rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewinnerzielungsabsicht einer Tätigkeit im Amway-Vertrieb. Gewinnfeststellung 1995, 1997 und 1998

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei einer Tätigkeit auf der unteren und mittleren Strukturebene des Amway-Vertriebs ist es eher zweifelhaft, dass langfristig ein Totalgewinn erzielt werden kann und damit eine Gewinnerzielungsabsicht besteht.

2. Das bei Handelsunternehmen bereits der Beweis des ersten Anscheins für eine Gewinnerzielungsabsicht spricht, setzt voraus, dass die zu beurteilende Tätigkeit auf Dauer gesehen zu einem Totalüberschuss führen kann, und dass nicht nur irrationale, nicht durch Tatsachen zu begründende und von findigen Geschäftsleuten geschürte Hoffnungen der im Strukturvertrieb oft wirtschaftlich unerfahrenen Steuerpflichtigen auf ferne Gewinne vorliegen (hier: in mehr als 11 Jahren ein Gesamtverlust von 90.000 DM).

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 2, 1 S. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Hauptsache über die steuerliche Einordnung der aus der Betätigung der Kläger im Amway-Vertrieb erzielten Einnahmen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Die Kläger erzielten in den Jahren 1991–1999 folgende Einkünfte:

Veranlagungszeitraum

Einkünfte nichtselbstständige Arbeit Kläger

Einkünfte nichtselbstständige Arbeit Klägerin

weitere steuerpflichtige sonstige Einkünfte – Verlust aus Amway Vertrieb

1993

34.750 DM

60.611 DM

-18.350 DM

1994

0 DM

4.343 DM

-17.918 DM

1995

0 DM

21.086 DM

-2.071 DM

1996

0 DM

13.761 DM

-10.776 DM

1997

0 DM

0 DM

-10.666 DM

1998

0 DM

0 DM

-5.639 DM

1999

43.500 DM

18.540 DM

- 3.595 DM

Ab 1990 betrieben sie auf dem Gebiet des Handels mit bzw. der Vertriebsförderung von Amway-Artikeln tätig. Die Vertriebsförderung erfolgte im Rahmen eines so genannten Strukturvertriebs, d. h. der in diesem Vertriebssystem Tätige – bei Amway werden sie Berater genannt – erhält aus den Erlösen seiner eigenen Verkäufe der Amway-Artikel eine Gewinnmarge von 30 %. Außerdem werden ihm nach einem besonderen Berechnungsmodus mit steigendem Umsatz sich erhöhende Erfolgsprovisionen gewährt. Darüber hinaus ist er am Erfolg der von ihm betreuten, in einer niedrigeren Strukturebene angesiedelten „Berater” mit umsatzabhängigen, nach einem besonderen Punktschlüssel ermittelten Boni beteiligt. Auf das von den Klägern eingereichte Rechenbeispiel (im Anschluss an Blatt 64 der Gerichtsakte) wird Bezug genommen.

Die wirtschaftliche Entwicklung dieser Tätigkeit der Kläger zeigt sich an Hand folgender Zahlen. Zu beachten ist, dass der Kläger bis einschließlich Juni 1991 als Einzelunternehmer und ab Juli 1991 zusammen mit der Klägerin als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) diese Tätigkeit ausführte:

Jahr

Nettoerlöse aus Verkäufen

Netto-provisionen

Bruttoeinnahmen inkl. Entnahmen

Kfz.-Kosten

Werbe/Reisekosten

Wareneinsatz

Verlust

1990

1.427

3.833

7.550

3.497

1.091

1.951

3.354

1991 1. Hj.

1.620

5.538

8.605

3.564

2.326

2.604

1.945

1991 2. Hj.

1.481

6.662

9.753

3.912

3.060

2.505

2.888

1992

4.112

16.597

26.044

6.268

9.563

6.977

1.757

1993

3.384

21.713

32.865

12.377

16.681

6.765

18.350

1994

4.159

26.065

39.015

19.242

20.910

3.044

17.918

1995

8.109

21.394

39.832

8.955

13.170

7.866

2.071

1996

6.252

15.854

31.110

9.727

11.189

8.049

10.776

1997

5.116

16.999

30.784

17.224

5.526

7.488

10.627

1998

7.370

13.543

29.940

10.956

3.794

10.165

5.639

gesamt

43.830

148.198

255.498

95.722

87.310

57.414

75.325

nachrichtlich auf Grund der von den Klägern eingereichten Zahlen

4.116

9.732

18.478

4.252

2.372

6.063

3.595

1999

2000

7.573

6.954

bis 6/2001

2.823

2.260

Beträge sind als DM-Beträge zu verstehen

Nachdem der Beklagte die erklärten Verluste aus der Amway-Tätigkeit über mehrere Jahre anerkannt und mit kleinen Abweichungen erklärungsgemäß bis 1997 festgesetzt hatte, änderte er seine Auffassung und stellte mit teilweise nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Feststellungsbescheiden für 1994 bis 1998, alle vom 2. November 1999, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit 0 DM fest.

Die Einsprüche dagegen blieben erfolglos. Nach Auffassung des Finanzamtes zeigten die über Jahre hinweg fortdauernden Verluste, dass hinsichtlich dieser Tätigkeit die Gewinnerzielungsabsicht fehle und es sich dabei um eine steuerlich nicht berücksichtigungsfähige Liebhaberei handele.

Ihre Klage dagegen begründen die Kläger damit, dass sie die Absicht hätten, mit der hier streitigen Tätigkeit Gewinn zu erzielen. Die Verluste seien von 18.196 DM in 1995 auf 5.639 DM in 1998 zurückgegangen. Diese Entwicklung rechtfertige die Annahme, dass in den nächsten Jahren positive Einkünfte erwartet werden könnten. Der Schwerpunkt der gewerblichen Tätigkeit liege im Aufbau einer stabilen Beraterschaft. Hierzu seien erhebliche Aufwendungen für Schulungen, Produktvorführungen u. a. veranlasst worden. Sie hätten eine Beraterschaft von 140 Beratern laut der vorgelegten Liste über Thüringen hina...

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