Entscheidungsstichwort (Thema)
Privatnutzung eines betrieblichen PKW als neue Tatsache. Besteuerung der privaten Verwendung eines betrieblichen PKW bei nachträglicher Erstellung eines Fahrtenbuchs anhand von Grundaufzeichnungen sowie bei fehlender Bezifferung der Gesamtaufwendungen für das Fahrzeug
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat die Klägerin wahrheitswidrig keinerlei Privatnutzung für ihr betriebliches Fahrzeug erklärt und hat das FA bei Erlass der Gewinnfeststellungsbescheide keine Ermittlungen zur Fahrzeugnutzung durchgeführt, so können die bestandskräftigen Gewinnfeststellungsbescheide nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert und die PKW-Privatnutzung nachträglich gewinnerhöhend berücksichtigt werden, wenn eine Lohnsteueraußenprüfung nachträglich die Privatnutzung des Wagens festgestellt hat.
2. Die private Nutzung des betrieblichen PKW ist ertragsteuerlich nach der 1 %-Methode zu besteuern, wenn ein förmliches Fahrtenbuch erst nachträglich während des Klageverfahrens erstellt worden ist, die diesem Fahrtenbuch zugrunde gelegten, aus losen Blättern in einem Leitzordner bestehenden Grundaufzeichnungen zur Fahrzeugnutzung nicht im Original, sondern nur in Kopie vorgelegt werden, die Grundaufzeichnungen zudem nicht alle für ein ordungsgemäßes Fahrtenbuch erforderlichen Angaben (z. B. Angaben zu Namen besuchter Personen sowie zum Besuchszweck) enthalten und wenn insgesamt der Eindruck besteht, als wären die Grundaufzeichnungen in einem Zug mit einem Stift durchgeschrieben worden, was gegen die erforderliche zeitnahe Erfassung einer jeden einzelnen Fahrt spricht.
3. Können die Gesamtaufwendungen für einen privat genutzten betrieblichen PKW mangels vollständiger Aufzeichnungen nicht beziffert werden, ist es nicht zu beanstanden, wenn umsatzsteuerlich für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die private Verwendung des dem Unternehmen zugeordneten Pkw von der sog. 1%-Regelung ausgegangen und von dem so ermittelten Wert für die nicht mit Vorsteuern belasteten Kosten ein Abschlag von 20 % vorgenommen wird.
Normenkette
EStG 1999 § 6 Abs. 1 Nr. 4 Sätze 2-3; AO § 162 Abs. 1 Sätze 1-2, § 173 Abs. 1 Nr. 1; UStG 1996 § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b; UStG 1999 § 3 Abs. 9a Nr. 1, § 10 Abs. 4 Nr. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die ertrag- und umsatzsteuerrechtliche Berücksichtigung der privaten Nutzung eines betrieblichen Pkw.
Die Klägerin erzielte in den Streitjahren (1999 bis 2001) als Inhaberin eines in Form eines Einzelunternehmens geführten Dentallabors Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Der Gewinn der Klägerin aus dem Betrieb des Dentallabors wurde gesondert festgestellt, da sie ihr Dentallabor in A-Stadt (Thüringen) betrieb, aber in B-Stadt (Niedersachsen) wohnte. Sie ermittelte ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich.
Die Klägerin hatte ihrem Betriebsvermögen von Februar 1999 bis Dezember 2000 einen PKW Audi A8 (Bruttolistenpreis 120.000 DM) und ab dem 19.12.2000 einen Audi TT (Bruttolistenpreis 65.000 DM) zugeordnet. Eine Privatnutzung der Fahrzeuge hatte die Klägerin in ihren Erklärungen und Jahresabschlüssen für die Streitjahre nicht erfasst. Der Beklagte (das Finanzamt – FA –), folgte insoweit den Erklärungen der Klägerin und setzte zunächst keinen privaten Nutzungsanteil an.
Nach einer im Betrieb der Klägerin durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung erfasste das FA die Privatnutzung der beiden o.g. Pkw ertragsteuerrechtlich in gesonderten Feststellungsbescheiden nach der sog. 1%-Regelung Gewinn erhöhend. Es erhöhte den Gewinn für 1999 um (10 Monate × 1.200 DM=) 12.000 DM auf 43.575 DM, für 2000 um (12 Monate × 1.200 DM=) 14.400 DM auf 34.262 DM und für 2001 um (12 Monate × 650 DM=) 7.800 DM auf 28.446 DM.
Umsatzsteuerrechtlich erfasste das FA mit geänderten Umsatzsteuerbescheiden für 1999 und 2000 die Privatnutzung (nur) für den Audi A8. Für 1999 erhöhte es die Umsatzsteuer um (11.136 DM × 16%=) 1.781,76 DM und für 2000 um (13.363 × 16%=) 2.138,08 DM. Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Privatnutzung legte das FA zugrunde, dass die Klägerin im Zusammenhang mit dem Pkw den vollen Vorsteuerabzug geltend gemacht hatte. Sodann ermittelte das FA den Privatanteil im Schätzungswege. Dabei ging es ebenfalls von dem ertragsteuerlichen Entnahmewert der 1%-Regelung aus und nahm davon einen Abschlag von 20% für nicht mit Vorsteuer belastete Kosten vor. Die Klägerin hatte weder während der Lohnsteueraußenprüfung noch im Einspruchsverfahren ein Fahrtenbuch vorgelegt. Gegenüber dem Prüfer gab sie an, kein Fahrtenbuch geführt zu haben. Außerdem hatte die Klägerin keine Unterlagen vorgelegt, aus denen die auf den Pkw entfallenden Gesamtaufwendungen ersichtlich waren.
Gegen die geänderten Feststellungs- und Umsatzsteuerbescheide le...