Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer 1996
Nachgehend
Tenor
1. Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin zu gestatten, die Umsätze nach vereinnahmten Entgelten gem. § 20 Abs. 1 Nr. 3 Umsatzsteuergesetz zu berechnen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruches der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin als Steuerberatungs-GmbH Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehörige eines freien Berufs i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausführen kann und daher die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten berechnen darf.
Die Klägerin übt in der Rechtsform einer GmbH eine steuerberatende Tätigkeit aus. Geschäftsführer ist ein Steuerberater, die Gesellschafter sind Steuerberater bzw. wiederum eine Steuerberatungs-GmbH. Die Klägerin hat für 1995 Umsätze von über 1 Mio. DM angemeldet; sie ist nicht von der Buchführungspflicht befreit. Ihr Antrag auf Gestattung der Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten gem. § 20 Abs. 1 Nr. 3 des Umsatzsteuergesetzes – UStG – wurde abgelehnt, der Einspruch blieb erfolglos.
Die Klägerin trägt vor, es sei nicht erforderlich, daß der Unternehmer durch seine Tätigkeit Einkünfte erzielt, die nach § 18 Einkommensteuergesetz – EStG – als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit zu erfassen seien. Die Tätigkeit einer Steuerberatungsgesellschaft sei als selbständige Berufstätigkeit eines Steuerberaters anzusehen. Die Gewerbesteuerpflicht stehe dem nicht entgegen. Eine Steuerberatungs-GmbH stehe auch berufsrechtlich Steuerberatern gleich. Die Rechtsform des Unternehmens könne nicht entscheidend sein. Auch bei Steuerbefreiungsvorschriften wie § 4 Nr. 14 UStG könnten juristische Personen steuerbefreite Umsätze tätigen. Auch die Entstehungsgeschichte des § 20 UStG spreche für ihre Auffassung. Der Gesetzgeber habe den Finanzierungsvorteil der Ist-Besteuerung auch der Gruppe der freiberuflichen Tätigen zugänglich machen wollen. Die Umsatzsteuer müsse rechtsformneutral sein. Artikel 10 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie erfordere eine Auslegung des § 20 UStG in diesem Sinne. Auch § 17 Abs.1 des österreichischen UStG lasse die Ist-Besteuerung zu.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin die Genehmigung zu erteilen, die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten gem. § 20 Abs. 1 Nr. 3 Umsatzsteuergesetz zu berechnen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, das Steuerrecht unterscheide konsequent zwischen natürlichen und juristischen Personen. Der Gesetzgeber habe mit der Formulierung „Angehörige eines freien Berufes” nur natürliche Personen begünstigen wollen, so daß Kapitalgesellschaften nicht einbezogen werden könnten. Bei einer juristischen Person trete die Rechtsnatur sehr stark in den Vordergrund, so daß der einzelne Freiberufler nicht mehr nach außen in Erscheinung trete. Zwar führe die Klägerin Umsätze aus, die für sich betrachtet Ausfluß einer freiberuflichen Tätigkeit seien, doch könne die Klägerin nicht Angehörige eines freien Berufes sein. Die berufsrechtliche Gleichstellung sei ohne Belang. Der Wortlaut der Steuerbefreiungsvorschriften (§ 4 Nr. 14 UStG) sei nicht vergleichbar. Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Zu Unrecht hat der Beklagte der Klägerin die Genehmigung zur Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten versagt. Auch eine GmbH kann eine Unternehmerin i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 3 UStG sein (ebenso Lippross, Umsatzsteuerrundschau 1997, 209, a.A. Zeuner in Bunjes/Geist, Kommentar zum UStG, 5. Auflage, § 20 Anm. 8).
Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 3 UStG kann das Finanzamt auf Antrag gestatten, daß ein Unternehmer, soweit er Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG – ausführt, die Steuer nicht nach den vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 Satz 1 UStG), sondern nach den vereinnahmten Entgelten berechnet. Diese Voraussetzungen liegen vor.
Die Klägerin führte als eine Unternehmerin nach § 2 UStG Umsätze aus. § 20 Abs.1 Nr. 3 UStG verlangt weiterhin, daß die Umsätze aus einer Tätigkeit stammen, die als „Angehöriger eines freien Berufs” ausgeführt wird. Der Begriff des Angehörigen eines freien Berufes ist wie im früheren § 12 Abs. 2 Nr. 5 UStG 1980 nicht gesetzlich bestimmt (vgl. Geist in Rau/Dürrwächter UStG § 12 Abs. 2 Nr.5 Anm. 60). Auch § 18 EStG, auf den verwiesen wird, definiert „Angehöriger eines freien Berufs”, nicht sondern zählt lediglich die zur freiberuflichen Tätigkeit gehörigen Berufe beispielhaft auf. § 18 Abs. 1 Satz 3 EStG bestimm...