Jörg Hanken, Guido Kleinhietpaß
Da in Unternehmen unzählige Varianten und Kombinationen von Transaktionsarten, VP-Methoden, Unternehmenssteuerungskonzepten etc. existieren, ist eine sachgerechte und professionelle Beurteilung nicht pauschal, sondern nur für den Einzelfall möglich. Dennoch soll hier der Versuch unternommen werden, Aussagen hinsichtlich der möglichen Harmonisierbarkeit je Transaktionsart aus steuerlicher Perspektive und aus Controllingsicht zu treffen.
Da in der Praxis die Steuerexperten in der Praxis in den Begrifflichkeiten ›Routineunternehmen‹ und ›Strategieträger‹ denken und im Controlling die Center-Typen-Denke vorherrscht, haben wir außerdem versucht, beide Sichten zu integrieren bzw. in Verbindung zu setzen. Auch für die Einteilung in Center-Typen gilt, dass es bereits in der Theorie und noch mehr in der Praxis zahlreiche Spielarten gibt. Die älteste und wohl immer noch meist verbreitete Einteilung unterscheidet Profit-, Service- und Cost-Center. Hier hat sich für die Servicecenter der Begriff ›Shared Services‹ durchgesetzt. In einigen Unternehmen werden zusätzlich noch Investment-Center und Revenue Center (Umsatz-Center) unterschieden. Zu Einzelheiten zu Center-Typen wird auf Teil C, Kapitel 16.3.1 verwiesen.
Die folgenden Tabellen fassen, geordnet nach Transaktionstyp, unsere vereinfachende Analyse, ob bzw. inwieweit sich die steuerliche Perspektive und die Controllingsicht in den VP harmonisieren lassen, zusammen. Damit Sie sich schnell orientieren können, haben wir die jeweiligen Schlussfolgerungen farbig hervorgehoben: grün bei ›ja‹, rot bei ›nein‹ und orange bei ›es kommt drauf an‹:
1. Lieferung von materiellen Wirtschaftsgütern |
Transaktionstyp |
1.1. Lieferung von Routineproduktionsunternehmen an Strategieträger |
Häufige Anwendung |
z. B. Auftragsfertiger, verlängerte Werkbank, Lohnveredler, Lieferung von Roh-/Hilfs-/Betriebsstoffen |
Steuersicht |
VP-Methode: C+; Routinemarge für den Produzenten, Residualergebnis für den Strategieträger |
Controllingsicht |
Produzent = Servicecenter; soweit Strategieträger Vertrieb übernimmt = Revenue-/Profit-Center VP-Methode: C+ |
Kann derselbe VP für Steuern und Controlling verwendet werden? |
Ja, soweit Controlling dem steuerlichen Routine-Markup zustimmt, was i. d. R. der Fall ist (gilt auch bei 1-Preis-Systemen mit Legal-EntityEBIT-Steuerung). Abwandlung: Soweit der Strategieträger nicht den Vertrieb übernimmt (z. B. weil er die Produkte an eine Routinevertriebsgesellschaft verkauft), ist der Ausweis des Residual-Ergebnisses beim Strategieträger bei 1-Preis-Systemen mit Legal-Entity-EBIT-Steuerung aus CO-Sicht kritisch (vgl. Transaktionstyp 1.2). |
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Transaktionstyp |
1.2. Lieferung von Strategieträger an Routineunternehmen |
Häufige Anwendung |
z. B. Vertrieb von Fertigerzeugnissen vom Strategieträgerproduzenten an Routinevertriebsunternehmen |
Steuersicht |
VP-Methode: TNMM oder R-; Ziel-EBIT- oder Bruttomarge für Vertrieb gem. Benchmarking-Studie. Residualergebnis für den Strategieträger, Routinemarge für das Vertriebsunternehmen. |
Controllingsicht |
Produzent = Servicecenter; Vertrieb = Revenue-/Profitcenter; VP-Methode: C+; Residualergebnis für den Vertrieb, Routinemarge für den Produzenten |
Kann derselbe VP für Steuern und Controlling verwendet werden? |
Auf den ersten Blick würde man antworten: Nein. Bei diesem in der Praxis am häufigsten vorkommenden Fall sind die Zielkonflikte zwischen Controlling und Steuern in der Tat am größten. Bei genauerer Betrachtung muss man jedoch diverse Fälle unterscheiden, sodass sowohl mit ›ja‹ als auch mit ›nein‹ geantwortet werden kann. Denkbar ist bei einem 1-Preis-System z. B., dass unterjährig der Controlling-VP kalkuliert und fakturiert wird und eine einmalige Jahres-Endanpassung dafür sorgt, dass das handelsrechtliche EBIT dem steuerlichen Ziel-EBIT entspricht. Oder das Unternehmen kalkuliert und fakturiert im 1-Preis-System steuerlich richtige VP, wobei die Steuerung über konsolidierte Margen oder HK erfolgt (d. h. keine Legal-Entity-EBIT-Steuerung) – in diesem Fall spielt der (steuerliche) VP für die Steuerung, Performance-Messung und Incentivierung keine Rolle mehr. Diese und weitere Umsetzungsmodelle werden im Kapitel 22.1 ausführlich erörtert und im Kapitel 22.3 zusammengefasst. |
Transaktionstyp |
1.3. Lieferung von Strategieträger an Strategieträger |
Häufige Anwendung |
z. B. Lieferung von Vorkomponenten/Halbfertigprodukten zwischen Produzenten mit eigenem wertvollem Know-how und Kundenstamm; Produkte werden vom zweiten Strategieträger selbst verkauft |
Steuersicht |
VP-Methode: i. d. R. residual profit/loss split; beide Strategieträger erhalten zunächst eine Vorab-Routinemarge, das Residualergebnis (Gewinn oder Verlust) wird dann auf Basis der Ergebnisse einer Wertschöpfungskettenbeitrags-Analyse auf beide Parteien verteilt |
Controllingsicht |
Produzent = Servicecenter. Vertrieb = Revenue-/Profitcenter. VP-Methode: C+. Routinemarge für den Produzenten (= erster Strategieträger). Residualergebnis für den Vertrieb (= zweiter Strategieträger). |
Kann derselbe V... |