Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Beschwer durch Nullbescheid
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Klage gegen einen Einkommensteuerbescheid wird mangels Beschwer unzulässig, wenn die Steuer während des Klageverfahrens durch einen Änderungsbescheid auf Null festgesetzt wird.
2. Dieser Gerichtsbescheid gilt nach Antrag auf mündliche Verhandlung als nicht ergangen (vgl. Thüringer FG, Urteil v. 8.11.2006, II 410/05).
Normenkette
FGO § 40 Abs. 2
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines geänderten Einkommensteuerbescheids. Abweichend von dem zunächst erklärungsgemäß veranlagten Einkommensteuerbescheid für 2002 vom 21. Mai 2004 erhöhte das Finanzamt (FA) im geänderten Bescheid vom 15. Juli 2004 die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 3.114 EUR auf 16.920 EUR. Dem lag die Auswertung eines am 11. Mai 2005 ergangenen Feststellungsbescheids zugrunde, wonach die Klägerin im Streitjahr als
Mitglied einer Erbengemeinschaft 3.695 EUR Pachten und nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) tarifbegünstigte Einkünfte in Höhe von 13.255 EUR bezogen haben soll.
Gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid wandte sich die Klägerin mit dem Einspruch. Zur Begründung führte sie an, es seien Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht berücksichtigt worden.
Der Einspruch blieb zunächst erfolglos.
Gegen die Einspruchsentscheidung vom 19. April 2005 hat die Klägerin am 19. Mai 2005 Klage erhoben. Mit Änderungsbescheid vom 18. Januar 2006 hat der Beklagte die Einkommensteuer auf 0 EUR festgesetzt. Der Berichterstatter hat daraufhin schriftlich und telefonisch beim Bevollmächtigten der Klägerin sachdienliche Anträge angemahnt. Gleichwohl hat die Klägerin nicht die Erledigung der Hauptsache erklärt.
Das Finanzamt hat rechtliches Gehör erhalten.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist abzuweisen. Mit Ergehen des Änderungsbescheids ist die Klage unzulässig geworden, da die Steuer auf 0 EUR festgesetzt wurde. Insoweit fehlt es an einer von der Steuerfestsetzung ausgehenden Beschwer i. S. von § 40 Abs. 2 FGO, die neben weiteren – hier nicht streitigen – Voraussetzungen für eine zulässige Klageerhebung erforderlich ist (vgl. von Groll in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 40 FGO Tz. 88 m. w. N.). Die von Amts wegen zu prüfende Beschwer muss als allgemeine Sachentscheidungsvoraussetzung im Zeitpunkt der Entscheidung gegeben sein (vgl. Bundesfinanzhof – BFH –, Beschluss vom 8. Juni 2004 XI B 208/03, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFH/NV – 2005, 55). Denn jede Rechtsverfolgung vor dem Gericht setzt ein Rechtsschutzbedürfnis voraus (BFH, Beschluss vom 28. Juni 1990 X B 163/88, BFH/NV – 1991, 325).
Die notwendige Beschwer kann die Klägerin im vorliegenden Verfahren ebenso wenig aus dem ihr wohl am 12. September 2005 bekannt gegebenen Feststellungsbescheid vom 11. Mai 2005 herleiten. Dem steht das nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) von Amts wegen zu beachtende Rangverhältnis zwischen Grundlagen- und Folgebescheid entgegen. Eine zur Anfechtung berechtigende eigene Beschwer beinhaltet der hier angegriffene Einkommensteuerbescheid mit der „0-Festsetzung” nicht.
Die Klägerin hat es versäumt, der geänderten Verfahrenslage Rechnung zu tragen und die Hauptsache für erledigt zu erklären. Der für sie negativen Kostenfolge hätte sie mit Abgabe einer Erledigungserklärung entgehen können, zumal dem FA in diesem Fall die Kosten nach § 138 Abs. 2 FGO aufzuerlegen gewesen wären.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 FGO. Das Gericht entscheidet im Wege des Gerichtsbescheides gem. § 90a FGO, da der Streitfall keine schwierigen Sachund Rechtsfragen aufweist.
Fundstellen
Haufe-Index 1692359 |
NWB direkt 2007, 3 |