Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit der Reihenfolge der Abschläge und der Höhe des Alterswertabschlags aufgrund der Regelungen des Denkmalerlasses bei der Ermittlung des Gebäudewerts von denkmalgeschützten Gebäuden im Beitrittsgebiet
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Umsetzung der Regelungen des Denkmalerlasses (FinMin Sachsen, Erlass v. 10.8.1995, 34-S 3219a-6/6-45293) bei der Ermittlung des Gebäudewerts von denkmalgeschützten Gebäuden im Beitrittsgebiet entspricht nicht den allgemeinen Prinzipien des Sachwertverfahrens. Insbesondere findet der für das Sachwertverfahren im Beitrittsgebiet durch gemeinsame Erlasse vorgegebene Gebäuderestwert von maximal 60 v. H. der Gebäudenormalherstellungskosten im Gesetz keine Grundlage. Die Begrenzung der Wertminderung wegen Alters beträgt nicht maximal 60 v. H., sondern in entsprechender Anwendung des § 86 Abs. 3 Satz 1 BewG 70 v.H. der Gebäudenormalherstellungskosten.
2. Des Weiteren entspricht die Umsetzung des Denkmalerlasses durch die Datenverarbeitung des FA nicht der durch §§ 85, 88 BewG vorgegeben Reihenfolge der Abschläge bei der Ermittlung des Gebäudewerts. Der Zu- oder Abschlag i. S. des § 88 BewG ist für Umstände objektiver Art, wie sie die rechtliche Beschränkung durch den Denkmalschutz darstellen, zwingend auf der Stufe des Gebäudesachwerts, die der Ermittlung des Gebäudenormalherstellungswerts nachfolgt, vorzunehmen.
Normenkette
BewG § 86 Abs. 1, 3, §§ 87-88, 85, 129 Abs. 2; RBewDV § 3a
Nachgehend
Tenor
1. Der Einheitswertbescheid auf den 1. Januar 2002 vom 11. Juni 2003, geändert durch Bescheid vom 11. Juni 2003, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Juni 2003, wird dahingehend geändert, dass der Einheitswert auf 4.448 EUR (8.700 DM) festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Bewertung des Hauptgebäudes eines Herrensitzes aus dem 16. Jahrhundert.
Die Kläger sind Eigentümer des denkmalgeschützen Herrensitzes, in A-Stadt. Das streitige 3-geschossige Hauptgebäude, das sich (neben 5 Scheunen) auf dem 4.075 m² großen Grundstück befindet, wurde aus Bruchsteinen errichtetet und ist vollständig von einem Wassergraben umschlossen. Seine Grundmauern stehen im Wasser. Hinsichtlich der genauen Lage, der Gebäudebeschaffenheit und der Gebäudeausstattung sowie der Kubatur wird auf das Protokoll (Blatt 62 ff der Gerichtsakte) der anlässlich des Erörterungstermins am 6. Mai 2004 durchgeführten Ortsbesichtigung, auf das Verkehrswertgutachten nebst Anlagen auf Blatt 17 bis 42 sowie auf die Bauteil- und Kubaturaufstellung auf Blatt 192 der Bewertungsakte und auf die von den Klägern erstellte Fotomappe Bezug genommen.
Für das Grundstück war letztmals im Rahmen einer Nachfeststellung zum 1. Januar 1993 der Einheitswert mit 2.500 DM und die Grundstücksart als „sonstiges bebautes Grundstück” festgestellt worden.
Nachdem die Kläger das von ihnen in 1992 in baufälligem Zustand erworbene Anwesen in der Bausubstanz teilweise gesichert und heutigen Wohnbedürfnissen angenähert hatten, führte der Beklagte mit Bescheid vom 11. Juni 2002 eine Wertfortschreibung auf den 1. Januar 2002 durch. Den Bodenwert übernahm er unverändert mit 0,61 DM/m² abzüglich eines Denkmalschutzabschlags von 10 v. H. Ebenso blieb der Wertansatz für die Scheunen unverändert (Gebäude 200 bis 600).
Zur Bewertung des Hauptgebäudes segmentierte er dieses. Das aus mehreren Gewölbekellern bestehende Keller/Erdgeschoss und das gesamte Treppenhaus bezeichnete er als Gebäudeteil 100, den Rittersaal als Bauteil 101 und die zu Wohnzwecken genutzten Räume als Bauteil 102. Hinsichtlich der Rauminhalte – insbesondere der des Gewölbekellers, des Tonnengewölbes und der Treppendiele im EG – wird auf die Maße in der Aufstellung vom 6. Mai 2002 auf Blatt 192 der Bewertungsakte Bezug genommen. Zwischen den Parteien besteht Einvernehmen, dass die vom Kläger mit Schreiben vom 7. März 2004 vorgelegte Bilddokumentation, die Bestandspläne im Bericht des Finanzamtes vom 6. Mai 2002 sowie die in der Bewertungsakte enthaltenen Gutachten und Pläne den Zustand des Gebäudes sowie die Kubatur, den Flächenumfang und die Raumhöhen zutreffend wiedergeben. Weiter besteht auch Einigkeit über den vom Finanzamt ermittelten Umfang der behebbaren Baumängel des Wohnteils, der mit 40 v.H. angenommen wird.
Die Bauteile bewertete der Beklagte ausgehend vom sog. „Denkmalerlass” (vgl. den in „Haufe Steueroffice” veröffentlichten identischen Erlass des FinMin Sachsen vom 10. August 1995, 34-S 3219a-6/6-45293; Einheitsbewertung des Grundbesitzes – Grundbesitz, der unter Denkmalschutz steht) mit den sich für die Bewertung von übrigen Geschäftsgrundstücken und sonstigen bebauten Grundstücken (Bundessteuerblatt – BStBl – I 1994, 481) bzw. Einfamilienhäuser (BStBl I 1991, 968) ergebenden Raummeterpreisen. Dabei ordnete er...