Eine tatsächliche Verständigung kann u. a. unwirksam sein, wenn
- sie unter unzulässigem Druck auf den Steuerpflichtigen oder
- durch dessen unzulässige Beeinflussung zustande gekommen ist oder
- offensichtlich zu einem unzutreffenden Ergebnis führt oder
- ein Scheingeschäft nach § 117 BGB vorliegt oder
- Anfechtung nach §§ 119, 120, 123 BGB erfolgt.
Keine Anfechtungsmöglichkeit bei angedrohter Ermittlung seitens der Steuerfahndung
Die Drohung der Steuerfahndung, noch nicht verfolgte Ermittlungsansätze weiter zu verfolgen, ist nicht rechtswidrig. Eine durch eine solche Drohung erwirkte tatsächliche Verständigung ist daher seitens des Steuerpflichtigen gemäß § 123 Abs. 1 BGB auch nicht anfechtbar.
Rechenfehler vom Finanzamt reichen nicht immer zur Anfechtung der tatsächlichen Verständigung
Ein vom Finanzamt behaupteter – rechnerischer – Irrtum genügt nicht für eine – rückwirkende – Anfechtung der getroffenen tatsächlichen Verständigung nach §§ 119, 142 BGB. Wird bei einer Berechnung – wie z. B. bei der Verständigung über den Gesamtgebäudewert – das Ergebnis, nicht aber die gesamte Kalkulation mitgeteilt, ist ein Fehler betreffend die Berechnungsgrundlage nur ein unbeachtlicher (nicht zur Anfechtung berechtigender) Motivirrtum in Gestalt des verdeckten Kalkulationsirrtums.
Nach Ablauf der einjährigen Anfechtungsfrist des § 124 BGB kann eine durch arglistige Täuschung erwirkte tatsächliche Verständigung entgegen § 130 Abs. 3 S. 2 AO nicht mehr nach § 130 Abs. 2 Nr. 2 AO zurückgenommen werden. Das Finanzamt ist in diesem Fall an die tatsächliche Verständigung gebunden.
Eine tatsächliche Verständigung im Steuerfestsetzungsverfahren ist nicht schon deshalb unwirksam, weil sie zu einer von einem Beteiligten nicht vorhergesehenen Besteuerungsfolge führt und dadurch die vor der Verständigung offengelegten Beweggründe des Beteiligten zum Abschluss der Verständigung (hier: die Erwartung der steuerlichen Neutralität des Vereinbarten) entwertet werden. Ein Irrtum des Steuerpflichtigen über die Höhe der Steuernachforderung ist unerheblich.
Bindungswirkung einer tatsächlichen Verständigung
Die Bindungswirkung einer tatsächlichen Verständigung im Steuerfestsetzungsverfahren kann nach den Grundsätzen vom Fehlen oder Wegfall der Geschäftsgrundlage ausnahmsweise entfallen, wenn
- ihr eine (irrtümlich) von beiden Parteien angenommene Geschäftsgrundlage von vornherein gefehlt hat oder
- sie nachträglich weggefallen ist und einem der Beteiligten unter Berücksichtigung der Gesamtumstände ein Festhalten an dem Vereinbarten nicht zuzumuten ist.
Eine tatsächliche Verständigung ist nur dann nicht bindend, wenn die Verständigung zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt. Unter welchen Voraussetzungen eine tatsächliche Verständigung zu einem solchen offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt, ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände zu beurteilen. Maßgeblich sind somit die Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall.
Das kann der Fall sein, wenn es auf einem schweren Überlegungs- oder Systemfehler beruht oder wenn das Ergebnis eindeutig von dem abweicht, was mit der Verständigungsvereinbarung von allen Beteiligten gewollt war.
Die Voraussetzungen der Wirksamkeit einer tatsächlichen Verständigung werden im Verfahren über die Anfechtung des hierauf gestützten Festsetzungs- oder Feststellungsbescheids inzident geprüft. Eine tatsächliche Verständigung ist kein Verwaltungsakt i. S. d. §§ 41 Abs. 2 Satz 2 FGO, 118 Satz 1 AO ist, sodass eine auf Feststellung der Unwirksamkeit der tatsächlichen Verständigung gerichteten Klage unzulässig ist.