Entscheidungsstichwort (Thema)
Qualifizierung eines Stipendiums als sonstige Einkünfte
Leitsatz (redaktionell)
Bezüge aus dem Stipendium einer inländischen Aktiengesellschaft fallen nicht unter die nach § 3 Nr. 44 EStG steuerfreien Bezüge.
Normenkette
EStG 1997 § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. A, § 22 Nr. 1, § 32 Abs. 4 S. 2; EStG § 3 Nr. 44
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um Kindergeld für Alfred X ab dem 1. Januar 1999.
Der Kläger ist Vater des am 11. Juni 1978 geborenen Alfred X. Er erhielt für seinen Sohn bis einschließlich Dezember 1998 Kindergeld. Alfred bestand 1997 sein Abitur. Am 1. Oktober 1998 begann er bei der staatlich anerkannten Berufsfachschule für Automatisierungs-, Daten- und Nachrichtentechnik in München (im Folgenden: Schule) eine Ausbildung zum Industrietechnologen. Träger der Schule ist die rechtsfähige Stiftung XY Technik Akademie. Grundlage der Ausbildung ist der Vertrag zwischen Alfred X und der Schule vom 27. Mai 1998 (vgl. zum genauen Inhalt des Vertrages Bl. 12 der Gerichtsakte - GA -). Gemäß Nr. 8 des Ausbildungsvertrages wird kein Anstellungsverhältnis mit der XY AG begründet. Das Schulverhältnis dauert zwei Jahre, nämlich vom 1. Oktober 1998 bis zum 30. September 2000.
Während der Ausbildung erhält Alfred von der XY AG ein monatliches Stipendium von 1.150 DM im ersten Ausbildungsjahr und 1.250 DM im zweiten Ausbildungsjahr (vgl. das Gewährungsschreiben der XY Aktiengesellschaft vom Oktober 1998, Bl. 13 GA). Alfred bewohnt in München ein möbliertes Zimmer, dass ca. 3 km von der Schule entfernt liegt. Die Beklagte (die Familienkasse) hob mit Bescheid vom 24. 11. 1998 die Festsetzung des Kindergeldes ab dem 1. 1. 1999 auf. Zur Begründung führte sie aus, nach den Unterlagen werde die Einkommensgrenze 1999 überschritten. Mit dem Einspruch macht der Kläger geltend, die auf Grund des Stipendiums seinem Sohn zufließenden Einnahmen seien um Werbungskosten (Fahrtkosten, Wochenendheimfahrten etc.) zu vermindern. Der Einspruch blieb erfolglos. Die Beklagte wertete in der Einspruchsentscheidung vom 19. 1. 1999 die Stipendienbeträge als steuerfreie Bezüge. Im Kalenderjahr 1999 würde Alfred insgesamt 13.740 DM beziehen und damit die Einkommensgrenze von 13.020 DM überschreiten.
Hiergegen richtet sich die Klage, mit der der Kläger vorträgt, es handele sich bei den Stipendien um steuerbare und steuerpflichtige Einnahmen nach § 22 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG -, die um Fahrtkosten, Schulgeld und die Aufwendungen für die Wochenendheimfahrten zu vermindern seien.
Der Kläger beantragt,
1. den Bescheid der Beklagten vom 24. 11. 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. 1. 1999 aufzuheben,
2. hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
1. die Klage abzuweisen,
2. hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Nach ihrer Auffassung handele es sich bei dem Stipendium um steuerfrei Bezüge, die wegen § 3c EStG nicht um Werbungskosten zu vermindern seien.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Der angefochtene Aufhebungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er hat im beantragten Umfang Anspruch auf Kindergeld für seinen Sohn Alfred.
Rechtsgrundlage für diesen Anspruch ab dem 1. 1. 1999 sind § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2, § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a) EStG.
Alfred hat noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet und wird in der Schule für einen Beruf (Industrietechnologe) ausgebildet.
Der Anspruch ist auch nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ausgeschlossen. Alfred wird 1999 Einkünfte von nicht mehr als 13.020 DM beziehen. Der Senat muss nicht entscheiden, ob es sich bei den von der XY AG gewährten Stipendien um Einkünfte oder Bezüge handelt, die für besondere Ausbildungszwecke bestimmt sind (vgl. hierzu Schmidt / Glanegger, Komm. zum EStG, 18. Aufl. 1999, § 32 Rdz. 30 ff.). Denn die nach § 22 Abs. 1 Satz 1 EStG steuerbaren Einkünfte von Alfred erreichen nicht die kindergeldschädliche Grenze von 13.020 DM. Der Senat kann deshalb auch offen lassen, ob Alfred diese Einkünfte nach § 22 Satz 2 EStG überhaupt zuzurechnen sind. Hieran bestehen deshalb Zweifel, weil das Stipendium auf einer freiwillig begründeten Rechtspflicht beruhen kann (vgl. dazu Blümich / Stuhrmann, Kommentar zum EStG, § 22 Rz. 63 ff. und Rz. 68 f.).
Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei dem Stipendium nicht um nach § 3 Nr. 44 EStG steuerfreie Bezüge (zum Begriff der Bezüge i. S. v. § 32 vgl. Kanzler in Hermann / Heuermann / Raupach, Komm. zum Einkommensteuergesetz - EStG - § 32 Anm. 135 m. w. N.). Dies würde voraussetzen, dass das Stipendium, um das es hier geht, von einer Körperschaft, Personenvereinigung und Vermögensmasse i. S. v. § 5 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes - KStG - gewährt wird. Der Senat kann offen lassen, ob die rechtsfähige Stiftung als Schulträger eine Körperschaft (i. S. v. § 80 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) ist, die nach der Satzung d...