Leitsatz
1. Aufwendungen für eine Wohnung, die nach vorheriger, auf Dauer angelegter Vermietung leer steht, sind auch während der Zeit des Leerstands als Werbungskosten abziehbar, solange der Steuerpflichtige den ursprünglichen Entschluss zur Einkünfteerzielung im Zusammenhang mit dem Leerstand der Wohnung nicht endgültig aufgegeben hat. Diese Grundsätze sind auch auf den Leerstand einzelner Räume innerhalb einer Wohnung, die vom Steuerpflichtigen im Übrigen anderweitig genutzt wird, anzuwenden.
2. Aufwendungen für eine leer stehende Wohnung sind nicht (mehr) in vollem Umfang als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar, wenn der Steuerpflichtige den Entschluss zu vermieten hinsichtlich einzelner Teile der Wohnung aufgegeben hat. Von einer ("teilweisen") Aufgabe der Vermietungsabsicht ist auch dann auszugehen, wenn der Steuerpflichtige einzelne Räume der Wohnung nicht mehr zur Vermietung bereithält, sondern in einen neuen Nutzungs- und Funktionszusammenhang stellt, selbst wenn es sich dabei um einen steuerrechtlich bedeutsamen Zusammenhang handelt.
Normenkette
§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG
Sachverhalt
Die Kläger hatten eine Eigentumswohnung zunächst über mehr als 10 Jahre vermietet. In der Folge vermieteten sie nur noch ein Zimmer der Wohnung an Messebesucher oder Wochenendheimfahrer und erzielten daraus in einzelnen Jahren geringe, in anderen Jahren – so auch im Streitjahr – überhaupt keine Einnahmen mehr. Die Klägerin nutzte einen Raum in der Wohnung zu eigenen gewerblichen Zwecken.
Entscheidung
Der BFH hat die Entscheidung des Niedersächsischen FG (Urteil vom 23.4.2012, 3 K 445/10, Haufe-Index 3528222) aufgehoben, welches den Abzug der auf die Wohnung entfallenden Aufwendungen in vollem Umfang zugelassen hatte, und die Sache zur Aufteilung der Kosten an das FG zurückverwiesen. Das FG muss nun auch noch einmal prüfen, ob sich die Kläger ernsthaft um die Vermietung bemüht hatten.
Hinweis
Die Entscheidung setzt die Reihe neuer und grundlegender BFH-Urteile zum Abzug vorweggenommener Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (vgl. BFH/PR 2013, 112 und BFH/PR 2013, 185) fort und klärt weitere Einzelheiten:
1. Grundsätzlich ist bei Leerstand zwischen zwei Fallgruppen zu unterscheiden: Eine auf Dauer angelegte Vermietung hat bereits (1) oder hat noch nicht (2) stattgefunden. Die Besprechungsentscheidung ist der ersten Fallgruppe zuzurechnen. Für diese ist in der Rechtsprechung geklärt, dass die Aufwendungen für die Wohnung während der Leerstandszeit abziehbar sind, solange die Absicht zu vermieten noch nicht endgültig aufgegeben worden ist. Für eine gewisse Zeit des Leerstands ist danach (und sofern keine Indizien dagegen sprechen) davon auszugehen, dass die Absicht zu vermieten fortbesteht.
2. Diese Kontinuität wird – entsprechend dem ersten Leitsatz – nicht unterbrochen, wenn sich die Willensrichtung des Steuerpflichtigen insoweit ändert, als er nicht mehr die in sich abgeschlossene Wohnung als Einheit, sondern nur noch einzelne Zimmer vermieten will. Einzelne Zimmer sind nach der Rechtsprechung taugliche Objekte der Vermietung und die inhaltliche Neuausrichtung der Vermietungsabsicht unterbricht die Annahme fortbestehender Vermietungsabsicht nicht, soweit sie sich an den einzelnen zur Vermietung bereitgehaltenen Räumen fortsetzt.
3. Die Vermietungsabsicht endet aber nach Maßgabe des zweiten Leitsatzes teilweise, und zwar für Räume, die einer anderen Verwendung zugeführt werden (hier: Nutzung zu eigenen gewerblichen Zwecken), denn die tatsächliche Nutzung zu anderen als zu Vermietungszwecken schließt ein Bereithalten zur Vermietung aus.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 12.6.2013 – IX R 38/12