nicht tarifbegünstigt ist.
Hinweis
BFH, Urteil vom 12.4.2000, XI R 35/99 Praxis-Hinweise Der BFH hat in der Entscheidung ausdrücklich offen gelassen, ob an der bisherigen BFH-Rspr. über die Anwendung der Tarifbegünstigung nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG (i.V.m. §§ 16 und 18 Abs. 3 EStG) festzuhalten ist. Entsprechende Zweifel lässt auch der Große Senat in seinem Beschluss vom 18.10.1999 GrS 2/98 (BStBl II 2000,123) anklingen, indem er die bislang anerkannte steuerliche Begünstigung der Teilveräußerung eines Mitunternehmeranteils allein unter Hinweis auf die Rechtssicherheit für begründbar hält, weil danach "eine von der Finanzverwaltung gebilligte langjährige Rechtsprechung trotz nicht auszuräumender steuersystematischer Bedenken" nicht aufgegeben werden soll.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 12.4.2000, XI R 35/99