Entscheidungsstichwort (Thema)
Übergangsweise vom Partner angemietetes Zimmer in Wohnheim kein eigener Hausstand. zeitlich erst nach Bezug einer neuen Wohnung am neuen Arbeitsort des Klägers begründeter Haupthausstand am neuen Arbeitsort der Lebensgefährtin nicht beruflich veranlasst
Leitsatz (redaktionell)
1. Treten die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft innerhalb eines Jahres jeweils neue Stellen an unterschiedlichen auswärtigen Orten an, so stellt ein von der Partnerin des Klägers an ihrem neuen Arbeitsort angemietetes, 24 qm großes, vom Kläger mitgenutztes Zimmer in einem Gästewohnheim ihres Arbeitgebers keinen „eigenen Hausstand” des Klägers i. S. d. Rechtsprechung zur doppelten Haushaltsführung dar, wenn es sich bei dem Leben in dem Wohnheimzimmer um eine Übergangslösung ohne eigene Kochmöglichkeit für die Zeit bis zum Finden einer geeigneten gemeinsamen Wohnung handelt, diese Übergangslösung jedoch wie ein Hotel- oder Pensionszimmer nicht den Charakter eines eigenen Hausstandes aufweist und zudem die Lebensgefährtin das Wohnheimzimmer allein finanziert, während der Kläger selbst keinen Beitrag zur Miete als wesentlichem Element der Haushaltsfinanzierung leistet.
2. Bezieht der Kläger erst eine eigene Wohnung an seinem neuen Arbeitsort, bevor er nach der unter 1.) beschriebenen Übergangszeit später auch am Arbeitsort der Lebensgefährtin eine weitere Wohnung als Haupthausstand zur gemeinsamen Nutzung mit der Lebensgefährtin anmietet, so ist die dadurch begründete doppelte Haushaltsführung nicht beruflich, sondern privat veranlasst.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 Sätze 1-2, § 12 Nr. 1; GG Art. 20 Abs. 3, Art. 6 Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger ¾ zu tragen, der Beklagte ¼.
3. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung bei der Einkommensteuer für 2001.
Der Kläger erzielte im Jahr 2001 Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, von denen Lohnsteuer für das Streitjahr i.H.v. 14.408 DM einbehalten und abgeführt wurde.
Bis einschließlich Juli 2001 wohnte und arbeitete der Kläger gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin in F. Diese nahm ab Mai 2001 eine Stelle in W. an und bezog dort eine eigene Wohnung. Ab 1. August 2001 trat sie eine Stelle an der Universität in J an und mietete dort für die Monate August und September ein etwa 24 qm großes Zimmer im Gästewohnheim der Universität für insgesamt 220 DM. Der Kläger wechselte ebenfalls zum 1. August seine Arbeitsstelle, indem er die vormalige Arbeitsstelle seiner Lebensgefährtin in W übernahm, zunächst deren Wohnung in W bezog und zum 1. Oktober 2001 eine andere Wohnung in W mietete. Gleichzeitig mit der Begründung einer Wohnung am Beschäftigungsort ab dem 1. August kam er zunächst in dem Wohnheimzimmer seiner Lebensgefährtin in J unter, und zwar mit Wissen der Wohnheimleitung. Die Miete für das Wohnheimzimmer wurde von der Lebensgefährtin des Klägers bezahlt. Ab dem 1. Oktober 2001 mietete der Kläger in J eine Zwei-Zimmer-Wohnung, die er gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin bezog. Die bisherige Wohnung in F wurde im Lauf des Augusts geräumt, die in einer Garage zwischengelagerten Möbel zum 1. Oktober in die neu angemietete Wohnung nach J gebracht. Der Kläger hielt sich ab dem 1. August überwiegend in J auf, in W war er wöchentlich jeweils von Dienstag bis Donnerstag anwesend.
Mit am 16. Januar 2004 eingereichter Einkommensteuererklärung begehrte der Kläger gegenüber dem Beklagten unter anderem, für die Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 2001 insgesamt 15.743 DM als Werbungskosten für eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung zu berücksichtigen. Wegen der genauen Zusammensetzung des Betrags wird auf die Erklärung verwiesen (ESt-Akte, Bl. 3 R).
Der Beklagte, der die Erklärung als Antrag auf Veranlagung zur Einkommensteuer wertete, lehnte dies ab, da die Antragsfrist bereits am 31. Dezember 2003 abgelaufen sei und Wiedereinsetzungsgründe nicht vorlägen. Darauf erhob der Kläger Klage. Im Verlauf des Klageverfahrens gewährte der Beklagte dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Mit Einkommensteuerbescheid vom 25. Februar 2008 berücksichtigte er für den vorgenannten Zeitraum – ohne Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung – lediglich Fahrtkosten i.H.v. 4.788 DM.
Der Kläger ist der Ansicht, dass ab dem 1. August 2001 eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung anzuerkennen sei. Der bisherige gemeinsame Hausstand sei von F nach J verlegt worden. Selbst wenn der Kläger...