Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Zahlungen des Arbeitgebers aus einem sogenannten Langzeitvergütungsmodell (Long Term Incentive Modell - LTI) deren zusammengeballte Zahlung durch wirtschaftlich vernünftige Gründe gerechtfertigt ist, stehen einer Tarifbegünstigung nach § 34 EStG nicht entgegen - auch wenn dieselbe Tätigkeit sowohl durch laufende als auch durch außerordentliche Einkünfte vergütet wird.
Sachverhalt
einer Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit im Sinne von § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG erfüllt und die Auszahlung unter Anwendung der sogenannten "Fünftelregelung" gemäß § 39b Abs. 3 Satz 9 EStG zu erfolgen hat:
Bestimmten Führungskräften hat die Arbeitgeberin seit dem Jahr 2010 jährlich die Teilnahme an einem "Long Term Incentive Modell", einem kurz "LTI" genannten langfristigen Vergütungsprogramm, angeboten. Dies bedeutet, dass die betreffenden Beschäftigten, abhängig von der Entwicklung des durchschnittlichen Geschäftserfolges abzüglich der Kapitalkosten innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren im Vergleich zu den vorangegangenen vier Jahren, nach Ablauf des sogenannten "Performancezeitraumes" eine entsprechende Vergütung erhalten. Unterschreitet die Entwicklung des Geschäftserfolges eine im Vorhinein festgelegte Grenze, erfolgen keinerlei Mitarbeiterauszahlungen aufgrund des LTI. Berechtigte Beschäftigte, die an dem Programm teilnehmen möchten, müssen dies jeweils innerhalb der ersten Monate des Performancezeitraumes schriftlich erklären. Hinzu kam ein sogenanntes "Lückenfüller"-Programm, um zu vermeiden, dass es durch die Einführung des neuen Modells vorübergehend keinerlei Mitarbeiterauszahlungen gab.
Entscheidung
begünstigte Besteuerung nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG als außerordentliche Einkünfte aus folgenden Gründen erfüllt:
Die Zahlungen erfolgten zweckbestimmt für die Tätigkeit der jeweiligen Berechtigten in einem mehrjährigen Zeitraum, der im konkreten Fall vier Jahre umfasste. Die Verknüpfung der mehrjährigen Tätigkeit mit der Zahlung ergibt sich aus den Regeln des Vergütungsmodells, nach denen anhand bestimmter unternehmensinterner Kennzahlen der Geschäftserfolg in dem vierjährigen sogenannten Performancezeitraum ermittelt und dem durchschnittlichen Geschäftserfolg des vorangegangenen, entsprechenden Vergleichszeitraum gegenübergestellt wird. Der Zeitraum, für den nach dem LTI eine Vergütung erfolgt, ist durch die Berechnung des Entgelts und die damit einhergehenden Auszahlungstermine auf vier Jahre festgelegt.
Die Einkünfte aufgrund des LTI sind "außerordentlich" im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG. Da es sich bei den streitgegenständlichen Einkünften um solche aus nichtselbständiger Arbeit handelt, kommt es nicht auf ihre Abgrenzbarkeit zu den laufenden Einkünften an, sondern im Wesentlichen darauf, dass sie für eine Tätigkeit gezahlt werden, die sich über mehrere Veranlagungszeiträume erstreckt.
Die Zusammenballung der Entlohnung ist durch wirtschaftlich vernünftige Gründe gerechtfertigt, denn die Arbeitgeberin reagierte mit der Einführung des LTI auf geänderte Rahmenbedingungen, die sich unmittelbar unter anderem aus dem Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) ergeben. Die monetären Vergütungsteile sollen fixe und variable Bestandteile umfassen. Variable Vergütungsbestandteile haben grundsätzlich eine mehrjährige Bemessungsgrundlage, die im Wesentlichen zukunftsbezogen sein soll. Sowohl positiven als auch negativen Entwicklungen soll bei der Ausgestaltung der variablen Vergütungsteile Rechnung getragen werden.
Hinweis
zugelassen, welche durch die Finanzverwaltung auch eingelegt wurde, Az beim BFH, VI R 19/19. Betroffene Steuerpflichtige sollten in gleich gelagerten Fällen die begünstigte Besteuerung beantragen und bei Ablehnung durch die Finanzverwaltung im Einspruchswege auf das anhängige Revisionsverfahren verweisen sowie Verfahrensruhe (§ 363 Abs. 2 AO) geltend machen.
Link zur Entscheidung
Hessisches FG, Urteil vom 11.04.2019, 6 K 306/18