Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstellung von Vollstreckungsmaßnahmen. Untätigkeitsklage nach § 46 Abs.1 FGO
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der vorliegende Rechtsstreit wirksam für erledigt erklärt werden konnte.
Mit Bescheiden vom 03.01.1996 forderte der Beklagte von der Klägerin Lotteriesteuer für 1994 und 1995. Die Bescheide wurden mit dem Einspruch angefochten. Aufgrund anhängiger Revisionsverfahren hinsichtlich der Lotteriesteuer 1991 bis 1993 ruhten die außergerichtlichen Rechtsbehelfe kraft Gesetzes. Anträge auf Aussetzung der Vollziehung für 1991 bis 1993 hatte das Thüringer Finanzgericht abgewiesen (Az.: I 149/94 V). Aufgrund der offenen Forderungen pfändete der Beklagte am 01.04.1996 u. a. eine Frankiermaschine.
Mit Gerichtsbescheid und Beschluß des Bundesfinanzhofs vom 19.06.1996 wurde der Revision und dem beim BFH anhängigen Aussetzungsantrag stattgegeben. Beide wurden dem Beklagten am 12.07.1996 zugestellt. Mit Schreiben vom 08.07.1996 und 18.07.1996 bat die Klägerin, die Frankiermaschine freizugeben. Der Beklagte teilte der Klägerin mit, daß die Freigabe nicht vor Eintritt der Rechtskraft des Gerichtsbescheides erfolgen könne. Am 12.08.1996 hob der Beklagte die Pfändung der Frankiermaschine auf, worauf sie am 20.08.1996 abgeholt wurde. Bereits mit Schriftsatz vom 26.07.1996, Eingang bei Gericht am 30.07.1996, erhob die Klägerin Untätigkeitsklage gem. § 46 Abs. 1 FGO, da der Beklagte die Frankiermaschine nicht rechtzeitig freigegeben habe.
Die Klägerin trägt vor, der Beklagte hätte die Maschine aufgrund des sofort rechtskräftigen Aussetzungsbeschlusses des BFH, den die Klägerin dem Beklagten bereits am 05.07.1996 per Fax übermittelt habe, sofort herausgeben und die Vollstreckungshandlungen aufheben müssen. Da die Frankiermaschine zwischenzeitlich wieder im Besitz der Klägerin sei, habe sich die Untätigkeitsklage erledigt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
festzustellen, daß die Untätigkeitsklage (Az.: I 242/96) erledigt ist.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält eine Untätigkeitsklage für unzulässig. Der Rechtsstreit sei nicht in zulässiger Weise an das Gericht gelangt. Der Beklagte habe kein rechtliches Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung. Im übrigen habe er dem Herausgabebegehren innerhalb von ca. 5 Wochen entsprochen, dies sei ausreichend.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unzulässig.
Im Streitfall hat nur die Klägerin die Hauptsache für erledigt erklärt. Der Beklagte hat keine Erledigungserklärung abgegeben, sondern seinen Sachantrag aufrechterhalten und der Erledigung ausdrücklich widersprochen. Die einseitige Erledigungserklärung eines Klägers kann im gerichtlichen Verfahren aber nur dann Rechtswirkungen entfalten, wenn dessen bei Gericht gestellter Rechtsschutzantrag zulässig war (BFH-Beschluß vom 15.07.1986 VII B 58/84, BFH/NV 1987, 81). Denn Sachanträge, die in einem unzulässigen Verfahren gestellt sind, sind unbeachtlich. Der Rechtsbehelf oder das Rechtsmittel ist in diesem Falle als unzulässig abzuweisen, ohne daß über die Sachanträge zu entscheiden ist. Da auch die Entscheidung über die Erledigung der Hauptsache ein Eingehen auf die Sache selbst bedeuten würde, ist das Gericht hierzu nicht befugt, wenn der bei ihm gestellte Antrag unzulässig ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 15. Juli 1986 VII B 58/84, BFH/NV 1987, 81 und vom 25.04.1989 – VII B 185/88, BFH/NV 1990, 112; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 13. Aufl., § 138 FGO Tz. 39, m. w. N.).
Die ursprünglich erhobene Untätigkeitsklage war unzulässig. Gemäß § 46 Abs.1 Finanzgerichtsordnung -FGO- ist eine Klage abweichend von § 44 FGO ohne vorherigen Abschluß des Vorverfahrens zulässig, wenn über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf ohne Mitteilung eines sachlichen Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden wurde.
Soweit die Klägerin die Herausgabe der Frankiermaschine begehrte ist § 46 FGO überhaupt nicht anwendbar. § 46 FGO gilt nur für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen, d.h. fristgebundene Klagen, die ein Vorverfahren voraussetzen. Soweit die Klägerin lediglich die Herausgabe als schlichtes Verwaltungshandeln begehrt, ist ihr Antrag auf eine tatsächliche Leistung gerichtet. Insoweit wäre allenfalls ein Rechtsschutz gem. § 114 FGO im Wege einer einstweiligen Regelungsanordnung denkbar gewesen. Das ausdrücklich als Untätigkeitsklage bezeichnete Rechtsschutzbegehren der Klägerin kann auch nicht umgedeutet werden, denn die Klage wurde von einem Steuerberater und nicht von einem steuerrechtlichen Laien eingelegt. Damit ist eine Auslegung gegen den Wortlaut nicht zulässig.
Soweit der Antrag der Klägerin dahingehend auszulegen wäre, daß sie sich gegen die Pfändungsmaßnahme vom 01.04.1996 und damit gegen einen Verwaltungsakt wendete, wäre die Klage ebenfalls unzulässig. Die Klägerin hat nicht dargelegt, daß und zu welchem Zeitpunkt sie Einspruch gegen diesen Verwaltungsakt eingelegt hat. Ein Einspruch gegen di...