Prof. Dr. Joachim S. Tanski
3.1 Inventur
Rz. 39
Nach § 240 Abs. 2 HGB besteht die Verpflichtung, auch für das Sachanlagevermögen eine Inventur durchzuführen, welche die Grundlage für die Erstellung des geforderten Inventars bildet. Für das Steuerrecht wird diese Verpflichtung durch die §§ 140, 141 AO übernommen.
Für die Sachanlagen ist handelsrechtlich jedoch von Bedeutung, dass der Kaufmann gem. § 241 Abs. 2 HGB dann auf eine Inventur verzichten kann, wenn durch die Anwendung eines den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung entsprechenden anderen Verfahrens gesichert ist, dass der Bestand der Vermögensgegenstände nach Art, Menge und Wert auch ohne die körperliche Bestandsaufnahme festgestellt werden kann. Diese Regelung zur Inventurvereinfachung ist für das Steuerecht in R 5.4 Abs. 4 EStR (2012) näher spezifiziert worden. Danach braucht der Steuerpflichtige die jährliche körperliche Bestandsaufnahme nicht durchzuführen, wenn er jeden Zugang und jeden Abgang laufend in das Bestandsverzeichnis einträgt und die am Bilanzstichtag vorhandenen Gegenstände des beweglichen Anlagevermögens aufgrund der fortlaufend geführten Bestandsverzeichnisse ermittelt werden können. Macht der Steuerpflichtige von dieser Inventurvereinfachungsregel Gebrauch, so muss aus dem Bestandsverzeichnis neben
- der genauen Bezeichnung des Gegenstandes und
- seines Bilanzwertes am Bilanzstichtag
auch ersichtlich sein
- der Tag der Anschaffung oder Herstellung des Gegenstandes,
- die Höhe der Anschaffungs- oder Herstellungskosten und ggf.
- der Tag des Abgangs.
Diese steuerlichen Regeln können auch für die Erstellung der Handelsbilanz angewandt werden.
3.2 Abschreibungen
Rz. 40
Die Gegenstände des Bilanzpostens "Technische Anlagen und Maschinen" sind gem. § 253 Abs. 3 HGB planmäßig über die voraussichtliche Nutzungsdauer abzuschreiben. Als Abschreibungsmethode kommt handelsrechtlich neben der linearen und der (geometrisch-) degressiven Abschreibung insbesondere auch die betriebswirtschaftlich besonders interessante Leistungsabschreibung in Betracht. Mit Ausnahme der degressiven Abschreibung (die für die Jahre 2009 und 2010 befristet wieder eingeführt wurde) sind diese Methoden als Absetzung für Abnutzung (AfA) gem. § 7 Abs. 1 EStG zulässig. Bei komplexen Technischen Anlagen und Maschinen, die aus abgrenzbaren Komponenten mit unterschiedlicher Nutzungsdauer bestehen, kann zur periodengerechteren Darstellung des Wertverlustes auch mit getrennten Abschreibungen pro Komponente (entsprechend IAS 16.43) gearbeitet werden.
Rz. 41
Die Abschreibung beginnt nach R 7.4 Abs. 1 EStR (2012) mit der Anschaffung oder Herstellung (Fertigstellung). Damit erlauben die Richtlinien einen Abschreibungsbeginn zum frühest möglichen Termin. Auf den tatsächlichen Nutzungsbeginn kommt es nicht an. Liegt zwischen dem Zugang und dem tatsächlichen Nutzungsbeginn allerdings ein erheblicher Zeitraum, so muss dies in der Abschreibungsmethode und/oder -dauer berücksichtigt werden. M. E. könnte in diesem Fall für die Zeitspanne der Nichtnutzung auch auf eine Abschreibung verzichtet werden, wenn ausreichend sicher ist, dass an dem ruhenden Gut kein Wertverlust eintritt oder ein möglicher Wertverlust im Hinblick auf eine notwendige außerplanmäßige Abschreibung überwacht wird. Obwohl die Finanzverwaltung hier auch diesen Spielraum akzeptiert, ist es jedoch feste Rechtsprechung, ein Wahlrecht hinsichtlich des Abschreibungsbeginns wegen der Gefahr "einer willkürlichen Beeinflussung der Besteuerung nach der jeweiligen Interessenlage des Steuerpflichtigen" abzulehnen.
Die jährlichen Abschreibungen sind bei Kapitalgesellschaften sowohl in der Bilanz als auch in der Gewinn- und Verlustrechnung auszuweisen. In der Bilanz erscheinen die Abschreibungen des Geschäftsjahres im Anlagegitter/Anlagenspiegel (vgl. § 284 Abs. 3 HGB) einmal nachrichtlich in der Spalte "Abschreibungen des Geschäftsjahres" und als mit den Vorjahresabschreibungen kumulierter Wert in der Spalte "Kumulierte Abschreibungen".
Rz. 42
Für die Gewinn- und Verlustrechnung hängt die Frage des Ausweises vom gewählten Verfahren ab. Wendet der Kaufmann das Gesamtkostenverfahren an, so sind die Abschreibungen gem. § 275 Abs. 2 HGB im Posten 7a "Abschreibungen auf ... Sachanlagen" auszuweisen. Dagegen sind die Abschreibungen unter dem Posten 7 "Sonstige betriebliche Aufwendungen" auszuweisen, wenn das Umsatzkostenverfahren gem. § 275 Abs. 3 HGB gewählt wird. Dies gilt nicht für die angemessenen Teile der Abschreibungen, welche gem. § 255 Abs. 2 HGB in die Ermittlung von Herstellungskosten einbezogen werden. In diesem Fall sind die anteiligen Abschreibungen im Posten 2 "Erhöhung des Bestandes an fertigen und unfertigen Erzeugnissen" und/oder Posten 3 "Andere aktivierte Eigenleistungen" (Gesamtkostenverfahren) bzw. im Posten 2 "Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen" (Umsatzkostenverfahren) auszuweisen.