OFD Karlsruhe, Verfügung v. 15.3.2007, S 062.5/25 - St 332
Durch das JStG 2007 (BStBl 2007 I S. 28) wurde mit Wirkung ab dem 19.12.2006 den Finanzbehörden die Möglichkeit gegeben, vorab in einer förmlichen Einspruchsentscheidung nur über Teile eines Einspruchs zu entscheiden (§ 367 Abs. 2a AO). Des Weiteren kann die oberste (Landes-)Finanzbehörde Einsprüche, die eine vom EuGH, vom BVerfG oder vom BFH entschiedene Rechtsfrage betreffen (sog. Masseneinsprüche) insoweit durch Allgemeinverfügung zurückweisen (§ 367 Abs. 2b AO). Durch die Änderung des § 172 AO ist nunmehr auch die Erledigung von Änderungsanträgen durch Allgemeinverfügung möglich (§ 172 Abs. 3 AO).
Die neuen Regelungen haben folgenden Wortlaut:
„(2a) Die Finanzbehörde kann vorab über Teile des Einspruchs entscheiden, wenn dies sachdienlich ist. Sie hat in dieser Entscheidung zu bestimmen, hinsichtlich welcher Teile Bestandskraft nicht eintreten soll.
(2b) Anhängige Einsprüche, die eine vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, vom Bundesverfassungsgericht oder vom Bundesfinanzhof entschiedene Rechtsfrage betreffen und denen nach Ausgang des Verfahrens vor diesen Gerichten nicht abgeholfen werden kann, können durch Allgemeinverfügung insoweit zurückgewiesen werden. Sachlich zuständig für den Erlass der Allgemeinverfügung ist die oberste Finanzbehörde. Die Allgemeinverfügung ist im Bundessteuerblatt und auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Finanzen zu veröffentlichen. Sie gilt am Tag nach Herausgabe des Bundessteuerblattes, in dem sie veröffentlicht wird, als bekannt gegeben. Abweichend von § 47 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung endet die Klagefrist mit Ablauf eines Jahres nach dem Tag der Bekanntgabe. § 63 Abs. 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung gilt auch, soweit ein Einspruch durch eine Allgemeinverfügung nach Satz 1 zurückgewiesen wurde.
(3) Anhängige, außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens gestellte Anträge auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung, die eine vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, vom Bundesverfassungsgericht oder vom Bundesfinanzhof entschiedene Rechtsfrage betreffen und denen nach dem Ausgang des Verfahrens vor diesen Gerichten nicht entsprochen werden kann, können durch Allgemeinverfügung insoweit zurückgewiesen werden.”
Der Erlass einer Teil-Einspruchsentscheidung steht im Ermessen der Finanzbehörde, muss aber sachdienlich sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein Teil des Einspruchs entscheidungsreif ist, während über einen anderen Teil des Einspruchs zunächst nicht entschieden werden kann, weil insoweit die Voraussetzungen für eine Verfahrensruhe nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO (Ruhen kraft Gesetzes) erfüllt sind.
Die Teil-Einspruchsentscheidung hat nicht zur Folge, dass stets noch eine förmliche „End-Einspruchsentscheidung” ergehen muss. Das Einspruchsverfahren kann beispielsweise auch dadurch abgeschlossen werden, dass die Finanzbehörde dem Einspruch hinsichtlich der zunächst „offen” gebliebenen Fragen abhilft, der Steuerbürger seinen Einspruch zurücknimmt oder eine Allgemeinverfügung nach § 367 Abs. 2b AO ergeht.
Wird die Teil-Einspruchsentscheidung bestandskräftig, kann im weiteren Verfahren über den „noch offenen” Teil der angefochtenen Steuerfestsetzung nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, die in der Teil-Einspruchsentscheidung vertretene Rechtsauffassung entspreche nicht dem Gesetz. Dies ist auch in einem eventuellen Klageverfahren gegen eine „End-Einspruchsentscheidung” zu beachten.
Über den nach einer Teil-Einspruchsentscheidung noch offenen Teil solcher Einsprüche kann später durch Allgemeinverfügung entschieden werden, die den Einspruch nur in der genau bestimmten Rechtsfrage erledigt, für die eine höchstrichterliche Entscheidung ergeht.
Es ist geplant, dass das TVS-Formular „Einspruchsentscheidung” künftig die Auswahl zwischen „Einspruchsentscheidung” und „Teil-Einspruchsentscheidung” vorsehen wird. Wird die Option „Teil-Einspruchsentscheidung” ausgewählt, werden die Hinweise zur Rechtsbehelfsbelehrung um folgenden Text ergänzt:
„Über den von dieser Entscheidung nicht erfassten Teil des Einspruchs wird möglicherweise durch eine im Bundessteuerblatt und auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Finanzen zu veröffentlichende Allgemeinverfügung nach § 367 Abs. 2b AO entschieden werden.”
Bis zur programmtechnischen Umsetzung sind auf dem Deckblatt der Zusatz „Teil-Einspruchsentscheidung” und die Ergänzung der Hinweise der Rechtsbehelfsbelehrung personell anzubringen.
In der Teil-Einspruchsentscheidung ist genau zu bestimmen (z.B. durch Benennung der anhängigen Verfahren vor dem BFH, BVerfG oder EuGH mit Aktenzeichen und Streitfrage), hinsichtlich welcher Teile Bestandskraft nicht eintreten soll, um die Reichweite der Teil-Einspruchsentscheidung zu definieren. Durch den Eintritt der Bestandskraft entfällt die Möglichkeit, weitere Punkte oder neu anhängig werdende gerichtliche Verfahren „nachzuschieben”. Es empfiehlt sich, den Tenor wie folgt abzufassen:
„Der Einsp...