Entscheidungsstichwort (Thema)
Dokumentenpauschale für vom Rechtsanwalt gefertigte, entscheidungserhebliche Kopien von Originalen. Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15. September 2004
Leitsatz (redaktionell)
1. Kopiert der Rechtsanwalt Originale, um sie seinen Schriftsätzen, z.B. gemäß § 131 ZPO, hinzuzufügen, so handelt es sich dann um eine zusätzliche Leistung i.S. von § 27 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO, die regelmäßig im stillschweigenden Einverständnis des Auftraggebers zu vergüten ist, wenn diese Ablichtungen für die Entscheidungsfindung erheblich sein können (hier: Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts für Kopien zum Nachweis der Kindergeldberechtigung des Mandanten).
2. Erlässt das Finanzamt gerade wegen der Vorlage der Kopien einen Abhilfebescheid und werden ihm nach Erklärung der Erledigung der Hauptsache die Kosten des Hauptsacheverfahrens auferlegt, so waren die Kopierkosten „notwendig” i.S. der §§ 139 Abs. 1, 149 Abs. 1 FGO und sind dem Anwalt vom FA zu erstatten.
Normenkette
BRAGO § 27 Abs. 1 Nrn. 1-3, § 25 Abs. 1, 3; GKG Anl. 1 Nr. 9000; ZPO § 131; FGO § 139 Abs. 1, § 149 Abs. 1
Tenor
1. Die Erinnerung wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Erinnerungsverfahrens hat die Erinnerungsführerin zu tragen
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten über die Festsetzung einer Dokumentenpauschale für 5 Ablichtungen im außergerichtlichen Vorverfahren und 26 Ablichtungen im finanzgerichtlichen Verfahren.
Die Parteien stritten im Hauptsacheverfahren über die Kindergeldberechtigung des Erinnerungsgegners für seine Tochter N. Zusammen mit der Klageschrift reichte der Prozessbevollmächtigte des Erinnerungsgegners für das Gericht und den Beklagten Kopien von amtlichen Entscheidungen des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge ein. Im Laufe des finanzgerichtlichen Verfahrens reichte er weiterhin auf Betreiben der Erinnerungsführerin Kopien der Zuweisungsentscheidung des Thüringer Landesverwaltungsamtes sowie Meldebescheinigungen bei der Meldebehörde ein. Nach Zugang dieser Unterlagen gewährte die Erinnerungsführerin das beantragte Kindergeld für die beiden Töchtern des Erinnerungsgegners A. und N. für die Monate August und September 2003 bzw. September 2003. Beide Parteien erklärten daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.
Mit Beschluss des III. Senats des Thüringer Finanzgerichts vom 10. Juni 2004 wurden die Kosten des Verfahrens nach § 138 Abs. 2 FGO der Erinnerungsführerin auferlegt und die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig erklärt. Auf Antrag des Prozessbevollmächtigten des Erinnerungsgegners wurde der Streitwert mit Beschluss des III. Senats des Thüringer Finanzgerichts vom 7. Juli 2004 auf 3080 EUR festgesetzt.
Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 6. September 2004 beantragte der Erinnerungsgegner neben weiteren hier nicht mehr streitigen Kosten auch die Erstattung einer Dokumentenpauschale gemäß § 27 Abs. 1 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) in Höhe von 2,50 EUR für 5 Ablichtungen im außergerichtlichen Vorverfahren und in Höhe von 13 EUR für 26 Kopien im finanzgerichtlichen Verfahren. Nach den unwidersprochenen Angaben des Prozessbevollmächtigten des Erinnerungsgegners waren davon folgende Kopien umfasst:
a. Für das außergerichtliche Vorverfahren:
- Haushaltsbescheinigung des Klägers mit amtlicher Bestätigung von der zuständigen Meldebehörde;
- Aufenthaltsgenehmigung in den Reisepässen der Familie des Antragsgegners
- Auszug aus dem Geburtseintrag für das weitere Kind A..
Entscheidungsgründe
b. Für das finanzgerichtliche Klageverfahren:
- Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 10.07.2003;
- Teilabschlussmitteilung des Bundesamtes für Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 29.08.2003;
- Zuweisungsentscheidung des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 17.03.2003;
- drei Anmeldungen bei der Meldebehörde.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15. September 2004 setzte der Urkundsbeamte des Thüringer Finanzgerichts die zu erstattenden Kosten gemäß § 149 FGO auf insgesamt 460,85 EUR fest. Zur Begründung wurde angeführt, dass die im Schriftsatz vom 6. September 2004 näher bezeichneten Ablichtungen gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO zur sachgemäßen Bearbeitung erforderlich gewesen seien, sodass die Dokumentenpauschale in der beantragten Höhe festgesetzt werde. Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten auf den Beschluss verwiesen.
Dagegen legte die Erinnerungsführerin mit Schreiben vom 16. September 2004 Erinnerung ein und führte zur Begründung aus, dass die allgemeinen Geschäftskosten grundsätzlich gemäß § 25 Abs. 1 BRAGO mit den Gebühren, die ein Rechtsanwalt für seine Tätigkeit erhalte, abgegolten seien. Dies gelte gemäß § 25 Abs. 3 BRAGO auch für den Ersatz von Schreibauslagen, soweit nicht § 27 BRAGO etwas anderes bestimme. Gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO habe der Rechtsanwalt einen Anspruch auf Ersatz der Schreibauslagen und Ablichtungen nur dann, wenn er diese aus Behörden- oder Gerichtsakten fertige und deren Herstellung zur sachge...