Entscheidungsstichwort (Thema)
Betrieb des Arbeitgebers bei auf zwei Jahren befristetem Arbeitsverhältnis mit einer sechsmonatigen Probezeit bereits ab Beginn der Probezeit regelmäßige Arbeitsstätte
Leitsatz (redaktionell)
Auch wenn der Arbeitnehmer ein auf zwei Jahre befristetes Arbeitsverhältnis mit einer sechsmonatigen Probezeit eingeht und das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der zwei Jahre nicht verlängert wird, stellt der Betrieb des Arbeitgebers von Anfang an, also ab Beginn des Arbeitsverhältnisses bzw. der Probezeit, eine regelmäßige Arbeitsstätte dar, so dass die Fahrtkosten nicht nach Dienstreisegrundsätzen, sondern nur im Rahmen der Entfernungspauschale als Werbungskosten abziehbar sind. Da keine auswärtige Tätigkeit vorliegt, können auch keine weiteren Reisekosten, z. B. Verpflegungsmehraufwendungen, berücksichtigt werden.
Normenkette
EStG 2011 § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 4
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob Aufwendungen für Fahrten des Klägers zu seinem Tätigkeitsort als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte oder nach Reisekostengrundsätzen zu berücksichtigen sind, insbesondere, ob der Tätigkeitsort eine regelmäßige Arbeitsstätte darstellte.
Die Kläger sind Eheleute, die für das Kalenderjahr 2011 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Sie erzielten beide Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Der Kläger trat zum 17.01.2011 ein neues Dienstverhältnis an. Laut Arbeitsvertrag vom 11.01.2011 (vgl. Bl. 15 ff. der Finanzamtsakte) war dieser befristet bis zum 16.01.2013 und die ersten 6 Monate galten als Probezeit. Für diese Tätigkeit machte der Kläger zunächst in der Einkommensteuererklärung Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für 208 Arbeitstage bei einer einfachen Entfernung von 83 km als Werbungskosten geltend, die der Beklagte im Rahmen des Einkommensteuerbescheids 2011 vom 25.04.2012 antragsgemäß berücksichtigte.
Im Rahmen ihres hiergegen gerichteten Einspruchs begehrten die Kläger unter Verweis auf ein Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. März 2012 5 K 2160/11 die Berücksichtigung der Fahrtkosten innerhalb der Probezeit als Reisekosten und für 3 Monate Verpflegungsmehraufwendungen. Als Begründung führten die Kläger aus, während der Probezeit liege keine regelmäßige Arbeitsstätte vor. Außerdem wandten sie sich gegen den begrenzten Abzug der Beiträge für Arbeitslosenversicherung als Sonderausgaben; insoweit nahm der Beklagte in der Einspruchsentscheidung einen Vorläufigkeitsvermerk auf.
Nach im Übrigen erfolglosen Einspruch verfolgen die Kläger ihr Begehren mit der Klage weiter und machen geltend:
Die Fahrtkosten seien nach den Reisekostengrundsätzen abzugsfähig. Soweit streitig sei, ob eine regelmäßige Arbeitsstätte vorliege, dürfe die rechtliche Betrachtung nicht wie bisher ausschließlich auf die Probezeit bezogen werden, sondern darüber hinaus auf den gesamten Zeitraum des Arbeitsverhältnisses. Der Kläger habe am 17.01.2011 ein neues Dienstverhältnis als Angestellter im kaufmännischen Bereich bei der Firma AAA angetreten. Laut Arbeitsvertrag sei das Arbeitsverhältnis befristet bis zum 16.01.2013. Das Arbeitsverhältnis sei darüber hinaus auch nicht verlängert worden. Die ersten sechs Monate galten als Probezeit.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG seien Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte Werbungskosten. Regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG sei nach der Rechtsprechung eine ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet sei und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit (fortdauernd und immer wieder) aufsuche (vgl. BFH-Urteil vom 9. Juni 2011 VI R 58/09, BStBl II 2012, 34).
Maßgebend für eine regelmäßige Arbeitsstätte seien somit neben der ortsfesten betrieblichen Einrichtung, das fortlaufende Aufsuchen dieser Betriebseinrichtung, das dortige tatsächlich berufliche Tätigwerden und die dauerhafte Zuordnung des Arbeitnehmers. Soweit alle Voraussetzungen erfüllt seien, liege eine regelmäßige Arbeitsstätte vor. Sei nur ein Merkmal nicht erfüllt, könne keine regelmäßige Arbeitsstätte vorliegen.
Im vorliegenden Streitfall mangele es am Merkmal „dauerhaft”. Der Kläger sei befristet für zwei Jahre in der betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers tätig. Die einfache Entfernung zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte betrage 83 km.
Nur wenn die Arbeitsstätte auf Dauer angelegt sei, könne sich der Arbeitnehmer daher auf die immer gleichen Wege zwischen Wohnung und (regelmäßiger) Arbeitsstätte einstellen und so auf eine Minderung der Wegekosten hinwirken, letztendlich durch einen Wohnsitzwechsel. In diesem Fall sei die Begrenzung des objektiven Nettoprinzips sachlich gerechtfertigt und die Anwendung des § 9 Ab...