Leitsatz
1. Nutzen Eheleute nur einen Teil des Hauses zu eigenen Wohnzwecken, während der andere Teil von Dritten bewohnt wird oder anderen als Wohnzwecken dient, und wendet der eine Ehegatte dem anderen freigebig das Eigentum oder Miteigentum an dem Haus zu, ist die Zuwendung nur hinsichtlich der von den Ehegatten selbst bewohnten Flächen steuerfrei.
2. Zu den von den Ehegatten selbst bewohnten Flächen zählen auch von nahen Angehörigen der Ehegatten zu Wohnzwecken benutzte Räume, wenn diese Personen einen gemeinsamen Hausstand mit den Ehegatten führen.
3. Ein von einem der Ehegatten genutztes häusliches Arbeitszimmer, das im Wohnbereich belegen ist, ist auch dann der Wohnnutzung der Ehegatten zuzurechnen, wenn es an den Arbeitgeber des Ehegatten vermietet ist.
Normenkette
§ 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG a.F.
Sachverhalt
Im Zuge einer vertraglichen Beendigung der Zugewinngemeinschaft übertrug der Ehemann seinen Miteigentumsanteil an einem bebauten Grundstück auf die Klägerin und zahlte ihr darüber hinaus einen Geldbetrag. Sodann zog er aus. Das Haus wies drei Wohnungen auf, von denen die beiden unteren als Familienwohnung gedient hatten. Einen der Räume hatte der Ehemann an eine GmbH vermietet, deren Geschäftsführer er war. Die Dachgeschosswohnung bewohnte aufgrund eines dinglichen Wohnrechts die Mutter der Klägerin.
Das FA verweigerte wegen des an die GmbH vermieteten Raums die Anwendung des § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG a.F. Demgegenüber hielt das FG (FG Nürnberg, Urteil vom 05.10.2006, IV 292/2003, Haufe-Index 1644116, EFG 2007, 207) die Übertragung des Miteigentums für gänzlich steuerfrei. Weder der vermietete Raum noch die fremdgenutzte Dachgeschosswohnung stünden dem entgegen.
Entscheidung
Der BFH war der Ansicht, die Vermietung des einen Raums innerhalb der eigengenutzten Wohnung sei unschädlich; die Nutzung der dritten Wohnung sei dagegen schädlich, da die Mutter nicht in einem gemeinsamen Hausstand mit den Eheleuten lebte. Dies habe aber nicht den gänzlichen Ausschluss der Steuerbefreiung zur Folge; vielmehr sei eine Aufteilung des Grundstückswerts nach dem Verhältnis der Nutzfläche der Dachgeschosswohnung zur Gesamtfläche des Hauses erforderlich.
Hinweis
1. Mit der vorliegenden Entscheidung korrigiert der BFH die Finanzverwaltung in zwei Punkten, die die S. 6 und 7 von R 43 Abs. 1 ErbStR 1999/2003 betreffen. Die bedeutendere Korrektur ist die des S. 6. Danach soll eine auch nur teilweise Vermietung des Hauses oder der Eigentumswohnung (ETW) befreiungsschädlich sein. Dies ist zu eng, widerspricht dem Befreiungszweck und wird auch durch den Begriff des Familienwohnheims nicht erzwungen.
2. Es ist mit diesem Begriff durchaus vereinbar, die zu eigenen Wohnzwecken genutzten Räume als Familienwohnheim anzusehen, obwohl Teile des Hauses oder der ETW von Dritten bewohnt werden. Allerdings ist dann die Befreiung auf die eigengenutzten Teile des Hauses bzw. der ETW zu beschränken. Dabei wird eine Aufteilung des Grundstückswerts nach der tatsächlichen Nutzung erforderlich.
3. Dieser Sichtweise ist nunmehr auch § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG angenähert, indem er bei Häusern mit mehreren Wohnungen eine wohnungsbezogene Betrachtung zulässt. Ob dabei auch an eine Aufteilung nach Nutzflächen, etwa bei Mitbenutzung einer Wohnung durch nicht zum Hausstand gehörende Dritte (Untermieter) gedacht ist, ist unklar. Immerhin verweist die Vorschrift auf § 181 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BewG i.d.F. des ErbStRG und damit auch auf eine ETW.
4. Das im 3. Leitsatz erwähnte Arbeitszimmer ist durch zwei Besonderheiten gekennzeichnet, von denen die eine gegen und die andere für eine Befreiung bezüglich dieses Zimmers spricht, nämlich zum einen durch die Fremdvermietung (rechtlicher Befund) und zum anderen durch die Nutzung seitens des Ehegatten (tatsächlicher Befund). Der BFH hält das Tatsächliche für entscheidend und gewährt die Befreiung auch für dieses Zimmer. Das geschieht allerdings nur deshalb, weil es im eigengenutzten Wohnbereich – und damit im Familienwohnheim – belegen ist.
5. Zu weit geht dagegen R 43 Abs. 1 S. 7 ErbStR 1999/2003, wonach die unentgeltliche Überlassung von Wohnräumen an "weitere Verwandte" wie z.B. Eltern unschädlich sein soll. Dies trifft nach Ansicht des BFH nur dann zu, wenn die weiteren Verwandten einen gemeinsamen Hausstand mit den Ehegatten führen. Im Regelfall wird es dann so sein, dass die Verwandten im Hausstand der Ehegatten leben.
6. § 13 Ab. 1 Nr. 4a ErbStG ist auch dann erfüllt, wenn ein Ehegatte im Zuge der Eigentumsübertragung auf den anderen das Familienwohnheim verlässt und den erwerbenden Ehegatten in dem bisherigen Familienwohnheim zurücklässt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 26.02.2009 – II R 69/06