Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Zerlegung nach Wertverhältnissen gem. § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 S. 2 GrStG für Grundstück im Beitrittsgebiet. Maßgeblichkeit der Zerlegung nach Flächenanteilen
Leitsatz (redaktionell)
Der in § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 1 GrStG angeordnete Zerlegungsmaßstab nach dem Verhältnis der auf die einzelnen Gemeinden entfallenden Flächengrößen ist zwingend. Das FA hat bei der Neuveranlagung eines im Beitrittsgebiet belegenen Grundstücks kein Ermessen, um im Einzelfall einen nicht von den beteiligten Gemeinden vereinbarten, abweichenden Bewertungsmaßstab zur Anwendung bringen zu können.
Normenkette
GrStG § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Sätze 2-3; GrStR Abschn. 34; GewStG § 33
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2) hat die Klägerin zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Zerlegung eines Grundsteuermessbetrags für ein sich über zwei Gemeinden erstreckendes Grundstück im Beitrittsgebiet.
Die Beigeladene zu 1), die heutige BF, (folgend: AG) erwarb seit 1993 für ihre Produktionshallen, Verwaltungsgebäude etc. mehrere Grundstücke mit insgesamt 205.383 m². Hiervon liegt eine Teilfläche von 71.034 m² im Gemeindegebiet der Klägerin. Dort befinden sich im Wesentlichen die Gebäude, die Zuwege, die Stellplätze und die Hofflächen des Unternehmens der AG. Die restlichen im Gemeindegebiet der Beigeladenen zu 2) liegenden Grundstückflächen bestehen aus gering bebauten und versiegelten land- und forstwirtschaftlichen Flächen (134.349 m²). Hinsichtlich der Wertansätze wird auf den Einheitswertbescheid auf den 01.01.2005 vom 30.06.2005 auf Blatt 41 der Bewertungsakten Bezug genommen.
Die Klägerin ist gem. § 51 der Thüringer-Kommunalordnung (ThürKO) erfüllende Gemeinde für die in eigenem Wirkungskreis gem. § 51 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 47 Abs. 2 ThürKO ansonsten rechtlich selbstständige Gemeinde W.
Eine Zerlegung des Grundsteuermessbetrages auf die Klägerin und die Gemeinde W. erfolgte erstmals auf den 01.01.1998. Wegen einer Wertfortschreibung des Einheitswertes und der Folgeänderung des Grundsteuermessbescheids auf den 01.01.2005, erließ der Beklagte am 01.07.2005 einen neuen Zerlegungsbescheid. Von dem im Bescheid vom 20.06.2005 festgesetzten Grundsteuermessbetrag in Höhe von 11.470,11 EUR ordnete er der Klägerin ausgehend von dem in § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 des Grundsteuergesetzes (GrStG) vorgegebenen Zerlegungsmaßstab nach dem Verhältnis der Flächen an der Gesamtgrundstückfläche einen Teilbetrag in Höhe von 3.967,51 EUR und der Beigeladenen zu 2) den verbleibenden Betrag in Höhe von 7.502,60 EUR zu.
Dem hiergegen gerichteten Einspruch der Klägerin half der Beklagte, ohne die Beigeladene zu 2) gem. § 360 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) hinzugezogen zu haben, zunächst mit Bescheid vom … ab. Ausgehend von den Einwendungen der Klägerin, wonach die Zerlegung nach Flächen zu einem offenbar unbilligem Ergebnis führe, weil sich der überwiegende Teil der Bebauung auf ihrem Gemeindegebiet befände, änderte der Beklagte den Zerlegungsmaßstab. Den Grundsteuermessbetrag teilte er im Verhältnis der aus den Boden- und Gebäudewerten folgenden Anteile auf, sodass im Ergebnis auf die Klägerin 7.889,14 EUR (= 68,78 v. H.) und auf die Beigeladene zu 2) 3.580,97 EUR (= 31,22 v. H.) entfielen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Begründung des Einspruchs sowie den Zerlegungsbescheid vom … der Rechtsbehelfsakte Bezug genommen.
Den Zerlegungsbescheid vom 13.02.2006 hob der Beklagte wiederum auf den Einspruch der Beigeladenen zu 2) mit Bescheid vom 11.07.2006 auf. Zur Begründung führte er aus, die Voraussetzungen für die Aufteilung nach Wertanteilen gem. § 22 Abs. 1 Nr. 2 des Grundsteuergesetzes (GrStG) hätten mangels einer solchen Zerlegung bereits vor dem Jahr 1974 nicht vorgelegen. Im Übrigen sei keine Einigung zwischen den Gemeinden und dem Steuerpflichtigen über die vom Flächenanteil abweichende Zerlegung erfolgt.
Der gegen die Aufhebung des Zerlegungsbescheids gerichtete Einspruch der Klägerin blieb erfolglos.
Gegen die Einspruchsentscheidung vom 10.11.2006 hat die Klägerin am 08.12.2006 Klage erhoben. Mit Beschluss vom 15.05.2009 hat der Senat die BF sowie die Gemeinde W. dem Verfahren notwenig beigeladen.
Die Klägerin begehrt weiterhin die Zerlegung, wie sie der Beklagte im aufgehobenen Zerlegungsbescheid vorgenommen hatte. Der Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 04.12.1991 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFH/NV – 1992, 339) sei im Fall der hier vorgenommenen sukzessiven Grundstückserweiterung nicht anwendbar. Teile man die Einheitswerte auf die Gemeinden auf, ergebe sich ein Missverhältnis in Bezug auf die Zerlegung des Grundsteuermessbetrages nach Flächen. In der Regierungsbegründung zum § 22 GrStG habe man daher in solchen Fällen eine Ausnahmeregelung von der Aufteilung nach Flächen geschaffen. Zumindest sei der Grundsteuermessbetrag im Verhältnis der Bodenrichtwe...