rechtskräftig

 

Tatbestand

I.

Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Lohnsteuerhaftungsbescheides vom 29.09.1994 bezüglich

der Lohnsteuerhaftung für das 2. Halbjahr 1990.

Die Antragstellerin (Astin) hatte im August 1990 eine einmalige Sonderzahlung in Höhe eines Bruttomonatsgehalts an ihre Arbeitnehmer gezahlt, mit der die Mehrarbeit für die außerordentlich hohen Belastungen in den Monaten Juni und Juli 1990 abgegolten werden sollte. Die Sonderzahlung wurde als gesondertes Gehalt erfaßt und besteuert.

Der Antragsgegner (Ag) führte bei der Astin eine Lohnsteueraußenprüfung für den Prüfungszeitraum Juli 1990 bis Mai 1994 durch. Aufgrund der Prüfungsfeststellungen erließ der Ag am 29.09.1994 einen Haftungsbescheid, in dem die Sonderzahlung als laufendes Gehalt versteuert wurde.

Gegen den Haftungsbescheid legte die Astin Einspruch ein und beantragte nach Zahlung des Betrages am 09.01.1995 die Aufhebung der Vollziehung. Hierüber hat der Ag noch nicht entschieden.

Der Antrag wird im wesentlichen wie folgt begründet:

Über den Antrag auf Aufhebung der Vollziehung habe der Ag seit über einem Jahr nicht entschieden.

Nach der Systematik der AStVO sei durch den Abzug vom Monatslohn die Steuerpflicht erfüllt. Bei schwankenden Zuflüssen seien wegen der Progressionswirkung umfassende Sonderregelungen getroffen worden. In diese Systematik habe der bundesdeutsche Gesetzgeber durch § 20 Abs. 3 StAnpG eingegriffen, indem er die Aufhebung der §§ 10, 11 und 18 der AStVO anordnete. Diese Zerstörung der Systematik und damit ein Verstoß gegen Art. 3 GG könne durch entsprechende Anwendung der Regelung in Ziff 65a AStR auf sonstige Einmalzahlungen, wie Mehrarbeitsvergütungen oder die Jahresendprämie geheilt werden. Die AStVO sei verfassungswidrig, weil sie vom Ministerrat der DDR unter Ausschaltung des Parlaments erlassen worden sei.

Die Haftung sei ausgeschlossen, weil der Arbeitgeber die Lohnsteuern infolge eines entschuldbaren Rechtsirrtums nicht einbehalten habe, da er auf die Regelung des Tarifvertrags vom 12.07.1990, insbesonders zur lohnsteuerlichen Beurteilung vertraut habe. Arbeitgeber sei nicht die Astin, sondern die zentrale Gehaltsstelle, die beim Rat des Bezirkes Gera geführt wurde gewesen, da diese bei der Lohnabrechnung in der DDR alle Verpflichtungen des Arbeitgebers übernommen habe. Im Übrigen könnten an die Astin keine höheren Anforderungen als an die Finanzverwaltung hinsichtlich der Lohnabrechnungen gestellt werden. Hinsichtlich der Ermessenserwägungen sei zu prüfen, ob eine Inanspruchnahme für Lohnsteuer für das 2. Halbjahr ermessensgerecht sei, wobei die Übergangssituation in den neuen Bundesländern zu berücksichtigen sei.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die Vollziehung des Lohnsteuerhaftungsbescheides i.H.v. XXXX,XX DM auszusetzen,

hilfsweise,

die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zuzulassen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Zur Begründung führt er aus:

Nach dem Einigungsvertrag sei das Steuerrecht der ehemaligen DDR bis zum 31.12.1990 anzuwenden. Für die Versteuerung des Arbeitseinkommens sei die AStVO anzuwenden. Lohnzahlungszeitraum für die Sonderzahlung sei der August 1990. Gemäß § 9 Abs. 1, 19 Abs. 1 AStVO bemesse sich die Lohnsteuer für August 1990 nach dem Gesamtbetrag aus dem Bruttogehalt des Monats August und der im August geleisteten Sonderzahlung. Bei der Sonderzahlung handele es sich nicht um eine mit einer Urlaubsabgeltungszahlung vergleichbaren Leistung, so daß keine gesonderte Lohnsteuerberechnung nach Ziff. 65a AStR durchzuführen sei.

Eine Ungleichbehandlung der Steuerpflichtigen im Beitrittsgebiet gegenüber den Steuerpflichtigen in den alten Bundesländern in 1990 sei durch die erheblichen Schwierigkeiten der Einführung der bundesdeutschen Steuergesetze zum 03.10.1990 in der ehemaligen DDR bedingt gewesen.

Die AStVO sei nicht verfassungswidrig, wie deren Anerkennung als geltendes Recht durch die Rechtsprechung darlege.

Die Astin hafte gemäß § 20 Abs. 4 AStVO als Arbeitgeber und Lohnschuldner für die ordnungsgemäße Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuerbeträge. Durch die Lohnabrechnung durch eine andere Stelle gehe die Arbeitgebereigenschaft nicht verloren, insbesonders entbinde dies die Astin nicht von ihren Arbeitgeberpflichten.

Steuern seien nach Maßgabe der Gesetze bzw. Rechtsvorschriften festzusetzen bzw. zu entrichten. Der Tarifvertrag stelle keine Rechtsvorschrift dar. Die Astin könne sich daher auch nicht darauf berufen, auf die Regelungen im Tarifvertrag vertrauen zu dürfen, die eine getrennte Lohnabrechnung von Monatsgehalt und Sonderzahlung beinhalten.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag ist zulässig.

Nach § 69 Abs. 4 Nr. 1 FGO kann der Antrag auf Aufhebung der Vollziehung auch ohne vorherige Ablehnung durch die Behörde beim Finanzgericht gestellt werden, wenn die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat.

Mit Schreiben vom 14.12.1994 stellte die Astin beim Ag einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehun...

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