Dipl.-Finanzwirt (FH) Jürgen Feißt
Leitsatz
Die Veräußerung eines von mehreren im Rahmen eines Einzelunternehmens entwickelten und betriebenen Internet-Diensten stellt keine Teilbetriebsveräußerung dar und unterliegt daher der Gewerbesteuer, wenn zwischen den einzelnen Internet-Diensten keine klare organisatorische Trennung besteht. Das Vorliegen einer Kostenstellenrechnung kann eine gesonderte Organisation nicht ersetzen.
Sachverhalt
Ein EDV-Dienstleister hat sich im Rahmen seiner Einzelfirma auf das Angebot von Internet-Diensten spezialisiert. Unter verschiedenen Domains werden Angebote mit unterschiedlichen Zielrichtungen erstellt. So betrieb er den Internet-Dienst "A".de, einen regionalen Internet-Anbieter, um den Zugang zum damaligen sog. Wissenschaftsnetz zu eröffnen, der sich an wissenschaftlich orientierte Privatpersonen richtet und nicht-kommerziell ausgerichtet ist. Später trat er unter den Firmen "B" und "C" auf und bot den Internet-Dienst "D".Net an, der im regionalen Nahbereich Firmenkunden Internetzugänge mit zugehörigen Nebendienstleistungen (Intraneterrichtung, Domainpflege, Erarbeitung einer Internetpräsenz) anbietet. Danach entwickelte er den Internet-Dienst "E".de, der sich an eine Vielzahl von Nutzern im Internet richtet und ihnen die Möglichkeit einräumte, sich kostenlos mit einer eigenen Homepage zu präsentieren. Finanziert wurde dies durch die automatisierte Einblendung von Werbeflächen in die Homepages; zur Vermarktung der Werbeflächen schloss der Kläger einen Vermarktungsvertrag mit der Firma "F". Zuletzt baute der Kläger den Internet-Dienst "G".de auf, der den Kunden eigene Domains, Webmaster Tools (Hilfsmittel zur Gestaltung einer individuellen Webseite), einen kostenlosen Kleinanzeigenmarkt, ein Chatsystem, Foren und eine Suchmaschine zur Verfügung stellte.
Den Internet-Dienst "E".de verkaufte er an die "H".de GmbH. Übertragen wurden alle damit zusammenhängenden materiellen und immateriellen Werte, mit Ausnahme der Verbindlichkeiten und Bargeldbestände, insbesondere der Name "E".de und damit zusammenhängender goodwill. Das Finanzamt behandelte die Veräußerung als laufenden Gewinn und unterwarf ihn der Gewerbesteuer.
Entscheidung
Unter einem Teilbetrieb, dessen Veräußerung nicht der Gewerbesteuer unterliegt, ist ein organisch geschlossener, mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter Teil eines Gesamtbetriebes zu verstehen, der für sich allein lebensfähig ist (ständige Rechtsprechung des BFH). Es muss sich um eine Untereinheit des Gesamtbetriebes, einen selbständigen Zweigbetrieb im Rahmen eines Gesamtunternehmens, handeln.
Ob ein Betriebsteil die für die Annahme eines Teilbetriebs erforderliche Selbständigkeit besitzt, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse - beim Veräußerer - zu entscheiden. Hierfür hat die Rechtsprechung verschiedene Abgrenzungsmerkmale entwickelt, z. B. räumliche Trennung vom Hauptbetrieb, gesonderte Buchführung, eigenes Personal, eigene Verwaltung, selbständige Organisation, eigenes Anlagevermögen, ungleichartige betriebliche Tätigkeit, eigener Kundenstamm. Dabei sind auch die Besonderheiten des Betriebes zu beachten, je nachdem, ob es sich um einen Fertigungs-, Handels- oder Dienstleistungsbetrieb handelt.
Im vorliegenden Fall wird das Dienstleistungsunternehmen als Einzelunternehmen betrieben. Das Unternehmen war geprägt von den Ideen, den Kontakten und dem persönlichen Arbeitseinsatz des Inhabers, von der Arbeit der beauftragten Programmierer und von den Beziehungen zur Kundschaft. Im Rahmen dieses Unternehmens ist allerdings keine gleichartige Tätigkeit ausgeübt worden sondern vielmehr 2 Tätigkeitsbereiche. Zum einen die Entwicklung und ggf. das spätere Betreiben von Internet-Diensten ("A".de,"E".de und "G".de) entweder für einen speziellen Kundenkreis oder für Internet-Nutzer allgemein - dies erfolgte unter der Firma "B", zum anderen die Betreuung und das Erstellen individueller Lösungen im Zusammenhang mit Internet-Auftritten, Internet-Nutzung, Intranet-Implementierung etc. für Firmenkunden im Umfeld - dies erfolgte unter der Firma "C".
Der "Internet-Dienstes E".de war allerdings aus dem Unternehmensbereich "Online Services and Networks" nicht in einer Weise verselbständigt, dass man insoweit von einem eigenständigen Teilbetrieb sprechen kann. "E".de wurde mit einem flexiblen Team von in der Regel selbständigen Dienstleistern entwickelt, das projektbezogen zusammengestellt wurde. Er hat diesen Internet-Dienst - wie auch andere Internet-Dienste - in seinem Arbeitsumfeld entwickelt bzw. betrieben, ohne dass hierfür eine eigene Buchhaltung existierte, besondere Räume angemietet und (abgesehen von freien Mitarbeitern) eigene Arbeitnehmer beschäftigt werden mussten.
Das Vorliegen einer Kostenstellenrechnung kann eine gesonderte Organisation (Buchhaltung, Personal, Räume) nicht ersetzen, sondern dient lediglich der Kostenzurechnung (insbesondere der Gemeinkosten) auf verschiedene Betriebsbereiche bzw. betriebliche Leistungen.
Dass mit dem verkauften Internet-Dienst ein eigener Kundenkreis und ...