Jörg Hanken, Guido Kleinhietpaß
Ob autonome Fahrzeuge, Chatbots im Callcenter oder innovative Diagnostik beim Arzt: Künstliche Intelligenz (›KI‹ oder ›Artificial Intelligence‹, AI) prägt immer mehr Bereiche unseres Lebens. Dadurch ist KI bereits zu einem wichtigen Wachstumstreiber für Unternehmen geworden. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Akzeptanz und Verbreitung von KI ist – wie bei allen neuen Technologien und grundlegenden Entwicklungen – das Thema Vertrauen. Die Einführung von KI wird von einer Vielzahl von Interessensgruppen, sowohl innerhalb der Unternehmen als auch von Kunden, Aufsichtsbehörden und anderen Außenstehenden, mit Skepsis betrachtet. Entscheidend für den Durchbruch von KI wird es deshalb sein, für mehr Transparenz und Sicherheit bei der Entwicklung und Implementierung der Anwendungen zu sorgen.
Wir verstehen KI als eine Sammlung von Konzepten, Theorien und Modellen, die insbesondere dazu beitragen, den Prozess der Entscheidungsfindung zu unterstützen und effektiver und effizienter zu machen. Die Konzepte werden als Grundlage für die Entwicklung diverser (Software-)Anwendungen und Services genutzt.
KI ist wie eingangs dargestellt weder ›eine‹ Technologie, noch gibt es ›die‹ KI-Lösung. Vielmehr handelt es sich um einen Oberbegriff, unter dem Methoden, Anwendungen und verschiedene Technologien zusammengefasst werden. Ziel sollte es sein, die Abteilungen eines Unternehmens mit passgenauen technologischen Lösungen auszustatten, die in die Prozesse integriert sind. Dies erfordert, dass das bestehende technologische Ökosystem genauso berücksichtigt wird wie die Veränderungen, die für die Sicherheit in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten notwendig sind.
KI unterscheidet sich von anderen technologischen Lösungen in einem wichtigen Punkt: Sie versetzt Maschinen in die Lage, autonom Signale und Daten aus ihrer Umwelt zu verarbeiten, darauf zu reagieren und davon zu lernen. Das heißt, im Gegensatz zu herkömmlichen Softwareanwendungen finden keine starren Regeln Anwendung für die Verarbeitung von Informationen, sondern die der Software zugrunde liegenden Algorithmen werden stetig durch das Hinzufügen neuer Informationen automatisch verfeinert. Man spricht hierbei von maschinellem Lernen bzw. Machine Learning.
Im Kern geht es darum, von Menschen ausgeführte und gesteuerte Geschäftsprozesse zu verbessern. Das bedeutet jedoch nicht, nur einzelne Schritte zu automatisieren, sondern den kompletten Prozess (end-to-end). Dabei kann KI eine Vielzahl aufkommender Technologien mit ›Brain Power‹ ausstatten und so das Automatisierungspotenzial enorm vergrößern. Fest steht: Es gibt keine einfachen Antworten und Lösungen für ein komplexes Thema wie KI. Wer das suggeriert, macht sich unglaubwürdig.
Aber was bedeutet KI für Finanz-, Controlling- und Steuerabteilungen? Welche Chancen und Anwendungsfälle bieten sich an?
Im Bereich Steuern/VP sehen wir drei vielversprechende Anknüpfungspunkte für KI:
1. Automatisierung von Reporting und Prozessen
Einer der einfachsten Anwendungsfälle, der zugleich enormes Optimierungspotenzial birgt, ist die Automatisierung von Routineprozessen, also von Prozessen, die den Arbeitsalltag eines Steuer-/VP-Experten prägen und den Großteil seiner Arbeitszeit binden. Durch den Einsatz von Algorithmen auf der Basis von maschinellem Lernen, intelligenter Prozessautomatisierung oder Text-/Spracherkennung könnte dieser Arbeitsalltag erleichtert und effizienter gestaltet werden. Intelligente Algorithmen analysieren VP-Daten und lernen permanent dazu. Sie könnten auch Transaktionsgruppen für die VP-Dokumentation klassifizieren und diese mithilfe von Softwarebots in Steuererklärungsformulare oder VP-Dokumentationen einfließen lassen. Smarte Lösungen sind in der Lage, Rechnungen oder Verträge automatisch auszulesen.
2. Verbesserte Szenarioanalysen und Vorhersagen
KI kann dafür sorgen, dass sich die Vorhersagen wirtschaftlicher und steuerlicher Entwicklungen in Unternehmen präziser und schneller treffen lassen. Es wird dadurch einfacher, Szenarien zu modellieren und diese auszuwerten. Trends, aber auch Risiken werden dadurch besser erkennbar. Firmen könnten historische Daten aus dem Controlling, der Buchhaltung oder Steuerabteilung verbunden mit statistischen Modellen auch nutzen, um Muster oder Anomalien aufzuspüren. So könnten Unternehmen etwa Unregelmäßigkeiten in den VP-Prozessen erkennen, Endkunden-Preise und zu verkaufende Stückzahlen auf Artikelebene forecasten und Vorhersagen darüber treffen, welche EBIT-Margen bei Routinegesellschaften erzielt werden, wenn die VP bis zum Jahresende unverändert bleiben würden. Bestehende oder zukünftige Steuerrisiken und -chancen würden dadurch deutlich erkennbar und damit beherrschbar.
3. Verbesserung des Monitorings
Mit dem Siegeszug von Cloud Computing sind ›Data & Analytics‹-Dashboards zu einem nicht mehr wegzudenkenden Werkzeug für jeden Entscheider geworden. Einfache Dashboards haben den Nutzer bislang über den Status quo oder die Vergangenheit informiert. Intelligente Dashboards biet...